Alter schützt vor Toheit nicht
Ich kenne das Buch von David Deida. Ich halte überhaupt nichts von seinem sechsten (sic!) Kapitel " Wege aus der Ejakulationssucht", weil ich meine Wirklichkeit als völlig anders erfahre. Seine Darstellung der Wirkung von Ejakulation beim Mann sowie die mancher Zeitgenossen auch hier im Fred ist folgende:
1. Ich vernehme nach der Ejakulation einen Energieverlust.
2.Ich höre von ein paar anderen Männern dasselbe.
3. Ich lese in alten Büchern von weiteren Männern dasselbe.
4.Ich verallgemeinere und erfinde "Wahrheiten".
Und schlimmer: Er unterteilt ganz klar in spiritueller Hinsicht die Mannheit. In die armen Gestalten, die noch ejakulieren müssen und in jene, die schon den siebenfachen Pfad der geistigen Erleuchtung durch sublimierte Ejakulationen nach D.D. gehen (es gibt in der Liga jede Menge Besserwisser und selbstinthronisierte Gurus).
Das gefällt mir nicht. Mir gefällt die Art nicht, wie er mit "spirituellen" Wahrheiten umgeht. Mir gefällt seine Einteilung in Anfänger, Fortgeschrittene und Weise nicht. Mir gefällt die Art nicht, wie er auch den weiblichen Orgasmus in drei Kategorien einteilt. Mir gefällt das alles nicht, weil ich in mir meinen inneren Anarchen wahrnehme und der tritt immer dann als Bombenleger in Erscheinung, wenn es um die Verteidigung meine Freiheit geht, die von solchen Leuten, Büchern, Seminaren, Denkrichtungen, Gottesdiensten, Traktaten, Postings und was sonst noch alles bedroht wird. Wenn ich mich als suchender Mann dritter Klasse abgeurteilt sehe von den Scheinerleuchteten.
Und zwar deshalb: Ich erlebe die körperliche Vereinigung mal als total energetisierend, mal bin ich erledigt. Mal ist meine Partnerin zusammengeklappt, obwohl sie von mir doch soviel "Energie" in Form des Ejakulates empfangen hat (wahrscheinlich weiß D.D., was sie "falsch" gemacht hat, damit sie nach seinem Weltbilde fühlt). Mal schlafen wir auch beide ein, mal stehen wir rasch auf und frühstücken. Mal bin ich in ihrer Yoni, mal verwöhnt sie mich mit anderen Körperteilen, ihren herrlichen Brüsten, den geschickten Fingern, dem hingebenden Mund, dem empfindsamen Anus (jetzt schaudert es D.D, aber auch wohl Barry Long). Darf sie das eigentlich nach dem tausende Jahre alten Wissen der tantrischen Tibeter? Oder der noch älteren Ägypter? Und was sagen die noch älteren alten Atlanter dazu? Und was das allerälteste Geistwesen Seth in seiner letzten Channelbotschaft?
Und hier setzt meine Kritik ein: Im Tantra erlebe ich zusehens diesen Einfluß von Dogmatikern mit ihren "Wahrheiten" des Eso-Lagers. In geschickter Vermischung von Erleuchtungswunsch (dazu sagt E.Tolle genug), Lebensweisheiten, altem Wissen (wird durch Alter die Erde zu eine Scheibe?) und Körperorientierung (Yoga, Tantra, Bioenergetik).
Und es gibt ein gemeinsames kennzeichen aller dieser Rechthaber: Sie sind humorlos. Sie drohen subtil mit schlimmsten Strafen und können daher nicht lachen (ganz anders Gendün Chöpel: Die tibetische Liebeskunst).
Ich habe im Tantra Freiheit von Dogma und Dogmatikern gefunden und um keinen Preis der Welt lasse ich mich jetzt wieder einfangen.
Mal bin ich erschöpft nach dem Sex, mal aufgeladen. Ist das verwunderlich?
Nach 30 Km Fahrrad bin ich auch erschöpft und manchmal tief glücklich. Und das leiste ich bei manchen unserer vereinigungen, Also was wundert ihr Euch, Ihr Männer, das Ihr erschöpft seid?
Und neben dem energetischen Aspekt spielen auch Testosteron, Oxitocin und endogene Morphine eine Rolle, auch wenn das die Eso-Abteilung als fünfte Kolonne der Proselytenmacher hier ungern hört. dazu schreibe ich hier nicht mehr, aber ich bin Biochemiker aus der medizin und letztenenden sind auch diese Dinge Grundlage für unser Erleen.
Und warum ist das eine schlecht, das andere gut, wenn ich mich bei beidem wohlfühle, oft sogar sauwohl? Warum muß ich mir da in die Suppe spucken lassen von denen, denen das nicht gefällt, weil sie sich wohl ausschließlich schlapp fühlen danach? Dann ejakuliert doch weniger, in aller Götter Namen, aber macht mir kein schlechtes Gewissen, bald als sechzigjähriger Frührentner im Deutschlands Innenstädten betteln zu müssen.
Im Rollstuhl, mit dem Schild: " Bin berufsunfähig. War ejakulationssüchtig. Habe nicht hören wollen".
Nicht von Herrn Deida, auch nicht von Herrn Long oder sonstwem lasse ich mir die Anzahl der Orgasmen vorschreiben - Und so geschehen in dem Buch: 25 Jahre - einmal wöchentlich. Ende 30 - einmal monatlich. Ende 60 - ganz aufhören. Macht für mich als bald Ende 40 - einmal im halben Jahr.
Und immer mit dem drohenden Finger im Hinergrund: Achtung, sonst frühes Siechtum. Schlechtes Karma. Keine Erleuchtung. Nee, nee, nee.
Ich erlebe den Sex anders. Lebe in großer Freiheit mit meiner Partnerin. Erlebe der Energierausch zwischen uns, zwischen den herzen und den geschlechtern, aber auch mal ein ganz anderes Spiel von Dominanz und Beherrschung, von Macht und Gier. Sex ist bei uns nicht immer Streichelzoo: Langsames, energetisches, stundenlanges Yab-Yum ohne Abgang. Manchmal ist er auch rauh, hart, brutal. Weil auch das Teil meines Menschseins ist, den es zu leben und gerade nicht zu verdrängen, zu sublimieren uder sonstwie wegzudestillieren ist.
Und das alles ist gut! Das alles darf sein. Weil das alles "Ich" bin, darf es so sein und nichts anderes muß dafür her. Ich will mich mehr beurteilen mit den Maßstäben der Zweiteilung: Gut - schlecht - förderlich - schädlich - iben - unten- schwarz - weiß. Da war ich viele jahre, es reicht mir. Wer die Freiheit davon kennt, geht um keinen Preis mehr freiwillig zurück.
Und so wehre ich mich auch gegen die Verallgemeinerungen von D.D. Und gegen die Unsicherheit, die sein Buch verbreitet. Und gegen die Herabwürdigung derjenigen, die in seinen Augen noch die "unteren" Stufen des "erleuchteten Sex" bevölkern, Männer wie Frauen ( für Letzere hat er übrigens gleich drei Hierarchiestufen nach Orgasmusart - klitoral - vaginal - Muttermund bereit, natürlich mit den entsprechenden Werturteilen verbunden).
Und so komme ich zum Schluß: Wieder nur ein Autor, der die Freiheit mit subtiler Intelligenz und profanem Schlechtes-Gewissen-Machen einschränken will. Zugunsten seines eingeschränkten Weltbildes, das sich aus verallgemeinerter Erfahrung gepaart mit Herrschenwollen verbindet.
Und diesmal sogar die Freiheit im allerheiligsten Zentrum der Männlichkeit: Im Erleben des ganz individuellen Orgasmus, wie er bei jedem Mann nun einmal ist. Und deshalb mein Kampfesruf:
Fort, fort. Hinaus mit ihm aus dem Tempel des Tantra...
Zornig,
Nigromontan