Tango. Ein Heil- oder Hilfsmittel?
Diejenigen, die sich mit dem Tango Argentino beschäftigen und ihn tanzen, merken oftmals schnell, dass sie sich auf eine Begegnung mit sich selbst und den eigenen Beziehungsmustern einlassen. Das Prinzip von „Führen und Folgen“ scheint eine andere Form der Körpersprache zu sein. Kommunikation, Senden, Wahrnehmen und zu verstehen sind unerlässlich, weil keine auswendig gelernten Figuren getanzt werden, sondern die Tanzfolge improvisiert aus dem Moment heraus entsteht. Sie ist oftmals abhängig von der Stimmung, der Musik und von den Partnern, die sich auf der Tanzfläche begegnen. In Hamburg wurde der Tango sogar bereits als Mittel eingesetzt, um Parkinson-Patienten zu unterstützen. Womöglich kann dieser Tanz viel mehr bieten, als wir allgemein annehmen.In einem anderen Faden betrachten wir die Erotik des Tangos. Er unterstützt eine zweisame Bewegungsbeziehung, bei der es wichtig erscheint, dass sich die Tanzenden spüren. Nicht selten verlassen die Paare die Tanzfläche und wirken glücklicher. Aber auch das Gegenteil kann der Fall sein. Warum? Was passiert auf der Tanzfläche? Spiegelt sich der Alltag womöglich im Tanz wieder?
Vielleicht leben und erleben wir den Tango im Augenblick, bündeln also unsere Gefühle, Gedanken und Handlungen in diesen Moment auf dem Parkett. Dann könnte es sich um den Moment des sinnlichen Verstehens, aber auch des Missverständnisses handeln. Immerhin kommen sich Menschen - von bekannten Ausnahmen einmal abgesehen - oftmals nicht so nahe, wie beim Tanz. Er funktioniert regelmäßig nur, wenn sie verständnisvoll miteinander umgehen. So übermitteln wir unseren Partnern Gefühle bei der Berührung, beim Führen und Folgen bzw. Geben und Annehmen und durch die damit verbundenen Bewegungen. Oftmals unbewusst beschreiten die Paare eine neue Ebene der Selbsterfahrung. Sie erfühlen ihre Persönlichkeit und die des/der anderen. Irgendwie können sie begreifen, weil sie es spüren, wie der/die andere fühlt.
Handelt es sich hierbei um eine ganz andere Art der Gesprächsführung miteinander? Welche Erkenntnisse vermittelt der Tango auf dieser Ebene? Kann diese nahe Form der Begegnung und Berührung offenbaren, wie es um das Kommunikationsverhalten und – vermögen der Beteiligten steht? Lässt der Tango die Beziehungsachse eines Paares erkennen und ist er oder man mit ihm in der Lage, diese, soweit sie im Ungleichgewicht ist, zu stabilisieren?
Letzteres stellt nur einen kleinen Teil von Fragen dar, die man sich wohl stellen muss, um im Anschluss darüber nachzudenken, ob der Tango geeignet genug erscheint, ein Mittel im Rahmen einer Therapie zu sein. Immerhin stellt er Möglichkeiten zur Intervention und zum Erleben zur Verfügung.
Kann Tango also etwa in der Psycho- oder Paartherapie ein hilfreiches Mittel sein, um vielleicht das Sich- oder wechselseitige Verstehen zu begünstigen?
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