viel Wissen gesammelt, aber nix verstanden
ein kleiner Ausschnitt vom Wanderer, der in die Richtung meines kleinen Zwischenposts geht...
Die Frage, ob man Tantra lernen kann, beinhaltet das Wort lernen und wenn hier lese, erscheint mir eine Definition vom Lernen recht sinnvoll (auch wenn ich das an dieser Stelle nicht tun möchte).
Manche Menschen, so scheint es mir - im Alltag und auch hier, begreifen Lernen als Anhäufung von Wissen. Ich erlebe diese Menschen als meist sehr redegewandt, belesen, eloquent, rein fachlich kompetent und manchmal empfinde ich sie auch wie ein wandelndes Lexikon. Früher war ich sehr fasziniert von dieser Art Mensch... ähnlich wie die "kleinen Schülerinnen" saß ich staunend vor diesen Menschen, ehrfurchtsvoll und alles aufsaugend, was an Wissen vermittelt wurde. Damals war ich noch recht jung....
Immer öfters hinterließ dies bei mir aber ein leeres Gefühl, etwas Hohles, etwas Unzureichendes - ein "das kann doch nicht alles gewesen sein" - Gefühl. Wissen, die kognitive Ebene war und ist für mich nicht ausreichend. Der Verstand ist für mich ein tolles Instrument, es macht mir Spaß, ihn zu erleben. Aber er ist nur sehr wenig im Vergleich zu dem, was ich mit meinem Bewusstsein erlebe.
Die spannendste Erfahrung auf meinem Weg war, zu erleben, was jenseits des Verstandes passiert, wenn der Verstand "beiseite geschoben" wird und ich in das Bewusstsein eintrete. Dort "geschehen" die Dinge, die für mich für "Erleuchtung" von Bedeutung sind - nicht auf der Verstandesebene. Und da sind wir meiner Meinung nach auch bei dem Punkt, warum die Erleuchtungswege (und Tantra ist ja nun, egal aus welcher Richtung wir da drauf schauen einer) als "schwer" angesehen bzw. empfunden werden.
Wir leben (als Menschen westlicher Kultur) viel zu sehr im Kopf, im Verstand. Und ich finde es, mit Verlaub anmaßend, zu meinen, dass ich als westlicher Mensch in irgendeiner Weise mit der östlichen Mentalität (oder wie auch immer man es nennen mag) mithalten kann - egal was ich auch tue. Ich bin in dieser Inkarnation in der westlichen Gegend unterwegs und ich habe keine Schwierigkeiten damit, mich auch bescheiden in diesen Bereichen zu bewegen. Insofern interessiert mich all das Wissen um die Menschen dort drüben nur periphär, denn es passt nicht zu mir. Es ist nett, zu lesen, zu hören und zu wissen. Aber ich werde nicht dorthin kommen, so zu fühlen und zu erleben.
Also ist in meinen Augen nicht nur die Frage interessant - kann man Tantra lernen - sondern eben auch die Frage, was ist mir mit meinen Möglichkeiten in dieser Inkarnation überhaupt möglich, um mein Ego und die Dualität zu überwinden, um den Weg der Erleuchtung zu beschreiten.
Bei dem Thema Lernen spielt für mich eine wesentliche Rolle von wem ich lerne, also die Frage nach dem "Meister", dem "Guru". Meiner Erfahrung nach findet sich das im Leben von alleine. In jedem "Stadium" des (Erleuchtungs-)Weges kommen die Menschen ins Leben, von denen wir lernen können und dürfen. Manche sehen wir, manche nicht. Früher fand ich die Wissensmenschen toll, heute, mit meinem jetzigen Stand lächle ich, weil ihnen für mich meist die Herzöffnung fehlt - ich höre sie, aber ich fühle sie nicht.
Spannend auch die Frage, was sich die jeweilige Seele (und hier sind wir am elementarsten, nämlich der eigenen Glaubensrichtung, angekommen) ausgesucht hat. Nicht für jeden ist eben der Weg in Indien der passende.
Durch das Zitat von Zeus_71
Eine Position leidenschaftlich und nachdrücklich zu vertreten ist nicht immer eine Sache des Egos. Es kann auch schlicht Ehrlichkeit, großes Interesse für das Thema, Vitalität, oder sogar das intensive Bemühen, anderen im positiven Sinne die Augen zu öffnen, dahinter stecken!
merke ich wieder einmal sehr genau, was ich in meinem Leben nicht zum Lernen gebrauchen kann - einen Menschen, der mir
durch intensives Bemühen meine Augen öffnen möchte.
Ich bewundere das Ego, es ist schlau und listig und hat so oft einen Schalk im Nacken sitzen. Es lässst uns nicht selten glauben, dass wir "für die Sache" kämpfen und im Recht sind und merken oft nicht, dass wir den Menschen gegenüber verpassen.
Wenn mich der spirituelle und auch der tantrische Weg ein was gelehrt hat, dann, dass der Zugang zum Bewusstsein über das Fühlen und Erleben und nicht über den Verstand geschieht. Ich kann sämtliche Muster und Verhaltensweisen von Menschen sehen und es nutzt mir wenig, wenn ich nicht den Zugang zu seinem Herzen finde.
Und interessanterweise sind in meinem Leben die Menschen für mich meine Meister (gewesen), die ruhig, unauffällig und wissend SIND und sich nicht so geben. Oftmals sieht man sie noch nicht einmal (wenn man selbst nicht ganz "still" ist) - aber eins ist für mich ganz sicher - man
hört sie nicht