Der Tango (Argentino) ist anders als alle andern Tänze
Der Tango Argentino ist anders als alle andern Tänze. Das beginnt bereits mit der Tanzhaltung, wobei verschiedene Haltungen üblich sind. Um sie „grob“ abzugrenzen, sprechen wir von der offenen, bzw. der engen (intimen) Tanzhaltung. Die enge Tanzhaltung ist wohl den eher fortgeschrittenen Tänzerinnen und Tänzern vorbehalten. Zudem ist das auch eine Frage - vor allem für die Damen - wie viel Nähe sie zulassen wollen.
Für leidenschaftliche und passende Interpretationen des Tanzes - dafür ist in 1. Linie der Mann (Führende) zuständig - ist wichtig, die Musik des Tangos zu spüren. Das will erlernt sein! Erst dann kann sie gebührend in emotionale Bewegungen umgesetzt werden. Die Tangomusik, „erfunden“ um 1900 in Argentinien, vorwiegend in Buenos Aires, entspricht der dannzumaligen politischen Lage; denn in Argentinien herrschte um diese Zeit grosse (Hungers-)Not, nicht zuletzt ausgelöst durch die immense Anzahl von Migranten. Dementsprechend hatte die neue Musik - Tango genannt - den Charakter von grosser Traurigkeit, hie und da etwas Mut, teilweise Wut, aber auch Verzweiflung und Ausweglosigkeit. Diese Musik in der heutigen Zeit nachzuvollziehen, sie zu spüren, ist nicht ganz einfach. Der Lernprozess erfordert ziemlich viel Geduld. Typisch für die heutige Zeit ist der Drang nach Action- und Showlastigkeit. So werden heute in Tangoshows oft Rock’n Roll - Figuren eingebaut. Obwohl das kunstvoll und akrobatisch aussehen und beeindrucken mag, ist das nicht dem Tango entsprechend.
Wenn die Tangomusik verstanden wird, hat sie eine unglaubliche Fähigkeit, Botschaften und Emotionen voller Leidenschaft zu vermitteln, die gefühlt und gespürt werden wollen. Der Tango kennt keine Choreographie, wie sie bei andern Tänzen oft üblich ist, insbesondere beim Turniertanz. Die Interpretation des Tango ist spontan und intuitiv, der Musik entsprechend. Das ist Aufgabe des Mannes und soll sie einfühlsam der Partnerin wortlos mitteilen. Die Aufgabe der Partnerin ist, die ausgesendeten Impulse des Partners aufzufangen (den Impulsen folgen) und diese kunstvoll und harmonisch in Szene (Bewegung) umzusetzen. Dadurch entsteht eine sehr intime Harmonie zwischen 2 Menschen - im Normalfall Mann und Frau - die zusammen mit der Musik Eins sind. Die grosse Anforderung an die Frau ist, der Idee der Interpretation ihres Partners zu folgen, diese in ihre Gefühlswelt zu integrieren und sie selbständig zu tanzen. Selbstverständlich gibt ein rücksichtsvoller Partner seiner Partnerin einfühlend den nötigen Freiraum für die Verzierungen ihrer Figuren.
Nebenbei bemerkt: daraus ist ersichtlich, das dem Tango oft angelastete Macho-Gehabe ist völliger Blödsinn und entspricht absolut nicht der Tatsache. In Wirklichkeit ist der Tango ein wunderschönes harmonisches Zwiegespräch ohne Worte zwischen einem Paar.
Ich wünsche allen Tangotänzerinnen und -tänzern, dieses einmalige hochstehende Tanzgefühl zu erleben, wie das vermutlich nur beim Tango möglich ist.
Edgar