Warum? Darum!
Warum, so fragten mich einige Mitglieder in dennoch erfreulichen Mails, stellst Du hier Friedhofsbilder ein und erinnerst mich schmerzhaft an die Vergänglichkeit meines eigenen Lebens? Heute bin ich doch noch der bunte Schmetterling, der im leichten Sommerwind von Blüte zu Blüte flattert, kann Falten überschminken und Haare nachcolorieren.Ja. Gestern war ich ein kleiner, fragender Bub. Heute bin ich selbst Vater und beantworte seit vielen Jahren die Fragen meiner Kinder. Morgen werde ich sie fragen und bitten müssen, damit mein Leben halbwegs ertragbar und lebenswert bleibt. Und übermorgen bin ich längst Geschichte. Nach meiner bescheidenen Meinung ist das uns geliehene Leben kein Investitionsgut, dass am Ende seines Zyklus auf 1 Euro abgeschrieben werden kann. Nur wenn wir uns der Vergänglichkeit bewusst sind, wird am Ende die Fallhöhe niedriger und für uns annehmbarer, erträglicher sein.
Wie ein guter Wein reift, wie ein Baum zur reichen Ernte und zum Schattenspenden heranwächst, wie ein Gemälde oder Gedichtband erst lange nach dem Tode seines Erschaffenden zu erkannter Größe heranreift, sehe ich es als meine Lebensaufgabe an Dinge zu gestalten, nicht zu verwalten. Ich selbst bin nicht wichtig, es geht nicht um meine Eitelkeit, meine Gefühle, die Umsetzung meiner Träume und Wünsche. Mir geht es um das, was ich aus den mir mitgegebenen Fähigkeiten und Talenten gemacht habe- habe ich sie verschleudert, vergeudet? Verwaltet und weitergegeben wie Großvaters Uhr an den Sohn? Oder habe ich Dinge weiterentwickelt, gar neu ins Leben gerufen und zur Institution werden lassen?
Und so sehe ich auch "Talk mit Niveau". Vielleicht wird diese Gruppe noch viele gute Jahre bestehen, auch wenn ich dann längst nicht mehr in Fensterchen als Gründer oder Mod erwähnt werde und in alten Beiträgen nur noch als "Gast" angezeigt werde. Denn darum geht es hier nicht. Jede einzelne Idee jedoch, die in Euch aus dem Initialbeitrag heraus neue Lebensanstöße erweckte, jedes gute persönliche Gespräch, das Menschen in Lebenskrisen Perspektive aufzeigte, jedes Bild, das eine traurige Seele wieder erwärmte, wird Bestand behalten. Und jeder Anstoß für eine menschlichere Kultur des gemeinsamen Umgangs wird dann vielleicht Früchte getragen haben, gerade auf einem scheinbar so grenzenlosen Feld der körperlichen und seelischen Freiheiten wie Joy.
Morgen wird Schnee unsere Gräber oder den Friedwald bedecken, unter denen unsere kümmerlichen Reste zerfallen. Die Werke sind es, die den Toten nachfolgen. Nicht der Glanz ihrer Person oder ihres Namens, ihrer Herkunft oder Bildung. Fangen wir heute mit dem Loslassen vermeintlich wichtiger Lebensinhalte an und begeben wir uns an unser Lebenswerk. So lange noch Zeit bleibt.