Zitat von *********lebee:
„Was . . . messt und vergleicht Ihr ? Und warum/wofür ?
Ich messe und vergleiche vieles mit meinen Erfahrungswerten aus ähnlichen Umständen und Zuständen.
Das hilft mir, mich den jeweiligen äußeren Umständen und persönlichen Zuständen anzupassen.
Beispiel ÖPNV...
Mein Heimatbahnhof liegt auf einer Nebenstrecke. Für die Deutsche Bahn hat diese Nebenstrecke keine Priorität. Ganz im Gegenteil. Wenn es irgendwo bei der DB zwickt und zwackt (Personalmangel, Unwetter, technisch Störungen etc.pp.), werden die Ressourcen von meiner Strecke abgezogen. Meine Strecke ist halt per Definition eine der Glücksstrecken: Wenns bei der DB glücklich läuft, läufts auch auf dieser Strecke.
Der Flughafen Bahnhof hingegen hat Priorität. Immer. Sowohl für die DB als auch für den Verkehrsverbund.
Die Züge, die den Flughafen Bahnhof ansteuern genießen auf überlasteten Streckenabschnitten Vorang vor den Zügen, die das nicht tun.
Und selbst wenn etliche Busse ausfallen: Der Flughafenbus von meinem Heimatbahnhof zum Flughafen Bahnhof fährt immernoch regelmäßig.
Ergo:
Über den Flughafen Bahnhof zu fahren ist für mich zwar ein Umweg, der sich unter normalen Umständen gar nicht lohnt.
Aber wenn das Fahrplan-Monitoring vermehrt Verspätungen und/ oder die ersten Zugausfälle in der Region anzeigt, warte ich gar nicht erst darauf, dass Verspätungen und Ausfälle auf meiner Glücksstrecke angezeigt werden. Angezeigt werden sie in der Regel nämlich erst, wenn ich schon längst im Zug zum Flughafen Bahnhof/ Flughafenbus sitze. Und dann kann ich mich freuen, dass ich so rasch geschaltet habe und eben nicht vergeblich am Bahnhof stehe.
Also ich bin ein Fan davon aus Erfahrungen zu lernen und im Alltag mein Hirn zu benutzen.
Und dazu gehört eben auch, messbare Indikatoren für äußere Umstände zu finden, an denen ich mich frühzeitig orientieren kann. Das ergibt selbstverständlich keine Sicherheiten sondern bloß Wahrscheinlichkeiten. Für Überraschungen bin ich trotz aller vorausschauender Handlungen jederzeit offen.
Dasselbe in grün bei meinen eigenen Zuständen.
Dank des intensiven Gruppenkuscheln in ÖPNV inklusive Urlaubsrückkehrer (Flughafen Bahnhof), hat mein Immunsystem letztes Wochenende ein Breitband-Update in Erkältungsviren erhalten.
Nun gilt bei mir im allgemeinen die Erkältungsregel: Drei Tage kommt sie, drei Tage bleibt sie, drei Tage geht sie. Heißt bei meinem Immunsystem konkret: Die Symptome, die sich am 4. Erkältungstag hinzu gesellen, darf ich - für gewöhnlich - volle drei Tage lang genießen.
Das waren gestern und vorgestern: Starke Gliederschmerzen, Kopfschmerzen, Fieber, Schweißausbrüche und eine ausgeprägte allgemeine Schwäche. In diesem Zustand empfand ich es schon als sportliche Leistung, vom Bett ins Bad, in die Küche, zum Sofa zu gelangen. So Extremsportarten wie "Einkaufen gehen" wollte ich dann doch lieber Rentnern überlassen.
In freudiger Erwartung, diese Sypmtome heute noch genießen zu dürfen, rief ich gestern Abend also bei meinen Eltern an. Für gewöhnlich fahren sie jeden Freitag zu einem Spieleabend an meiner Wohnung vorbei. Ob sie mir bei der Gelegenheit nicht ein paar Dosensuppen und Medikamente vorbei bringen könnten? Wäre kein Problem gewesen. Vor allem Dank der frühzeitigen Ankündigung wäre dies für meine Eltern NICHT in Stress ausgeartet.
Große Überraschung heute Morgen: Die starken Gliederschmerzen, Kopfschmerzen, Fieber, Schweißausbrüche und eine ausgeprägte allgemeine Schwäche waren spurlos verschwunden.
Erstaunlich.
Einen Tag vor ihrer Zeit!
Nun, ich möchte mich nicht darüber beschweren, dass es diesmal "nicht so lief wie gewöhnlich" beziehungsweise "nicht so lief wie geschätzt".
Glücklich spazierte ich heute früh mit meiner laufenden Nase zum Einkaufen. Und meine Eltern freuten sich mit mir. Dass ich ihre zugesagte Hilfe nun doch nicht brauche, tut ihnen nicht weh.
Kurzum: Ich glaube nicht, dass Messen und Vergleichen per se unglücklich macht.
Mancher Mensch benutzt Messen und Vergleichen, um möglichst viel Unglück zu erleben.
Ich benutze Messen und Vergleichen, um die Wahrscheinlichkeit für Glückserlebnisse zu erhöhen.
Beides geht.
Ob der komplette Verzicht auf vorausschauendes Handeln - also Messen und Vergleichen - ein Fort- oder ein Rückschritt für einen Menschen ist, kommt doch auf dessen Ausgangslage an.