Der Prozess der Lady Chatterley
Gestern abend lief auf ARTE der Film "Lady Chatterley" von Pascale Ferrand aus dem Jahr 2005, der noch bis 14.11.2019 in der arte Mediathek abrufbar ist.
1921 kehrt Sir Clifford Chatterley paralysiert und impotent aus dem Ersten Weltkrieg zurück. Nun muss Constance ihrem Mann Gesellschaft leisten und ihn pflegen. Lady Chatterley setzt alles daran, dieser Eintönigkeit zu entfliehen ... - Pascale Ferrans Verfilmung von D.H. Lawrences Roman wurde bei der César-Preisverleihung von 2007 gleich fünf Mal ausgezeichnet.
Wragby Hall ist das herrschaftliche Anwesen des Ehepaars Chatterley in England. Im Oktober 1921 kehrt Sir Clifford Chatterley schwer versehrt aus dem Ersten Weltkrieg zurück. Nun muss Constance, auch Connie genannt, ihrem Mann Gesellschaft leisten und ihn gleichzeitig pflegen. Doch ihr monotones Leben bekümmert sie zutiefst, so dass ihr bald eine Depression diagnostiziert wird. Connie beginnt ihre Kur mit Waldspaziergängen und fühlt sich sofort mit der Natur verbunden. Im Wald stößt sie auf eine Hütte, die dem Wildhüter Parkin gehört. Dieser zeigt anfangs wenig Verständnis für ihr Eindringen. Nach und nach lernen die beiden sich jedoch kennen und es entsteht eine sexuelle Beziehung – mitten in der Natur. Diese Liaison wird Connie helfen, sich zu emanzipieren und wieder Gefallen am Leben zu finden.
Grundlage des Films ist der Roman von D.H. Lawrence, Lady Chatterley's Lover, der nach seinem Erscheinen in Großbritannien verboten wurde. Der Penguin-Verlag wurde angeklagt, einen pornographischen Schundroman verlegt zu haben und der Prozess erregte starkes Aufsehen in der Öffentlichkeit.
Ein aktueller Film über diesen Prozess wurde unmittelbar im Anschluss an den Spielfilm gezeigt ( Regie : Mathilde Damoisel, Land : Frankreich, Jahr :2019, Herkunft : ARTE F):
Der Prozess der Lady Chatterley, 53 Min, in der arte Mediathek abrufbar bis zum 4.2.2020. Er zeigt auch die Entstehungsgeschichte des Romans.
Im berühmten Obszönitätsprozess erhob die Britische Krone 1960 Klage gegen den Verlag Penguin, um die Publikation eines als aufrührerisch, skandalös und pornographisch verrufenen Liebesromans zu verbieten: "Lady Chatterley" von D.H. Lawrence (1928). Die Dokumentation stützt sich auf Archivaufnahmen vom Prozess und ergründet den literarischen Mythos um "Lady Chatterley".
Als Constance Chatterley in den Armen von Oliver Mellors, ihrem Wildhüter, die Lust entdeckt, verstößt sie gegen die Moral und die gesellschaftlichen Normen ihrer Zeit. Vor allem aber entdeckt sie ihre eigene Stärke, entkommt ihrem Schicksal und nimmt ihr Leben in die Hand – eine Emanzipationsgeschichte. Die Zensoren hingegen reduzierten den von D. H. Lawrence 1928 geschriebenen Roman auf die anrüchige Geschichte einer wollüstigen außerehelichen Beziehung zwischen einer frustrierten Aristokratin und einem Proletarier.
1960 war das Buch in England noch immer verboten, als der Taschenbuchverlag Penguin beschloss, sich über die Zensur hinwegzusetzen und „Lady Chatterley’s Lover“ zu veröffentlichen. Die Britische Krone strengte auf der Grundlage des „Gesetzes über obszöne Publikationen“ einen Prozess gegen den Verlag an. Aber was ist obszön an einer mutig-radikal formulierten Darstellung von geschlechtlicher Liebe? An einem mit derselben Leidenschaft gehaltenen Plädoyer für die Natur als Metapher menschlicher Sinnlichkeit? Handelt es sich nicht eher, wie der Bischof von Woolwich im Zeugenstand aussagte, um einen „Text, den alle Christen lesen sollten“?
Was genau wirft man Constance Chatterley vor: ihre sexuelle Befreiung oder die scharfe Kritik an der britischen Gesellschaft? Im Verlauf des Prozesses entsteht Stück für Stück ein anderes Porträt von Lady Chatterley als eine Frau ihrer Zeit, die den ihr zugewiesenen Platz der Ehefrau und Adligen ablehnt und Freiheit anstrebt. Nach sechs Verhandlungstagen waren sich die Geschworenen einig: nicht schuldig! Binnen weniger Monate gingen über drei Millionen Exemplare von „Lady Chatterley’s Lover“ über die Ladentische. Ein Rückblick auf die Geschichte zeigt, dass dieser „Jahrhundertprozess“ die sexuelle Revolution mit in Bewegung brachte, die in den 60er Jahren erst England und schließlich ganz Europa erfassen sollte.
Empfehlung für die kommenden Herbst- und Winterabende, ebenso wie die Lektüre des zugrundeliegenden Buches natürlich!