Wie gehen wir mit der Türkei um?
Wie fast jedes Jahr um diese Zeit habe ich gerade einen Türkeiaufenthalt gebucht. Der November ist an der lykischen Küste ein wunderbarer Monat. Das Wetter ist angenehm, das Wasser noch warm, die Preise niedrig und der große Trubel ist vorbei. Außerdem liebe ich diese Gegend und die Menschen dort.Wegen der aktuellen politischen Entwicklung stand allerdings vor meiner Entscheidung ein gewisses Fragezeichen. Dabei geht es nicht um die Sicherheitslage, die beurteile ich ganz rational als ziemlich unbedenklich.
Es geht vielmehr um das ganz allgemeine Problem, wie man mit einem Land umgeht, das politisch in eine Richtung treibt, wo Grundrechte und Demokratie immer weniger geachtet werden. Soll man da noch hinfahren und soll man noch Produkte aus diesem Land kaufen? Diese ganz persönlichen Entscheidungen stehen im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen und politischen Fragestellungen über den Sinn und Unsinn von Boykotten und Sanktionen gegen anderen Staaten.
Für meine persönliche Entscheidung gibt es in diesem Fall ein klares "JA". Grundsätzliche ist es ja so, das Boykotte und Sanktionen nicht die politisch Verantwortlichen treffen sondern die einfachen Menschen dort, in diesem Fall diejenigen, die vom Tourismus leben und gerade schwere Zeiten durchmachen.
Im Fall der Türkei kommt noch hinzu, dass die Politik Erdoğans offensichtlich von einem großen Teil der Bevölkerung, vermutlich sogar von der Mehrheit unterstützt wird. Besonders der Fall Böhmermann hat gezeigt, dass im rechtlichen und moralischen Empfinden zwischen Türken und den meisten Europäern ein großer Unterschied besteht.
Ich kann zwar eine eindeutige Haltung gegen diese Entwicklung haben, aber steht es mir, uns, unseren Medien und Politikern zu, sich hier anklagend und belehrend zu äußern? Ist das nicht eine innere Angelegenheit der Türken, die das selbst regeln sollten, besonders dann wenn - wie in diesem Fall - ich persönlich und unser Land von den Auswirkungen (noch) nicht betroffen sind?
Die große Frage ist doch: Wo ist die Grenze, ab der es richtig ist sich - persönlich wie politisch - in die Angelegenheiten anderer Staaten einzumischen?
Die Vergangenheit hat gezeigt, dass diese Grenze meist zu niedrig angesetzt wurde - oft aus ganz eigennützigen Gründen der Einmischer - und dass die Art der Einmischung die Lage meistens verschlimmert hat. Die Beispiele sind bekannt.
Was ich noch nicht weiß ist die Art, wie ich mich verhalten werde, wenn im Gespräch mit Einheimischen politische Themen auftauchen. Bei meinen bisherigen Aufenthalten hatte ich allerdings den Eindruck, dass sich viele Menschen dort entweder gar nicht dafür intressieren oder aber mit Ausländern nicht darüber sprechen wollen.