Zitat von **********emale:
„"Tiefes tantrisches Verschmelzen"
Und ich bin auch neugierig, ob es Männer in meinem Alter gibt, die sich für dieses Thema begeistern können.
Bisher hatte ich eher den Eindruck, dass das Angst macht und nicht gewollt ist und dass es mehr nur um das Ausleben von Sexualität geht ohne eine tiefe Verbindung und Nähe aufzubauen oder zuzulassen, wenn auch nur für den Moment.
LG
Sunshine
Liebe Sunshine,
wir würden gerne, sehen uns nach Intensität, Nähe, Wärme, Geborgenheit. Aber: Wir mussten unsere Mütter (und manchmal) stärken, weil der Vater zuwenig da war oder die emotionale Verbindung zu seiner Frau (der Mutter) (auch dafür gibt es Hintergründe) gering war, weshalb wir zum Einen Kind, zum Anderen Partner"ersatz" waren.
Uns wurde viele viele Male in unserem Leben gesagt, dass "Indianer nicht weinen".
Vielleicht war selbst der Moment der Zeugung oder "zumindest" der Schwangerschaft eine Zeit, in der Frau/unsere Mutter uns "wollte", der Vater den Zeitpunkt des Vater-Werdens als unpassend erachtete oder es waren noch ganz andere emotionale Belastungen, die die Mutter erlebte. Wir, schutzlos als Zellhaufen im Bauch, hatten keine andere Wahl, als uns vor diesen Emotionen zu schützen, indem wir uns in unser tiefstes Innerstes zurückgezogen und damit schon früh gelernt haben, Gefühle abzuwehren, weil sie uns sehr sehr weh tun.
Viele von uns schliefen in einem "Bettchen neben dem Elternbett", wurden nicht sofort in den Arm genommen, wenn wir weinten, weil es ja hieß, dass Weinen die Lungen stärke.
Oder wir wurden viel zu früh von der Mutterbrust entwöhnt und machten in unserem Leben das erste Mal die Erfahrung des Zurück-Gewiesen-Werdens.
Viele von uns Männern wurden nur dann geliebt, wenn wir Leistung erbracht haben. Viele von uns werden bis heute nur dann von Frauen geliebt, wenn sie Frau Sicherheit geben und sie ernähren als auch nähren können, wenn sie stark sind, wenn sie sich durchsetzen können, wenn sie "immer gut drauf" und möglichst selten "drunter" sind.
Wir Männer haben vielfach gelernt, dass das Machen eines Fehlers ein Ausdruck von Schwäche/Dummheit ist. Die Wut über einen gemachten Fehler und die damit häufig verbundenen Zurechtweisungen kapseln wir ein.
Wenn wir Geschwister haben/hatten, wurden wir immer wieder mal ungerecht und auch unfair von Mutter und/oder Vater behandelt. Die daraus folgende Wut durften und konnten wir nicht ausleben. Also haben wir sie eingekapselt. Bei vielen von uns hat sich diese Wut im Laufe des Lebens dann begonnen, von uns unbemerkt gegen uns zu richten.
Viele von uns Männern haben Zeit uns Lebens sehr selten die Sicherheit erlebt, uns mit unseren Schwächen, erlittenen seelischen Verletzungen zu zeigen. Weder gegenüber Frauen und schon gar nicht gegenüber Männern.
Viele von uns haben - auch dank dessen, was wir erlebt haben, dass Frauen sexuell antörnt, körperlich gefällt - gelernt, dass wir sportlich sein müssen, einen schönen Körper haben müssen, weil wir sonst nicht geliebt werden. Viele von uns haben ihre Gefühle so tief einkapseln müssen, um ihre Kindheit emotional zu überleben, dass später noch über Alkohol, Essen ein richtiger Panzer entstanden ist. Panzer gegenüber den Emotionen, gegenüber Verletzungen, gegenüber ungelebter Wut, gegenüber dem viel zu großen Mangel an Berührung, an der Erfahrung, bedingungslos in den Arm genommen und einfach nur gehalten zu werden - von Mama/Frau als auch von Papa/Mann.
Ein kleiner Einblick in die Hintergründe, warum wir Männer in unserem Alter vielfach dermaßen fern von uns sind.
Spannend, dass sich damit schon Sigmund Freud in den 20ern, dann Wilhelm Reich als sein Schüler und dann Alexander Lowen als dessen Schüler intensiv beschäftigt haben.
Schön, dass heute über den Begriff von Bonding (Achtung: nicht BondAGE, sondern BondING) und andere Worte das Bewusstsein steigt, wie essentiell wichtig absichtslose, bedingungslose Berührung für Kinder und auch für uns als Erwachsene ist, wie schwer viele der Erwachsenen sich damit dennoch tun (Frauen wie Männer, ich weiß, wovon ich schreibe, wenn ich das auch Frauen zuschreibe, auch aus persönlicher Erfahrung und doch einigen Gesprächen), das zu geben als auch das an-zu-nehmen, sich zu er-lauben.
Das ist auch das Nährende an einer Tantra-Massage, wenn sie ehrlich gegeben wird und wenn Mann es schafft, seinen Fokus vom Gewichst-Werden und Abspritzen-Wollen hin zum Genießen des Berührt-Werdens zu verändern.
Da ist tatsächlich sehr viel Potential bei den meisten von uns Männern - und auch bei sehr vielen Frauen, weil auch viele Frauen viele emotionale Verletzungen erlitten haben, in deren Folge sie sehr/geradezu maximal intensive Berührungen von außen brauchen, andernfalls sie sich selbst nicht (innerlich) spüren/keinen oder nur einen durch sehr viele "Burg-Tore" geschützten Zugang zu ihren Gefühlen haben.
Das Ganze ließe sich noch einige Zeit lang fortführen. Ich habe die Idee, Dir (und vielleicht auch anderen) eine Idee geben zu können, warum viele von uns Männern so ticken, wie sie ticken.
Wer mehr dazu wissen mag, ist am Yi-Zentrum in Sichelbach (nahe Wien) bei Hans Endmaya sehr gut aufgehoben. Was dort an Transformationsprozessen durch die Kraft einer Gruppe passiert (sofern im Umfeld von Corona derzeit möglich, ansonsten eigentlich jedes Wochenende mit verschiedenen Menschen) passiert, ist geradezu genial. Doch das muss Mann/Frau - auch eigentlich - persönlich erlebt haben, was da auf jene Weise, wie Hans das macht, plötzlich möglich wird ...
Ich freue mich über jede tantrische Begegnung (passiv und besonders auch aktiv als Gebender), weil sie Nähe, Berührung, Sinnlichkeit wunderschön miteinander verbindet.