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Kommunikation beim Tango

Kommunikation beim Tango
Irgendwo habe ich einmal gelesen, dass man beim Tango doch tatsächlich keine festen Schrittfolgen erlernen würde, sondern das der Tango Argentino ein Kommunikationssystem sei. Es soll sich insoweit um ein Sprachmodell handeln, dass nur mit entsprechenden Grammatikregeln und entsprechendem Vokabular verfeinert werden könne. Erst dann soll ein Dialog tatsächlich möglich sein. Wenn dies alles zutreffend wäre, müsste man auf dem Parkett ja auf eine Vielzahl von Sendern und Empfängern treffen, die kommunizieren. In diesem Fall könnte es die altbekannten Probleme geben, die man aus der Kommunikation kennt.

Zu denken wäre an die Konfusion als Folge einer gescheiterten Kommunikation, die beim Empfänger einen Zustand der Ungewissheit oder eines Missverständnisses hinterlässt. Er hat dann also nicht verstanden. Bereits Hora („Tao, Zent and Existential Psychotherapy“, Psycholgia 2, 236-42, 1959, S. 237) führte zum Verstehen aus: „Um sich selbst zu verstehen, muss man vom anderen verstanden werden. Um vom anderen verstanden zu werden, muss man den anderen verstehen.“ Wenn die wechselseitigen Wahrnehmungen also gestört sind, warum auch immer, dürfte sich der Tango wohl ein wenig „holperig“ gestalten.

Wie kommuniziert ihr im Tango und was macht den Reiz aus? Sendet nur eine/-er und die/der andere empfängt? Lebt ihr das Prinzip „Führen und Folgen“ oder gestaltet ihr in wechselseitiger Kommunikation den Tanz? Werdet ihr nur über das Parkett getrieben? Wie sprecht ihr an, dass euch beispielsweise gerade danach ist, eine Verzierung in den Dialog einzupflegen?

Viel Spaß. *wink*
ray meets jägermeister
****job Mann
1.404 Beiträge
tango-regel nr 1
der mann folgt der frau, bei dem, was sie glaubt verstanden zu haben
führen spüren folgen improvisieren
Als Tanguero gebe ich als führender Mann durch meine Haltung und Bewegung des Oberkörpers ("bzw. des gesamten Rahmens") Signale, wo ich wie im Tanz hin möchte
Mein Partnerin sollte idealerweise spüren oder sehen können, welches Signal ich gebe und daraufhin reagieren.
Falls das nicht klappt, weil ich einen Führungsfehler gemacht habe oder mich sozusagen "unklar ausgedrückt habe", muß ich spontan auf die Reaktion meiner Tanzpartnerin reagieren, spüren, was sie verstanden haben könnte oder machen möchte und daraufhin improvisieren.
Verzierungen kann ich teils führen (Voleo z.B.), teils kann ich im Tanz eine Pause und Raum geben, dass "Frau" eine eigene Verzierung einbauen kann (oder ich als Mann eine Verzierung (parallel) einbauen kann)
Das Spüren Führen Folgen und ggf. die Improvisation funktioniert eigentlich ganz gut, wenn man sich aufeinander einläßt und keiner "mit Gewalt" seinen Schritt "durchboxen" möchte. Jedenfalls klappt es sehr gut seit rund 15 Jahren *zwinker*
ray meets jägermeister
****job Mann
1.404 Beiträge
@emocion ...
... du hast völlig recht - man kann das auch viel länger sagen *zwinker*
wie in jeder beziehung,
ist es auch in dieser viertelstunde tango-paar so,
dass alles das richtig ist,
was beide miteinander aushandeln.

manchmal ist es holperig und voller missverständnisse
und braucht nur etwas zeit, bis die kommunikation klappt
• es braucht das aufeinander einschwingen -
manchmal will es auch nicht gelingen... shit happens *zwinker*
manchmal holpert es und macht trotzdem spaß
während ein nahezu perfekter tanz fast öde und langweilig sein kann-
weil der funken fehlt



als milonguera versuche ich,
mich dem führungsstil des mannes/der frau einzufühlen
ich mag klare/präzise führung (und musikalität)
(ob da das devote durchkommt? *nixweiss* *lach* )

es gibt aber auch tänzer(innen), die mir viel freiraum geben,
weil die musik zum verzieren einlädt,
oder weil sie verspieltheiten schätzen

und dann gibt es noch tänzer, mit denen ein "dialog auf augenhöhe"
in der musik möglich ist (oftmals queer)
die mich ermuntern, mein musikalisches verständnis einzubringen,
aktiv zu sein und selbst impulse weiterzugeben
das hat mich anfangs fast überfordert - jetzt macht es unglaublichen spaß

diese nonverbale kommunikation ist manchmal überraschend,
weil es kein "sicheres system" gibt
an manchen tagen klappt gar nichts,
egal wie vertraut oder sympathisch der andere mir ist
und an anderen tagen ist es flow...
weil es auch mit total fremden tänzern harmoniert
und das läßt mich dann - wie guter sex - noch lange später dahinschweben
mancher tanz bleibt gar unvergesslich - geradezu in die seele gebrannt


übers parkett werde ich schon lange nicht mehr getrieben-
weil ich mittlerweile die tricks kenne, wie ich einen mann bremsen kann...
es passiert mir nur noch selten, dass ich an einen mann gerate,
der "sein ding durchzieht" ohne auf mich zu achten
***rt Mann
941 Beiträge
Führen und geführt werden, fühlen und gefühlt werden!
Das ist schon sehr lange mein Motto!

Der Führende muss zugleich fühlen und sich dabei fühlen lassen, wodurch das Gefühlte wiederum Einfluss auf seine Führung hat. Und umgekehrt.

Es beschreibt also (mit anderen Worten) genau das, was Dein Zitat:

„Um sich selbst zu verstehen, muss man vom anderen verstanden werden. Um vom anderen verstanden zu werden, muss man den anderen verstehen.“


lieber Chilliliebre, auch ausdrückt, nicht wahr?

Und eine geschätzte ehemalige Partnerin und Hamburger Kollegin, meint sicherlich etwas ganz ähnliches, wenn sie schreibt:

"Wer sich hingeben will, muß sich erst einmal selbst haben!"

Denn wie wollte man führen, oder geführt werden, ohne "sich zu haben"?

Ich finde im übrigen, dass das theoretische Konzept, Tango Argentino sei im Grunde eine Körper-Sprache gar nicht so falsch, wenn dies auch im strengen Sinn sicher so nicht haltbar ist.
Dennoch vermittelte ich (so gut ich konnte) immer Bewegungsmöglichkeiten in diversen Formen, Richtungen und Tempi aber keine "Schritte" im Sinne von Choreographien.

"Feste Schrittfolgen" sind extrem behindernd bei der unbedingt notwendigen Improvisationsfähigkeit, welche sich mal früher, mal später und bei manchen gar nicht herausbildet.
Wer als Führender, gleich welchen Geschlechts, nicht gut improvisieren kann, wird bei plötzlich auftretenden "beweglichen Hindernissen", also quertanzenden Paaren etc. nicht sozial-adäquat reagieren können. Das bedeutet, er wird entweder (und im besseren Fall) abrupt stoppen müssen (Er zu Ihr: "Mist! Schon wieder ist xyz im Weg! Komm, wir fangen nochmal von vorne an.").
Im weniger guten Fall wird er einfach gnadenlos in andere Paare hinein tanzen, weil er ja seine Schrittfolge unbedingt durchbringen will! Und natürlich ist er ja NIE "schuldig" sondern immer nur "die Anderen"...

Aus meiner jahrzehntelangen Erfahrung als Tangolehrer kann ich sagen, dass die Vermittlung von Schrittmustern die Lernenden für sehr, sehr lange Zeit behindert und typabhängig sogar richtiggehend fesseln kann!

Ein Beispiel:
Da wir Lehrenden ja auch immer Lernende sind und von unseren Schülern, ihren Problemen und emotionalen Hemmnissen noch immer am allermeisten lernen, modifizieren die schlauen unter den Tangolehrern ihre Methodik und Didaktik immer wieder.
Irgendwann bemerkte ich, es vielen Anfängern quasi unmöglich ist, sich aus der Choreographie "Grundschritt" zu befreien. Sie MUSSTEN dieses Muster zwingend bis zum Schlussschritt zu Ende tanzen, bevor sie wieder in der Lage waren, irgendetwas anderes zu führen. Das missfiel mir sehr, denn selbstverständlich kann man z. B. nach dem Kreuz (Mann steht im parallelen System, also mit geschlossenen Beinen) die Frau anstatt nach hinten, auch zu ihrer rechten Seite in einen Seitschritt führen und erst dann nach hinten oder nach vorne oder, oder, oder....
In der Folge experimentierte beispielsweise einige Zeit damit, meinen Anfängern erst gar nichts von einem Grundschritt zu erzählen, obwohl sie diesen durchaus schon längst führen und ausführen konnten, sprich: Sie tanzten ihn.

Da der Grundschritt aber nicht als feste. Choreographie ("Ich zeige Euch mal den Grundschritt!") vermittelt wurde, sondern die einzelnen Teile in anderer Reihenfolge erlernt und zuerst ohne, später mit Kreuz oder alternativ mit Ocho gezeigt wurde, war ihnen nicht klar, dass diese spezielle Folge der sogenannte Grundschritt war.

Das hat durchaus eine Zeit lang gut funktioniert. Ich sah Paare, die alle möglichen Varianten des GS tanzten und zwischendurch immer wieder mit allen möglichen Alternativen spielten.

Dennoch gab es auch "Probleme".... *zwinker*

So druckste irgendwann mal ein Schüler etwas herum, bevor er endlich mit der Sprache herauskam:
Er war irgendwo anders auf einer Práctica und wurde dort von einem Kollegen aufgefordert, den GS zu führen. Als mein Schüler daraufhin erklärte, dass er den noch nicht erlernt habe, lachte der halbe Saal darüber, bei welchem Stiesel er denn wohl Unterricht habe...
Diese Aussage verunsicherte ihn, denn er konnte wirklich bereits gut tanzen und improvisieren (!) fühlte sich auch wohl, befürchtete aber, dass irgend etwas mit dem Unterricht nicht stimmen könnte. *g*

Nun, ich könnte das schnell aufklären aber es gab mir zu denken...

Also, mein Fazit:

Beim Tango geht es prinzipiell um Beziehung!

Es geht um die Frage, wie man miteinander in Beziehung tritt, wie man diese entstehende Beziehung entwickelt und ausbaut und wie man sich innerhalb dieser sehr filigranen Beziehungswelt verhält!
Dazu gehört notwendigerweise immer auch die Frage nach der Kommunikationsart und den Übertragungswegen ebenso, wie danach, wie man sich im Fall einer möglichen "Kommunikationsstörung" verhält.

Dazu könnte man wiederum ganze Abhandlungen verfassen, was ich auch bereits mehrfach ernsthaft in Erwägung gezogen, aber nie verwirklicht habe.

Interessant in diesem Zusammenhang ist auch der Gedanke daran, dass es hier nicht nur um die "Binnen-Kommunikation" innerhalb des Paares gehen sollte, sondern auch um diejenige, die zwischen den verschiedenen Tanzpaaren stattfindet, wenn es toll läuft!
Davon hängt u. a. die Tanzflächen-Hygiene in erheblichem Ausmaße ab.

Und Last but Not least, handelt es sich ja auch um eine weitere Kommunikationsebene, wennschon um eine einseitige: Die Musik kommuniziert ja auch noch mit uns und unseren emotionalen wie technischen Fähig- und Fertigkeiten...

Mein Freund Arnold Voss, hat in seinem Buch "Aus dem Bauch des Tangos" die treffende Metapher von der "Triadischen Harmonie von zwei Menschen und einer Musik" gefunden.
So gesehen, ist Tango wohl wirklich nicht nur der schönstens sinnlichste, sondern auch leider (?) der komplexeste Paartanz der Welt.

Ohne Einschränkung empfehlenswertes Buch "Aus dem Bauch des Tangos":
http://www.amazon.de/Bauch-T … -weltberühmten/dp/3933059011
ray meets jägermeister
****job Mann
1.404 Beiträge
ich kenne das problem ...
... @***rt - ich hatte auch unter dieser grundschritt-fixierung zu leiden. ich bin da nur durch ein zeitweiliges konsequentes selbstauferlegtes basse-verbot rausgekommen. hält man das durch, ist man schon nach wenigen schritten gezwungen, mit der improvisation anzufangen und von da an geht es erstaunlich schnell besser mit dem tanzen.
********male Mann
637 Beiträge
Kommunikation
findet ja bekanntlich mit mindestens zwei Personen statt.

Prinzipiell stimme ich emocion zu und auch zHart.
Darüber hinaus bin ich aber auch bereit, "Vorschläge" meiner Tanzpartnerin mit in den Tanz einzubeziehen. Dabei handelt es sich - nicht nur - um Verziehrungen.
Zugegebenermaßen funktioniert das nur, wenn man sich im Tanz schon kennt und gut versteht. Auch sollte die Frau oder der/die Folgende zwingend über einiges an Tanzerfahrung verfügen. Damit das funktionieren kann, muss die Frau nicht nur Wissen über den aktuellen status quo der Bewegung besitzen, sondern ebenso über die, besser noch alle möglichen nächsten Bewegungen. Letzteres ergibt sich aus Tanzfluss, Energie, Körpermechanik und aktueler Bewegungsdynamik.
Naja, und natürlich auch aus der Gravitation *zwinker* und(!) dem Kennen des Partners.
@existentmale
...stimmt genau *g*

und dann macht es richtig Spaß beim Tango, wenn man eine solche passende "Tango-Seelenverwandtschaft" auf der Tanzfläche im Arm hat... *zwinker*
...erin paar Abende durfte ich schon so durchtanzen... *smile*
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