Ambivalenz
eigentlich ladet dieser Thread zu einem "Sexworker" Treff ein.
Ich halte es für etwas mutig, diese Einladung bei den Tantrikern zu posten.
Die sofort angesprungene heftige Diskussion zeigt doch die Sprengkraft, die das Nachdenken über Sex besitzt.
Da Gefühlsäußerungen wie Lachen, Weinen und auch sexuelle Lust im Tantra offenbar nicht in "gut" oder "schlecht" oder gar "böse" aufgeteilt werden, sondern ganzheitlich in die menschliche Existenz eingegliedert werden, dürfte es eigentlich auch keine Aburteilung von Frauen geben, die Lusterfüllung gegen Geld anbieten. Sie waren vor allem gemeint als vor nun schon einiger Zeit der Begriff "Sexworker" aufkam. Und ich nehme einmal an, dass
Nowandthen_by keine Trennlinien ziehen wollte als sie auf diesen Termin hinwies.
In der breiten Öffentlichkeit hingegen -durchaus auch in Indien- ist Sex sehr mit negativen Beurteilungen beladen, und die Werbeindustrie nützt es gekonnt, diese "dirty feelings" anzusprechen. Folglich wird "Sexworkers" nur zugestanden im Halblichtmillieu zu agieren. Ein Verbot (ich bin z.Zt. nicht in Deutschland und kann die aktuell öffentlichen Themen nicht verfolgen) würde die Situation nur noch verschärfen, wie z.B. in den USA. So eigenartig es klingt, aber die ganzen Verbrecher und Menschenhändler würden in ihrem Tun nur bekräftigt, Frauen dienstbar zu machen.
Auch ich werfe mich vehement in die Diskussion wenn z.B. tantrisch inspirierte Massagen
in die Ecke von Prostitution gedrängt werden, was interessanter Weise zumeist durch Frauen erfolgt. Dabei habe ich mir schon Zurechtweisungen und Löschungen von Beiträgen durch Götter aus dem Joy-Olymp gefallen lassen müssen.
Mich stören an den Zuweisungen der Kritiker von Tantramassagen zwei Absichten:
- (1) tantrische Massagen ins grelle Licht der Abzocke in Vergnügungsmeilen zu rücken
- (2) Frauen, die für Lusterweckung und vielleicht auch Erfüllung -was auch immer darunter verstanden wird- Geld nehmen, nur ein Leben unter krimmineller Unterdrückung zuzugestehen.
Da ich diesen Beitrag im Tantraforum schreibe und hardline-Tantriker Prostitution brüsk verurteien, will ich meiner Verpflichtung zur Ambivalenz folgend einmal eine Münze für die Prostituierten in die Runde werfen:
Ältere Prostituierte -und frau altert schnell in dieser Branche- fallen zumeist durch eine ziemlich abgeklärte Haltung auf. Nichts von Dreck oder Perfidie! Damals, als der Begriff "Sexworker" geprägt wurde gab es z.B. im "STERN" oder "focus" Interviews mit Prostituierten, die sich zur Prägung des Begriffs profiliert hatten. Da war über den ach so verruchten Sex ganz andere Worte zu hören: Die Frauen haben den Männern die Verkrampfung genommen und zu locker-lustigen Spielen mit hellem Lachen gebracht. Manche Männer kämen garnicht um zu poppen, sondern würden sich nur mit einer Frau, die mit ihren weiblichen Attributen nicht spart aussprechen. Bei eigenen Bordellbesuchen fielen mir immer wieder Männer auf, welche mit entspannten und glücklichen Gesichtszügen mit dem Mädchen beisamen sassen, das sie sich ausgesucht haben.
"Prostitution" ist ein böses Wort, denn heißt es nicht "Blosstellung"? Und ist Blosstellung nicht die größte Schande, die sich eine Frau vorstellen kann? Allerdings sind alle anderen Begriffe derart abwertend, dass Frauen, die dieses Gewerbe betreiben, sich doch am liebsten als "Prostituierte" anreden lassen.
"Sexworker" hat für mich den faden Geruch von ausgewaschenen Schlosserlatzhosen, dazu mengt sich Aktenduft aus Sozialämtern. Ob es im Tantra für das was wir unter Prostitution verstehen auch nicht abwertende Begriffe gibt wie "Lingam" oder "Yoni"?
Allerdings verurteile ich scharf all jene, die persönliche Bereicherung aus der Tätigkeit dieser Frauen ziehen, oder die lange Kette von Frauenhändlern, welche Frischfleisch für in den Dreck gepeitschte männliche Gelüste verschaffen.
Es wird interessant werden, zu lesen, wer (nicht namentlich sondern von dem "work" Inhalt her) zu dem Treffen gekommen ist, was unter den Teilnehmerinnen diskutiert wurde und ob es eine gemeinsame Verlautbarung gibt.