Tango Dimensionen
Tango Dimensionen von Nicole Nau-Klapwijk.
Ich habe Nicole und Ricardo vor etlichen Jahren als Lehrer und sympatische Persönlichkeiten kennenlernen dürfen. Das Buch von Nicole ist ebenfalls (bis auf den kleinen Technikteil) lesens- und wegen der vielen Fotos auch ansehenswert. Als Buch und Bildband in einem.
"Von argentinischen Tangotänzern und -musikern, die nach Europa kamen, hat man schon oft gehört. Aber von relativ unerfahrenen Europäern, die ausgerechnet in Buenos Aires eine Tangoschule eröffnen? Und dennoch war ausgerechnet das der schwierige Weg von Ricardo und Nicole, einer Deutschen und einem Holländer, die mittlerweile zu einem international bekannten Tanzpaar avancierten.
Von dieser persönlichen Geschichte lebt auch das Tangobuch von Nicole Nau-Klapwijk, von der langsamen Annäherung an eine verlockende, aber fremde Kultur und deren im Tango verkörpertem Lebensgefühl. "Yo soy el Tango!" -- "Ich bin der Tango", sagen die Argentinier etwas prahlerisch -- aber vielleicht kann man den Tango am besten bei jemandem lernen, "der ihn selbst hat lernen müssen", sagt die Autorin und Tangolehrerin.
Zumindest hat man als Leser das Gefühl, sehr viel von den Nuancen und Facetten des Tango Argentino mitzubekommen: von seiner Entstehung im Buenos Aires Ende des 19. Jahrhunderts; seinen verschiedenen musikalischen und sozialen Wurzeln; den unterschiedlichen Tanzstilen, die im Tango zusammenflossen; wie er erst über den Umweg nach Europa den Ruch der Unterwelt und der Armut verlor; und warum vor zehn, fünfzehn Jahren weltweit ein neues Tangofieber ausbrach, wie man es zuvor vielleicht nur in den heißen Ballnächten im Berlin und Paris der 20er Jahre kannte.
Mit "Wurzeln", "Philosophie" und "Technik" sind die drei Hauptteile des Buches überschrieben. Vor allem die Erfahrung der Autorin als Tänzerin kommt Tango Dimensionen zugute. So Durchdachtes, weil am eigenen Leibe Erfahrenes, in langen Jahren Ertanztes, wird man selten in einem Buch über den Tango finden. Und man scheint plötzlich die Faszination zu begreifen: Dass Technik, Sinnlichkeit und Philosophie dieses Paartanzes keinen Gegensatz bilden, sondern vielmehr eine Einheit, die gerade den Reiz ausmacht.
Nicht vergessen darf man allerdings den Anteil, den die Erotik, das Mit- und Gegeneinander von Mann und Frau, am Reiz des Tango haben. Am Spiel von Blicken und Beinen, an den scheinbar klaren und konservativen Rollen von Führen und Geführtwerden. Weil Nicole und Ricardo nicht nur ein Tanzpaar sind, sondern auch ein Liebespaar, wird diesem Aspekt die gebührende Aufmerksam zuteil.
Besonders für Tangotänzer -- und solche, die es werden wollen -- gibt es wohl kaum eine empfehlenswertere Einführung in die Welt des Tango und alle seine Dimensionen. --Christian Stahl
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