Gedanken meiner Yoni
Ich bin in eine Zeit geboren worden, in der es noch nicht üblich war, sich über meine Bedürfnisse, meine Lust und meine Ängste zu unterhalten.Meine Besitzerin durfte mich zum Waschen anfassen. Dafür gab es sogar einen eigenen Waschlappen und ein separates Handtuch.
Ansonsten wurde ich auch möglichst selten beim Namen genannt. Und wenn überhaupt, dann hinter vorgehaltener Hand.
Wenn C. mich während ihrer Kindheit mal entdeckte, bekam sie sofort ein schlechtes Gewissen und liess rasch wieder von mir ab.
Ich wurde herzlich wenig wahrgenommen und deshalb verhielt ich mich auch - sehr, sehr still!
Recht spät wagte C. sich an die Sexualität. Denn die galt ja auch als verboten.
Sie nahm anderes wahr. Die Männer. Deren Bedürfnisse. Deren Lust und deren Befriedigung. Sie gab dem Lingam mehr Aufmerksamkeit als mir.
Das nahm ich ihr sehr übel und reagierte völlig passiv.
Sie wurde ungeduldig mit mir. Ich sollte gefälligst so funktionieren wie alle anderen Yonis.....dachte sie.
Einmal zeigte ich ihr, daß ich, wenn sie mir wirklich Lust bereitete, sogar spritzen konnte.
Sie erschrak entsetzlich. Und damit das bloß nie mit einem Mann passierte, ließ sie meine Lust noch weniger zu.
Denn das gäbe es nicht, hieß es damals. Sogar ein Arzt hatte ihr das so bestätigt.
Nein, es war sehr sehr lange wirklich keine Liebe zwischen uns.
Doch dann passierten Dinge, die C. aufhorchen liessen.
Und in diesem Aufhorchen hörte sie plötzlich auch mich.
Als ich merkte , daß sie mich hörte, wurde ich lauter. Noch ängstlich, was denn nun geschehen würde. Aber sie hörte wirklich hin. Und zu.
Und so begann ich, vorsichtig mit ihr zu reden.
Manchmal. Manchmal öfter. Manchmal seltener.
Immer je nachdem, ob ich das Gefühl hatte, von ihr wahrgenommen zu werden oder nicht.
Es gab Zeiten, da war ich sehr lange sehr still. Weil sie, C., sowieso so traurig war.
Und ich wurde hungriger und hungriger.
Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und schrie ganz laut zu ihr!!
Sie sollte endlich wieder hinhören und hinspüren.
Und dann merkte ich, wie sie sich langsam veränderte. Wie sie Wissen erlang. Nachlas. Informationen in sich aufsog.
Sie erlaubte mir, ihr meine Lust zu zeigen. Und dann auch nicht mehr nur ihr, sondern auch anderen Menschen.
Irgendwann hatte sie eine Begegnung mit einem Menschen, der sie sehr verehrte.
Doch nicht nur sie!
Auch mich!!!
Er verehrte MICH und er zeigte und sagte es mir!!
Er faßte mich nicht grob an oder stieß mit seinem Lingam einfach zu!
Sondern er fragte, was mir gut tun würde. Was ich brauche.
Was ich mir wünsche.
Ich konnte es kaum glauben und tat alles, um mich mitteilen zu können.
Es war der Beginn eines wundervollen Weges.
Lang ist sie, die Geschichte, in der wir Freundinnen geworden sind.
C. und ich.
Manchmal verstehen wir uns immer noch miß.
Aber dann überlegen wir, woran es lag.
Sie kümmert sich jetzt viel mehr um mich.
Und paßt auf, damit ich keine Angst haben muß.
Wenn sie merkt, daß mir in einer Situation nicht wohl ist, dann schützt sie mich.
Und nimmt es mir nicht übel, daß ich eben NICHT immer "funktioniere".
Ich will auch gar nicht funktionieren!!!
Ich möchte nur wahrgenommen werden. Ja, und verehrt.
Mit Respekt behandelt. Und ganz, ganz liebevoll.
(Pssst.....ich mag es manchmal auch ganz wild und ungestüm.....aber - wie gesagt - mit Respekt).
Und grüße hier alle anderen Yonis dieser Welt und wünsche ihnen einen liebevollen Dialog!
I.V. Clara