Was geschieht, wenn wir sterben?
Ich darf beruflich unter anderem die wunderbare Aufgabe übernehmen, Sterbende zu begleiten.
In der finalen Phase, wenn es ein langsames, natürliches Sterben ist, finden oft Atemaussetzer statt. Es kommt mir vor wie ein Flattern der Seele, die mal hier und dann schon ein Stück weit drüben ist. Es ist ein Wechsel der Welten, hier und drüben, und es kommt mir friedlich vor. Der/die Sterbende ist durch diese Atemaussetzer nicht beunruhigt. So meine Beobachtung bei mehreren Patienten, die ich in dieser Phase begleiten durfte.
Warum muss die Frage, was "dort drüben" ist, so wichtig sein? Wichtig ist doch, was wir bis dahin hier gelebt, geliebt, gemacht, gefühlt haben. Ob die Umstände in dieser Phase und auch davor zu uns passen, wir von den für uns richtigen Menschen umgeben sind.
Es gibt Patienten, Sterbende, Menschen, deren Lebenszeit definitiv begrenzt ist, die mit ihrer Trauer zu kämpfen haben: Mit der Trauer, was sie alles noch eigentlich vorhatten, erleben wollten.
Aussagen der Sterbenden: "Gerade mal drei Jahre bin ich in Rente, meine Frau und ich wollten jetzt noch so viel nachholen, auf Reisen gehen, das Haus noch schöner machen, endlich Zeit füreinander haben. Ich habe mein Leben lang gearbeitet, es blieb so viel auf der Strecke. Und stattdessen bin ich jetzt krank. Das kann doch nicht sein."
"Ich will wenigstens noch bei der Hochzeit meiner Tochter dabei sein. Ob das wohl geht, es ist eine Stunde Fahrt. Werde ich das durchhalten? Und wie soll ich das machen? So ein freudiger Anlass, und für mich dann doch auch ein Abschied von vielen Menschen, die auf der Feier sind, für immer?"
Darüber nachzudenken, wie es nach dem Tod weitergeht, ist zwar ein verlockender Gedanke. Aber sein Leben so zu leben, dass es in jedem Augenblick auch zu Ende sein darf, dass nichts versäumt ist, dass alle Konflikte geklärt, alles Wichtige gesagt ist: Das halte ich für wichtiger.
Daher plädiere ich dafür, jeden Tag so zu leben, als ob er der Letzte wäre. Jeden Tag nichts ungesagt lassen, was gesagt werden will, jeden Tag in Frieden mit sich und den Nächsten beschließen, soweit es möglich ist. In jedem Fall immer ehrlich und authentisch zu sich selbst sein, wenn es geht auch zu seinen Liebsten.
Und rechtzeitig Vorsorge zu treffen, das Thema Tod aus dem Tabu holen, offen darüber sprechen, was man sich für sein Ende wünscht, auch wenn es vermeintlich weit weg ist (es kann jederzeit ein Unfall passieren) und bestenfalls jeden Abend der Welt mit Liebe Gute Nacht sagen.
Meine 3 cents zum Thema, vielleicht auch am Thema vorbei ...
Liebe Grüße
Eva