Das anfängliche Feuer
48.
Richte zu Beginn der sexuellen Vereinigung alle Aufmerksamkeit auf das anfängliche Feuer.
Und indem du dies fortsetzt, vermeide die Asche am Ende.
(22.02.1973 by OSHO 1999, Band 3, Seite 7 )
(BÄUMER 2003, 68. Sutra, Seite 123 )
Als ich diese Sutra mit meinem Geliebten vor einigen Wochen las, schauten wir uns beide nickend an "Hmmm... das ist genau das, was wir erleben".
Wir sehen uns nicht oft. Kein Alltag, keine Gewöhnung, kein Nerv, keine Quickies. Wir treffen uns nur, wenn wir wirklich zusammen sein wollen, wenn die Energie dafür auf beiden Seiten da ist. Und dann sind wir stundenlang zusammen, TOTAL miteinander.
Wenn wir bereit sind für einander, und uns innig umarmen, schalten wir beide auf No-Mind (Nicht-Verstand). Das ist sehr einfach, wenn man seine Aufmerksamkeit statt auf Denken und Wollen und Streben auf das Fühlen richtet. Unsere Körper machen ihr eigenes Ding, die brauchen keine Einmischung von uns. Wir geben ab, den Verstand, das Ego, geben ab an die Energie, die zwischen uns fließt. Wir geben uns hin.
Die Energie kommt in Wellen. Am Anfang ist sie Wärme,die sich ausdehnt, sich bewegt, verändert. Mal ist sie wie ein sanftes Glimmen, mal lodert sie hoch zu einem Feuer, mal entspannt sie zu einem tiefen See. Was wir tun, ist - nichts. Wir tun nichts. Wir erlauben dieser Energie einfach, uns zu bewegen, unsere Körper zu bewegen - ohne sie in den Verstand zu ziehen, der gierig nach MEHR lechzt (wie es nun mal seine Natur ist), ohne los zu galloppieren, wie das Testosteron es gerne tut.
Es geht bei dieser Reise nicht um den Gipfel, die Reise selbst ist so genussvoll, so total, dass wir im Moment bleiben, anstelle uns auf einen Gipfel in der Zukunft zuzubewegen.. Und wenn das Feuer mal so hoch brennt, dass der "Jucki" kommt, der nach Entladung rennt, pausieren wir... manchmal reichen ein paar Sekunden, einfach loslassen, Muskeln entspannen, einander halten, atmen,...
Vor allem die Frau ist da gefordert - hat sie doch in Jahrtausende altem kollektiven dumpfem Rumgeficke gelernt, die Nummer möglichst kurz zu halten, den Mann anzutreiben,. Ich weiß, das klingt bescheuert, und manche mögen mir da widersprechen.
An mir selbst habe ich beobachtet, dass die unwillkürlichen Kontraktionen meiner inneren Muskulatur den Mann kommen lassen, auch wenn er es selbst nicht will und still hält. Ich hatte mich gut konditioniert in einer langjährigen Beziehung mit einem Partner, dessen Sexualität so gradlinig vom Fuß des Berges bis zum Gipfel verlief, dass es mich gelangweilt abturnte. Es hat Übung gebraucht, mir dessen überhaupt erst mal bewusst zu werden, und die inneren Muskeln so zu beherrschen, dass sie entspannen, wenn Ruhe angesagt ist (was zu einer interessanten inneren Feinabstimmung geführt hat, das Training der Muskulatur bringt für beide Seiten viele Genuss).
Wenn also beide Partner entspannen können, immer wieder in die Stille zurückkehren können, kann die sexuelle Begegnung lange andauern, ohne zu ermüden.
Gipfelstürmen ist anstrengend, das kann man nicht lange durchhalten, das schreit nach Erlösung und hinterlässt eine Leere.
Wellensurfen dagegen folgt der natürlichen Bewegung von auf und ab und auf, von sanft auf wild zu sanft... die Energie erschöpft sich nicht, sie erneuert sich im Kreislauf zwischen Yin und Yang, und vermehrt sich und dehnt sich aus. So wird das anfängliche Feuer gehalten und verbrennt nicht zu Asche.
Ok... genug jetzt...
Noch ein paar
viele Worte von Osho zu dieser Sutra. Verzeiht, wenn die Sprache manchmal holpert, ich hab' selbst übersetzt. Den vollständigen Text - auf Englisch - gibts auf Anfrage per ClubMail.
Osho in "Vigyan Bahirav Tantra":
"Richte zu Beginn der sexuellen Vereinigung alle Aufmerksamkeit auf das anfängliche Feuer.
Und indem du dies fortsetzt, vermeide die Asche am Ende."
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Für euch ist der sexuelle Akt eine Freisetzung von Energie. Deshalb seid ihr in Eile, wenn ihr euch hinein bewegt. Ihr wollt entladen. Überfließende Energie will befreit werden, dann fühlt ihr euch entspannt. Dieses Entspanntsein ist eine Art Schwäche. Überfließende Energie erschafft Anspannung, Aufregung. Du fühlst, dass etwas getan werden muss. Wenn die Energie rausgeworfen wird, fühlst du dich schwach. Du magst diese Schwäche als Entspannung empfinden. Aber diese Entspannung ist eine negative Entspannung. Wenn du durch das Hinauswerfen von Energie entspannst, kostet das sehr viel. Und diese Entspannung kann nur physisch sein. Sie kann nicht tiefer gehen, sie kann nicht spirituell werden.
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"Richte zu Beginn der sexuellen Vereinigung alle Aufmerksamkeit auf das anfängliche Feuer."
Während du überfließt, denk nicht an Energie-Release; verbleibe mit der überfließenden Energie. Such nicht nach Ejakulation, vergiss sie völlig. Sei vollständig in diesem warmen Anfang. Verbleibe mit deiner Geliebten oder deinem Liebhaber, als wärt ihr eins geworden. Erschaffe einen Kreislauf.
Bleibe mit dem Anfang, bewege dich nicht zum Ende. Wie verbleibt man am Anfang. Einige Dinge müssen erinnert werden.
Erstens: nimm den sexuellen Akt nicht als einen Weg, irgendwohin zu gehen. Nimm ihn nicht als Mittel zum Zweck, das an sich ist schon ein Ende. Es gibt kein Ende in ihm, er ist kein Mittel.
Zweitens: denke nicht an die Zukunft, bleib in der Gegenwart. Wenn du am Anfang des Sexaktes nicht gegenwärtig bleiben kannst, kannst du nie gegenwärtig bleiben - denn die Natur des Aktes ist es, dich in den Moment zu werfen.
Bleib in der Gegenwart. Genieße das Treffen von zwei Körpern, zwei Seelen, misch dich mit dem Anderen ab, schmelzt ineinander. Vergiss, dass du irgendwo hin gehst. Bleibe in diesem Moment, geh nirgendwo hin, und fließt miteinander. Wärme und Liebe sollten Situationen sein, in denen zwei Menschen miteinander verschmelzen.
Deswegen ist der Sexakt ohne Liebe ein hastiger Akt. Du benutzt den Anderen, der Andere ist nur Mittel zum Zweck. Und der Andere benutzt dich. Ihr nutzt einander aus, mischt euch nicht miteinander. In Liebe könnt ihr zusammen fließen. Dieses Verschmelzen am Anfang wird viele neue Einsichten geben.
Wenn ihr euch nicht beeilt, den Akt zu beenden, wird er nach und nach immer weniger sexuell und immer mehr spirituell. Sexuelle Organe können auch ineinander schmelzen. Eine tiefe, stille Kommunion geschieht zwischen zwei Körperenergien, und dann könnt ihr Stunden zusammen bleiben. Dieses Zusammensein geht tiefer und tiefer, je mehr Zeit vergeht.
Aber denk nicht. Verbleibe in diesem Moment der tiefen Verbundenheit. Es wird extatisch, ein Samadhi, kosmischen Bewusstsein. Und wenn du dies kennst, wenn du es fühlst und realisierst, wird dein sexueller Verstand nicht-sexuell werden.
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Tantra sagt, versuch nicht zu flüchten; es gibt kein Entkommen. Stattdessen nutze die Natur selbst, um zu transzendieren. Kämpfe nicht, akzeptiere die Natur, um sie zu transzendieren. Wenn diese Kommunion mit deiner Geleibten oder deinem Liebhaber andauert, ohne nach einem Ende zu schauen, dann kannst Du im Anfang verbleiben. Aufregung ist Energie. Du kannst sie verlieren, du kannst zu einem Gipfel kommen. Dann ist die Energie verloren, und Depression folgt, Schwäche folgt. Du magst es als Entspannung nehmen, aber es ist negativ.
Tantra gibt dir die Dimension einer höheren Entspannung, die positiv ist. Beide Partner fließen ineinander und geben sich gegenseitig vitale Energie. Sie werden zu einem Kreis, ihre Energien beginnen, sich kreisförmig zu bewegen. Sie geben einander Leben, erneuerndes Leben. Keine Energie geht verloren. Und wenn ihr in diese Aufregung hinein schmelzt, ohne sie zu einem Gipfel zu führen, wenn ihr im Anfang verbleiben könnt, ohne heiß zu werden, nur warm bleibt, dann könenn diese beiden "Wärmen" sich treffen, und ihr könnt den Akt auf eine lange Zeit ausdehnen. Ohne Ejakulation, ohne Energie hinaus zu werfen, wird es eine Meditation, durch die du ganz wirst. Dadurch ist deine gespaltenen Persönlichkeit nicht mehr gespalten; sie wird überbrückt.
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