Zur Ausführung:
Als Podcaster finde ich den Mann schwierig. Seinen Ausführungen liegt offenbar überhaupt kein Script zugrunde. Er springt hin und her, bricht teilweise Sätze ab, um dann andere Themen zwischenzuschieben.
Und dieses Gehampel die ganze Zeit. Er wirkt unglaublich nervös.
Zum Inhalt:
Der Grundthese, dass Sexualität um so gestörter ist, je weniger Beziehung daraus entstehen kann, kann ich zustimmen.
1. Es gibt in der BDSM Community eine deutliche Tendenz der selbstüberhöhenden Abgrenzung gegenüber Anderen. Diese vollzieht sich genau in dem Moment, wo ich mich selbst als Pervers bezeichne.
Es gibt einen bekannten BDSM Podcaster, der mit der ungefähren Frage „Na, wie bist Du denn zur Perversion gekommen?“ regelmäßig seine Folgen einleitet.
Witzig ist das nicht. Sondern eher unreflektierte Selbstüberhöhung. „Schau mal, wie pervers wir Alle sind, ha ha ha, da kommen Andere ja gar nicht dran!“.
Das ist halt so ein Anfängerding und daher nachzuvollziehen. In den wirklich fortgeschrittenen BDSM Kreisen habe ich in den letzten 10 - 20 Jahren jedoch noch nie Jemanden kennengelernt, der sich selbst als „pervers“ bezeichnet hat.
Man kann also durchaus durch die Gegend rennen und sagen „Ha ha, wir Perversen, ha ha ha!“. Man muss sich halt nur bewusst sein, dass man sich damit selbst einen ganz bestimmten Stempel aufdrückt, der u.U. eher das Gegenteil von dem bewirkt, was man eigentlich bewirken wollte.
2. Der Podcaster schafft auch die durchaus interessante Adaption in die BDSM Community. Wenngleich er auch hier Äpfel mit Birnen vergleicht, indem er die BDSM Szene mit der Dienstleistung einer bezahlten Domina vermischt.
Dennoch ist die These interessant, denn hier im Joy sind ja viele Menschen unterwegs, die bewusst keine Beziehung eingehen wollen. Ich glaube gar, dass ein unbekannt großer Prozentsatz der Mitglieder tatsächlich komplett bindungsunfähig ist.
Und da stellt sich im Zusammenhang mit der These des Videos durchaus die Frage „Wenn ich mein Sexualleben so führe, dass ich bewusst keine Beziehung eingehe, weil mir das Erleben von Inhalten wichtiger ist, wie gestört ist dann mein Sexualleben?“
Denn es gibt hier tatsächlich genügend Mitglieder, die genau so argumentieren. „Ich will mich nicht monogam binden, weil ich mit verschiedenen Partnern viel unterschiedlichere sexuelle Inhalte ausleben kann. Mit einem Partner/in habe ich nach kurzer Zeit immer das Gleiche. Das wird mir zu langweilig, da verpasse ich zu viel.“
Und genau diese Argumentationskette entspricht dann dem „Es wird um so kranker, je weniger Beziehung daraus entstehen kann.“ Denn im Kern benutzen sich bei dieser Art des BDSM Aus- und Erlebens zwei Menschen gegenseitig zur reinen Befriedigung ihrer sexuellen Bedürfnisse, ohne sich sonst wie wirklich näher zu kommen.