Liebe Diana
Ich gebe Dir in allem Recht, ich mache mir wirklich über alles und jeden Gedanken, vergesse mich dabei aber und das, obwohl ich eigentlich genügend Zeit dafür hätte. Die Kids sind längst aus dem Haus, das alte Leben ist komplett abgestreift, der Alltag ist nicht so ausgefüllt, als dass ich nicht zum Verschnaufen käme. Früher hätte ich mir gewünscht, so viel Zeit für mich zu haben, doch genau DAS ist das Problem, ich habe ZUVIEL Zeit zum Nachdenken, zum Grübeln, zum sich-Sorgen-Machen, zum Traurigsein, zum Hadern.
Mein Lebenssinn, der immer Richtung Familie ging, ist dahin, ich habe nicht gelernt, etwas nur für MICH zu tun und jetzt denke ich oft, dass es für manche Sachen schon ZU SPÄT ist.
JA, ich gebe Stanley recht,
eigentlich hatte ich vor, das mit dem Studieren oder der Ausbildung nachzuholen,
eigentlich wollte wieder ein Instrument lernen,
eigentlich wollte ich wieder mehr Kultur in mein Leben lassen,
eigentlich wollte ich lernen, das zu tun, was mir immer schon Freude gemacht hat,
ABER
uneigentlich habe ich nichts von dem in die Tat umgesetzt, aus Angst vor dem Versagen,
aus Angst vor den Alleingängen, weil mein Mann nichts mit Musik und Kultur am Hut hat....
ein Teufelskreis......
Es ist die Frage, wieviel an Eigenständigkeit einer Beziehung gut tut, aber Ehe bedeutet ja nicht, dass man sich komplett aufgeben muss, oder?
Ich bin so voller Träume und verwirkliche sie (noch) nicht, denn es ist ja bequemer, einen Zustand zu bedauern, anstatt aktiv zu werden.
Momentan vermisse ich meine Familie schrecklich, ich weiss, dass dieser Zustand nicht zu ändern ist. Immer, wenn irgendein Treffen oder größeres Event in der Heimat war, dann fühle ich mich unglaublich wohl, um dann danach einzuknicken, wenn ich wieder nach Hause fahre. Im Moment fühle ich mich wie ein Treibholz, das seinen Strand, an dem es für immer liegenbleiben möchte, noch nicht gefunden hat.
Melanchonische Grüße von Andrea, die sich für Deine Zeilen bedankt.