Zugegeben...
... es ist für das ungeübte, europäische Auge, in aller Regel nicht so einfach, das Besondere immer sofort zu erkennen...
(*Dazu -ganz unten- später aus eigener Erfahrung mehr)
Denn eines kann man diesem
exzellenten Tanzpaar sicherlich nicht nachsagen:
"Tango-Dutzendware" zu sein. Ganz im Gegenteil!
Und klar tanzten sie als begehrtes Showpaar in Buenos Aires!
Hier ein Showtanz im "Club Akarense":
Wann immer ein Auftritt der beiden irgendwo in Buenos Aires angekündigt war, wusste man mit Sicherheit, dass es sehr ratsam war, sich schnell einen Tisch zu reservieren, denn es würde voll werden!
Nach ihren bescheidenen Shows, wurden sie von Freunden, Verehrern und Schülern umringt und gefeiert...
Rodolfo und Maria Cieri, eine Ehe- und Tanzpaar der alten Milonguero Generation, ist eines derjenigen Paare, die einen ganz eigenen und sehr ungewöhnlichen Stil entwickelt hatten. (Rodolfo verstarb am 04. Juni 2000)
Sie waren und sind in Argentinien sehr geachtet für ihren Tanzstil und ihre großen Verdienste um den Tango, denn sie tanzten Tango, als fast niemand mehr Tango tanzte und geliebt für ihre liebenswerten und bescheidenen Persönlichkeiten!
Ihre internationale Karriere ist herausragend. Sie waren regelmäßig in Asien, wie in den USA und Europa zu Gast, um Workshops zu leiten und auf Festivals ihre Tanzkünste vorzuführen!
Ich poste mal einige Links, aus welchen das ein wenig herauszulesen ist:
Ein Nachruf:
http://www.tangobasel.ch/Kurse/nachruf_rodolfo_cieri.pdf
Bei dem folgenden Link, der Euch auf die Webseite des bekannten Paares "Natalia y Gabriel" (Angio) führt, seht Ihr alle die Lehrer und Paare, die bedeutend für sie waren bzw. sind.
Einfach mal auf die Links klicken...
http://nataliaygabriel.com/maestros-milongueros.html
Auszug aus einem US-amerikanischen Tango-Standardwerk:
http://books.google.de/books … %20y%20maria%20cieri&f=false
*Als ich 1993 nach Buenos Aires umzog, um den Tango an seinen Wurzeln zu studieren, meine argentinische Verwandtschaft besser kennenzulernen und eine Postgraduierung an der UBA (Universidad de Buenos Aires) zu absolvieren, kannte ich nur den Tango Argentino europäischer Provinienz, also "eine "Figur" an die andere gereiht".
Mein Spanisch war genauso katastrophal...
Als ich dann auf meine erste Milonga im "Club Akarense" ging, war ich aufgeregt, ahnungslos und neugierig!
Es stellte sich heraus, dass alles ganz anders war, als ich es erwartet hatte und dass ich in der ganzen Nacht nicht einen einzigen Tanz machte, weil ich mich niemals getraut hätte, als ich diese absolut homogene Masse an gleichmäßig tanzenden (im Wesentlichen alten) Menschen sah.
Meine damalige Metapher erinnere ich noch genau: Wie ein Lavastrom. Langsam, mit großer Intensität und unaufhaltbar.
Niemand überholte, kein einziger Boleo, kein Gancho, selbstverständlich keine Sprünge!
Nur engste Verschmelzung in Einheit mit dem Partner, der Musik und sogar mit den andern Tanzpaaren! So kam es mir vor...
Ich war gemeinsam mit einer größeren Gruppe von Freunden und Bekannten, die später Freunde wurden, dort hin gefahren.
Einige Ihrer Namen waren bereits, andere wurden später berühmt:
Graciela "La Negra" González, Gustavo Naveira (der mich bereits auf einem WS in Hamburg unterrichtet hatte) Julio Balmaceda (damals noch ohne Corina), Roberto Herrera und Vanina Bilious (das damalige Tanzpaar von Osvaldo Pugliese) Patricia Lamberti (meine Partnerin in Argentinien) Amira Cámpora (meine spätere Tanzpartnerin in Europa) Pedro Teté Rusconi und Veronica Alvarenga mit ihren damaligen Mann Walter Cespi, heute mein "argentinischer Bruder".
So sehr sie mich auch animierten, ich weigerte mich aus gutem Grund zu tanzen!
Und mir wurden die ganze Nacht Paare gezeigt, auf die ich achten sollte, weil sie so wundervoll tanzten.
Nur, ich verstand gar nicht WS so tolles daran sein sollte! Ein gewisser "Portalea" sollte ein absolutes Genie sein, welcher so unfassbar gut führe, dass die Frauen für eine Tanda mit ihm zu sterben bereit wären.
Ich hab ihm zugeschaut und mich gefragt, was der denn so besonderes habe und warum er es nicht zeige...
Ich sah einen ziemlich korpulenten Mann der, in einen hellen Anzug gekleidet, sehr, nein seeeeehr langsam Folgendes nach Di'Sarli tanzte: Ochos vor- und rückwärts und ruhige, sichere Schritte vorwärts, seit- und quasi niemals rückwärts.
Sonst nichts.
Allerdings hielt er sehr oft scheinbar bewegungslos inne, indem er die Frau ganz sanft in ihrer Achse drehte um danach weiter zu gehen.
Das war alles, was mein ungeschultes Auge sah. Es gefiel mir und irgendetwas faszinierte mich auch. Nur was?
Was ich nicht sah, war die, absolut faszinierende Eleganz, die hohe Kunstfertigkeit, das getanzte Gefühl, die Präzision, die Leidenschaft und seine individuelle Besonderheit!
Sehr viele Monate später erst, könnte ich nicht verstehen, warum mir das zuvor verschlossen geblieben war.
Immerhin war Portalea der "König des "Clubs Sin Rumbo" und einer der Begründer des für besondere Eleganz berühmtes Stiles von "Villa Urquiza"!
Dieses Phänomen ist vergleichbar mit Tango-Ahnungslosen, welche auf einer Hochzeit ein Paar tanzen sehen, welches vielleicht ein Jahr regelmäßig Unterricht hat und tanzt.
Man findet das vielleicht toll und "sooo erotisch"!?
Aber man hat einfach keine Ahnung und weiß nicht, dass man eben absolut gar nichts besonderes sah.
Weil man kein geschultes Auge hat und im Gründe genommen kein sachkundiges Urteil abgeben kann.
Gefallen kann es dennoch.
Darum verstehe ich sehr gut, wenn jemandem der Tanz vonRoberto und Maria so gar nichts sagt. So etwas haben die allermeisten eben noch nie gesehen.
Und hier Portalea: Pure Eleganz und eins mit der Partnerin...