Bewusstsein der Unbeständigkeit
Hallo ihr lieben!Der Beitrag Talk mit Niveau: Was macht Euer Herz traurig? von sami_x erinnerte mich an das Buch " Zum Buddha werden", welches ich gerade lese.
Ich werde vielleicht ein anderes Mal etwas genauer darauf eingehen, fasse mich hier aber relativ kurz. Wichtig ist für mich vorauszuschicken, dass ich mich sehr für den Buddhismus interessiere; aber weniger für die "Religion" sondern mehr für den psychologischen Ansatz. Diesem kann ich sehr viel abgewinnen, da es sich nicht um Dinge handelt, die man glaubt oder nicht glaubt, sondern meines Erachtens um Erkenntnisse des Lebens.
In dem Buch wird der Weg zur Erleuchtung so beschrieben:
1. Kontrolle des Geistes
2. Gegenwärtigsein in der Wirklichkeit
3. Bewusstsein der Unbeständigkeit
4. Nicht-Anhaften
5. Allumfassende Liebe
Ich musste vorhin vor allem an die Punkte 3 und 4 denken, auf die ich möglichst kurz und knackig eingehen möchte.
Bewusstsein der Unbeständigkeit
Hier geht es um die Erkenntnis, dass nichts von ewiger Dauer ist und vor allem, dass alles sich im stetigen Wandel befindet. Ich bin nach dem Schreiben dieses Beitrags ein anderer Mensch als vorher, habe vielleicht neue Gedanken, bin einige Minuten älter. Jedenfalls werde ich nie mehr genau so sein, wie vor 5 Minuten!
Das klingt vielleicht zunächst nach einer Binsenweisheit, aber Buddha geht davon aus, dass vieles Leid durch das Nicht-Bewusstsein der Unbeständigkeit entsteht.
Wir machen in unserem Kopf Bilder, Fotographien von Menschen und Situationen in unserem Leben und halten später diese Momentaufnahmen für die wahre Wirklichkeit. Dabei ist unser Leben mehr wie ein Film in dem wir selbst die Hauptrolle spielen.
Nicht-Anhaften
Wie oft liest man etwa Sätze wie "wir haben uns auseinandergelebt" - das ist eines von vielen Beispielen, wo ein vergilbtes Foto mit der aktuellen Situation verglichen wird und es natürlich nicht passen kann.
Wir haften an uns wertvoll gewordenen Vorstellungen und Bildern wie ein Kind an der mütterlichen Brust. Damit machen wir unser Glück vollkommen abhängig von der äußeren Situation, von Dingen die wir nicht beeinflussen können.
Es wird nun vorgeschlagen immer mehr zu begreifen, dass wir den Status-Quo nicht dauerhaft erhalten können und das ein Anhaften ein einer vermeindlich glücklichen Zeit in naher oder später Zukunft zu Leid führt. Das heißt nicht, dass man sich nicht an der Gegenwart erfreuen soll - ganz im Gegenteil (denn genau dass bedeutet "Gegenwärtigsein in der Wirklichkeit").
Also Sicherheit nicht aus der äußeren Situation, sondern aus seinem inneren zu gewinnen.
Im Buch wird ein sehr krasses Beispiel gebracht (nicht meine eigene Meinung, so weit bin ich noch lange nicht, dass in all seiner Konsequenz zu begreifen):
Wenn ein geliebter Mensch stirbt oder uns verlässt (und dies zu durchleben erwartet jeden von uns meist mehrfach im Leben) macht uns sehr traurig und lässt uns leiden. Weil wir unsere Glückseligkeit von der Anwesenheit dieses Menschen abhängig gemacht haben. Vielleicht so sehr, dass wir die viele Zeit mit diesem Menschen gar nicht so bewusst genossen haben (siehe Punkt 3) in der Annahme sie würde ewig währen.
Was uns heute in den Wahnsinn treibt, ist vielleicht also weniger der hektische Lebensrhythmus, sonder vielmehr unsere geistige Einstellung dazu: Wir benehmen uns, als hinge unser Glück tatsächlich von unserem Erfolg, unseren Beziehungen, usw. ab. Dies setzt uns unter Stress, der gerade das Gegenteil von innerer Ruhe darstellt. Dabei besteht Glück doch im Wesentlichen aus Ruhe und Gelassenheit. Folglich ist Ruhe der Gradmesser für Glück, nicht Erfolg. (Was nicht heißt, dass wir auf Erfolg in welchem Bereich auch immer verzichten sollen - aber wir sollten unser Glück nicht davon abhängig machen!).
Schmetterlingseffekt
Am Rande möchte ich noch kurz die wunderschöne Vorstellung erwähnen, dass jedes Lebewesen im Universum von mir abhängig ist, so wie ich von jedem anderen abhängig bin. Dies wurde von der modernen Physik auch als sogn. "Schmetterlingseffekt" bezeichnet: der Flügelschlag eines Schmetterlings kann einen Orkan auslösen. Auf eine - vielleicht göttliche - Art und Weise sind unsere Leben alle miteinander verwoben, auch wenn wir es oft nicht wahrhaben wollen.
Ich kann nicht existieren ohne die Erde, Luft zum Atmen, das politische System in dem ich lebe, andere Pflanzen und Tiere als Nahrungsmittel usw.
---
Wie geht ihr damit um (Punkte 3 und 4) und versucht ihr euch das immer wieder bewusst zu machen? Oder haltet ihr diese Vorstellung für Quatsch, wenn ja warum?
Ich hoffe ich habe mich möglichst verständlich ausgedrückt und freue mich auf eure Beiträge.
Jack