Outing-Brief - großes Outing-Wochenende...
Hallo allerseits!
Ich wollte mal wieder einen quasi aktuellen Stand berichten, nachdem ich lange Zeit nichts mehr von mir habe hören lassen.
Verfasst am Sonntag, den 30. März 2008:
Nachdem ich in der vergangenen Woche ja zu Hause und dann an einem anderen Tag dann auch noch morgens in der Tagesklinik (bin da mehr reingeschlichen als gegangen, weil ich einfach nicht mehr konnte) zusammengebrochen war, an einem weiteren Tag ausserdem noch eine Angstattacke in der Klinik hatte und ich am Donnerstag Nachmittag mit einer anderen TS telefoniert hatte (das Gespräch hat mir Klarheit verschafft, mir wieder meinen Weg gezeigt), habe ich mich an diesem Wochenende diversen Leuten gegenüber per Forum und E-Mail geoutet - und zwar meinen Hobby-Freunden, meinen Verwandten und einem weitern Freund gegenüber.
Es war das große Outing-Wochenende. Allerdings weiß ich ja nicht, wann die Verwandtschaft ihre E-Mails liest. Aber in der kommenden Woche wird es wohl die Runde machen.
Von meinen Hobby-Freunden habe ich schon viele tolle Antworten bekommen.
Ich muss jetzt erst einmal verinnerlichen, was ich da getan habe.
Ich denke, diesen Brief werde ich auch in der Firma zum Outing verwenden, wenn es soweit ist.
Steffi
Mit diesem Brief habe ich mich geoutet:
Hallo allerseits!
Es tut mir leid, wenn ich mich solange nicht bzw. so selten gemeldet habe, mich also ziemlich rar gemacht habe. Das war keineswegs böse Absicht, aber es ging nicht anders, denn es ist nicht nur so, dass ich mit Depression zu kämpfen hatte, sondern zusätzlich hat sich meine Identität seit Anfang Mai 2007 erheblich verändert. Dadurch war ich (und bin ich immer noch) sehr intensiv mit mir selbst beschäftigt und versuche meinen Lebensweg zu finden, was mir außerdem sehr viel Kraft abverlangt. Warum das so ist, wird vermutlich jedem am Ende meines „Briefes“ verständlich sein. Sorry, dass der „Brief“ so lang geworden ist, aber es ist sehr wichtig für mich, verstanden zu werden…
Ich habe es mir nicht ausgesucht und ich kann es nicht ändern – ehrlich gesagt will ich es auch gar nicht ändern, denn das hieße, wieder mein eigentliches Ich, meine eigentliche Identität zu unterdrücken, zu ignorieren.
„Wieder“ bedeutet, dass ich unbewusst mein wahres Ich – vermutlich etwa 30 Jahre lang – ignoriert, verdrängt und/oder unterdrückt habe. Lange Zeit wusste ich allerdings auch gar nicht, was es zu bedeuten hat, wie ich es einzuschätzen habe. Irgendwann habe ich es sicherlich geahnt, konnte es aber aus Furcht und Scham nicht zulassen.
Das hat mich sehr krank gemacht, hat bestimmt einen großen Teil meiner Depression verursacht, wenn auch zunächst andere, vordergründigere Dinge aus meiner Vergangenheit bearbeitet werden mussten. Je mehr ich die vordergründigeren Dinge bearbeitet/abgearbeitet habe, umso mehr Druck verursachte mein Identitätsproblem in mir.
Etwa 6 bis 7 Monate lang fanden dann seit Anfang Mai 2007 Identitätskämpfe in mir statt – also ab dem Zeitpunkt, an dem ich mich überhaupt erstmals einem anderen Menschen gegenüber (meiner Therapeutin) wegen meiner Identitätsprobleme geöffnet habe. Das, was da über Monate in mir stattfand, war der reinste Horror, die reinste Qual – so etwas wünsche ich niemandem!
Etwa 30 Jahre Identitätsverdrängung, etwa 30 Jahre unbewusstes Rollenspiel – das hat mich derart viel Lebenskraft gekostet, dass ich im ersten Quartal 2006 in einen Burn-out abglitt. Es ist auf Dauer eben nicht möglich, sein wahres Ich zu unterdrücken und nebenher noch die Anforderungen des (Arbeits-)Lebens zu erfüllen. Psyche und/oder Körper ziehen dann irgendwann einfach die Notbremse. Ich hatte wohl (hoffentlich) Glück – es war „nur“ ein Burn-out und keine schwer oder nicht heilbare körperliche Krankheit.
Nein, ich bin nicht homosexuell, wie jetzt vermutlich der/die eine oder andere denken. Das wäre ja auch zu einfach und es wäre für mich auch kein Grund mich deswegen vor den sich daraus ergebenden Konsequenzen für mein Leben zu fürchten. Homosexualität kann Mann oder Frau privat für sich ausleben. Man sieht es ja nicht jedem Menschen an, ob er homosexuell ist oder nicht.
Die Veränderungen, die sich aus meinem Identitätswandel für mich ergeben sind viel tiefgreifender – ja – und sie sind auch für jeden sichtbar, denn ich bin transsexuell, fühle mich also im falschen Körper geboren.
Ich favorisiere aber den Begriff Transidentität anstelle von Transsexualität, denn in erster Linie hat es ja – wie zuvor auch schon geschrieben – mit meiner Identität zu tun.
Aus meinem tiefsten Inneren heraus weiß ich nun einfach, dass ich eine Frau bin. Es ist auch für mich nicht erklärbar, warum das so ist und woher ich diese Sicherheit nehme. Aber es ist vermutlich genau so, wie jede normale Frau einfach weiß, dass sie eine Frau ist und jeder normale Mann, dass er ein Mann ist.
Aufgrund der Rolle Mann, die ich mir mein ganzes bisheriges Leben selbst aufgezwungen habe (davon einmal ganz abgesehen, dass die Toleranz für transidente Menschen erst seit kurzem langsam steigt), bin ich leider durch männliche Verhaltensweisen aus meinem Jahrzehnte langem Rollenspiel geprägt, die ich gar nicht mehr haben möchte. Von heute auf morgen abstellen kann ich sie aber leider auch nicht und die weiblichen Verhaltensweisen werden wohl erst nach und nach mehr und mehr zu einem Teil von mir werden.
Durch das Rollenspiel, das ich zu meinem Selbstschutz über die Jahrzehnte aufrechterhalten hatte obwohl es mir gar nicht gut tat, entsteht nun leider erheblicher negativer psychischer Druck in mir, wenn ich Männerkleidung trage. Dadurch – und weil es natürlich auch meiner Seele entspricht – kann ich nur noch Frauenkleidung tragen, auch, wenn ich noch keine „fertige“ Frau bin. Zum Selbstschutz eine Männerjacke in der Öffentlichkeit geht noch, auch, wenn es mir schwer fällt.
Aber keine Angst – ich laufe nicht ständig wie eine aufgedonnerte Tussi umher. Ich versuche im Gegenteil mich eher unauffällig weiblich zu kleiden – also meinem „Zustand“ angepasst, was gar nicht so leicht ist.
Hinzu kommt weiterhin mein leider sehr männliches Aussehen, was dazu führt, dass ich meinen Körper so, wie er zzt. ist, ablehne.
Aufgrund meiner Transidentität habe ich nun – vielleicht nach der Hälfte meines Lebens – einen schweren aber wohl auch spannenden Weg vor mir.
Denn wer kann schon von sich sagen, eine zweite Pubertät durchlaufen zu haben? Ja, denn so fühlt es sich gerade für mich an – inklusive aller Unsicherheiten und Selbstfindungsprobleme, die eine Pubertät so mit sich bringt.
Wer kann von sich behaupten zwei Menschen zu sein, das Leben als Mann und als Frau zu kennen?
Ein komplett anderer Mensch bin ich durch die Transidentität aber nicht geworden, auch, wenn ich mich äußerlich verändert habe und weiter verändern werde. Mein „Grundcharakter“ wird sich nicht ändern. Durch die weiblichen Hormone, die ich bekommen werde, werden sich sicherlich diverse meiner Verhaltensweisen in Richtung weiblich verändern.
Vielleicht werde ich durch die Veränderungen, welche die Einnahme von Hormonen mit sich bringen, auch mal zickig sein oder sehr emotional, denn ich habe keinen Einfluss darauf, was die Hormone mit mir veranstalten werden.
Davon einmal ganz abgesehen fühle ich mich wie eine normale Frau und neige nicht zu extremer Gestik und Mimik, wie man sie bei einigen Frauen aber auch manchen homosexuellen Männern beobachten kann.
Ich will wegen meiner Transidentität nichts Besonderes darstellen oder sein, auch wenn ich mir dessen bewusst bin, dass Transidentität allgemein ein interessantes Thema zu sein scheint und dass sie viele Fragen bei den Menschen aufwirft.
Was ich aber brauche ist Normalität und ich wünsche mir natürlich sehr als Frau gesehen, angenommen und angesprochen zu werden – also mit Steffi, Stefanie oder Frau Xyz – auch, wenn ich jetzt – leider – noch nicht wie eine Frau aussehe, also eher ein Mischwesen bin. Natürlich verstehe ich, wenn das jemandem zunächst nicht möglich erscheint, weil es sich merkwürdig für sie oder ihn anfühlt. Dennoch würde ich mich sehr freuen, wenn es dann beizeiten doch irgendwie geht.
Über Toleranz und normales Verhalten mir gegenüber würde ich mich wirklich sehr freuen. Es würde mir mein Leben etwas erleichtern, denn die Transidentität an sich verlangt mir schon so einiges ab. Und wie „gesagt“: Ich habe mir das nicht freiwillig ausgesucht und ich nehme das alles nicht aus Spaß an der Freude auf mich…
Vielen Dank fürs „zuhören“/lesen,
liebe Grüße
Stefanie (Steffi)
P.S.: Um noch einmal von mir losgelöst über Transidentität zu informieren habe ich von der Internetseite .... einmal etwas herauskopiert und nachfolgend angefügt.
Was ist Transsexualität (Transidentität)?
Prof. Dr. Sohn schreibt in "Psycho 24" (1998, Sonderausgabe): "Transsexualität ist die schwerste Form der Geschlechtsidentitätsstörungen. Der Ursprung des Transsexualismus ist noch immer ungeklärt und Gegenstand teils heftiger Kontroversen innerhalb der medizinischen Fakultäten. Nichtsdestotrotz besteht Einigkeit darüber, dass es sich hier um ein gravierendes Störungsbild mit Krankheitswert handelt. Psychotherapeutische Behandlungsversuche zur Rückführung der Geschlechtsidentität auf das Geburtsgeschlecht scheitern regelmäßig, so dass bei gesicherter Diagnose die operative und hormonelle Geschlechtsumwandlung letztlich die einzige Maßnahme darstellt, um den Patienten ein ausgeglichenes Leben in Selbstidentifikation zu ermöglichen."
Nach "J. Bancroft" ist die sexuelle Identität ein wichtiger Bestandteil der allgemeinen und persönlichen Identität und des Selbstbildes, die deshalb stabil sein muss, um das Wohlbefinden eines Menschen sicher zu stellen. Er sieht es daher als sehr belastend an, wenn man nicht weiß welche Art von Mensch man eigentlich ist.
Noch belastender wird die Situation jedoch, wenn man begriffen hat, dass Körper und Geist nicht miteinander harmonieren.
Da diese Belastungen ein krankheitswerter Zustand sind, hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in den International Classifikations of Diseases ICD 10, Transsexualität unter der Kennung F 64 als behandlungswerte Krankheit eingestuft. (F 64.0 =.Erkennen der Störung in der Adoleszenz und im Erwachsenenalter, F 64.2 =Störung bereits im Kindesalter erkannt.)
Transsexualität, (intensiver Wunsch und die Überzeugung dem anderen Geschlecht anzugehören.)
Das Wort vermittelt den Eindruck als handle es sich dabei um eine sexuelle Spielart. Es lässt im unbedarften Mitmenschen die Vorstellung aufkommen, der/die Betroffene fände mit der "Lust auf das andere Geschlecht" eine sexuelle Alternative, lebe damit eine "Perversion" aus.
Diese Betrachtungsweise ist jedoch zu oberflächlich, vermittelt ein vollkommen falsches Bild und führt zu den allgemein bekannten Missverständnissen.
Als Transsexualität wird die Diskrepanz zwischen biologischem (physischem) Geschlecht und dem subjektiv empfundenen psychischen Geschlecht bezeichnet.
Eine biologische Frau empfindet wie ein Mann = transsexueller Mann (FzM) und ein biologischer Mann empfindet wie eine Frau = transsexuelle Frau (MzF), und beide wollen entsprechend ihrer Empfindung leben, angenommen, akzeptiert und respektiert werden und natürlich auch entsprechend aussehen. Sie wünschen sich einen ihrem Empfinden gemäß gestalteten Körper und möglichst auch die entsprechende Physiognomie des psychischen Geschlechts.
Dazu gehört für eine transsexuelle Frau (MzF) nicht nur Busen und Vagina oder für den transsexuellen Mann (FzM) die flache, möglichst behaarte Brust, der Bart und unter Umständen ein Penis. Es gehört ebenso auch die entsprechend feminine oder maskuline Kleidung dazu, also das Tragen der Kleidung des Wunschgeschlechtes.
Trotz vielfacher (leider oft zu reißerischer und verzerrender) Aufklärung durch die Medien in der heutigen Zeit bestehen immer noch viele Irrtümer und falsche Annahmen, die es gilt auszuräumen, da sie die wahren Gründe für das Verhalten der Transsexuellen (TS) verschleiern.
Um das Wesen der Transsexualität (TS) deutlich zu machen, muss erklärt werden was TS nicht ist:
TS ist kein Fetischismus!
Für einen Fetischisten führen Gegenstände, Objekte oder einzelne Körperteile zu sexuellen Impulsen und Phantasien. Was dabei als Fetisch dient ist individuell stark unterschiedlich. Es können Haare, Füße, Reizwäschestücke, Schuhe, Gummi, Leder, Lack oder die komplette gegengeschlechtliche Kleidung usw. sein.
TS ist kein Transvestitismus (TV)!
Transsexuelle Menschen tragen die Kleidung ihres Wunschgeschlechtes nicht, um sich einen erotischen "Kick" zu verschaffen, wie es die Mehrzahl der Transvestiten tut. Auch nicht um damit Aufmerksamkeit zu erregen oder eine Show zu machen wie es in der künstlerischen Form, der Travestie der Fall ist. Sie tragen die Kleidung ihres Wunschgeschlechtes wie jede/r Angehörige des entsprechenden biologischen Geschlechtes auch.
TS ist keine Travestie!
Travestie ist eine besondere, künstlerische Form der Personenimitation. In der weitaus überwiegenden Mehrzahl werden von homosexuellen Männern weibliche Showstars imitiert. Travestie ist in den allermeisten Fällen noch nicht einmal mit TV konform, denn die meisten "Damenimitatoren" sind froh, wenn sie nach der Vorstellung den "Fummel" wieder ausziehen können.
TS ist keine Spielart der Homosexualität!
Die Betroffenen sind weder Schwule noch Lesben, die mit der Transsexualität ihre Neigung zur Homosexualität verschleiern wollen (auch nicht dürfen, dies ist ein Ausschlussgrund). Liebt eine transsexuelle Frau einen Mann, dann ist sie nicht schwul sondern heterosexuell, oder im umgekehrten Fall; liebt ein transsexueller Mann eine Frau, dann ist er nicht lesbisch.
Heute ist zum Glück allgemein bekannt: Liebe ist eine Sache des Kopfes und der Kopf steuert den Körper. Doch gibt es auch unter TS homosexuelle Beziehungen. Liebt eine transsexuelle Frau eine Frau, dann kann man durchaus von einer lesbischen Beziehung reden, oder von einer schwulen Beziehung, wenn ein transsexueller Mann einen Mann liebt.
Zugegeben, das klingt vielleicht etwas verwirrend, erscheint jedoch plausibel, wenn man das psychische Geschlecht der betroffenen TS berücksichtigt. Auch Bi-Sexualität ist wie bei so genannten "Normalen" eine Variante der sexuellen Wünsche.
Ist Transsexualität gesellschaftsschädigend?
Nein! Nur ein in sich zufriedener Mensch kann seine volle Arbeitsleistung erbringen. Deshalb sind die Kosten für die Geschlechtsangleichung kein unnötig verschwendetes Geld, sondern Investition in die Arbeitskraft eines Gesellschaftsmitgliedes wie bei jeder anderen Krankheit auch. Das Recht auf körperliche und geistige Gesundheit muss Transsexuellen wie allen anderen Menschen auch zugestanden werden.
TS ist keine erotische Spielerei!
Die operative Angleichung an das ersehnte Geschlecht ist letztlich ein schmerzvoller und langwieriger Prozess, den wohl niemand aus lauter Spaß an der Freud auf sich nehmen wird. Sie ist einmalig und lässt sich weder rückgängig machen, noch beliebig oft wiederholen. Alle Transsexuellen hätten es viel lieber, wenn ihr Körper von vornherein ihrem Empfinden entspräche und eine angleichende Operation nicht erforderlich wäre.
Niemand ist freiwillig transsexuell und die Betroffenen legen meist einen langen, schmerzvollen Weg der Selbsterforschung und -erkenntnis zurück, bis sie sich schließlich gefunden haben und ihrer Seele zu ihrem Recht verhelfen. Viele leben aber in Selbstverleugnung, bis zu einem häufig vorzeitigen, freiwilligen Ende.
Ist Transsexualität ist eine Perversion?
Nein! Ein/e Transsexuelle/r will das Geschlecht nicht angleichen um hierdurch höheren Lustgewinn zu erzielen. Nicht selten haben Transsexuelle vor ihrer Geschlechtsangleichung kaum oder keinerlei zwischenmenschlich-geschlechtlichen Beziehungen und nehmen solche erst nach der Angleichung auf.
TS ist keine Geisteskrankheit!
Transsexuelle sind weder wahnsinnig noch verrückt. Die Diagnose der Transsexualität ist weder mit Schizophrenie noch mit Paranoia verbunden. Diese werden ganz im Gegenteil durch die Differenzialdiagnose ausgeschlossen. Was jedoch nicht ausschließt, dass sich Betroffene im Stadium ihrer Selbstfindung manchmal wie schizophren empfinden. (Es war, als liefe ich ständig neben mir selbst her.)
Ist TS eine Krankheit?
Sie ist auf jeden Fall ein Zustand der Krankheitswert besitzt. Eine Heilung im Sinne von auskurieren gibt es nicht, weder durch psychologische oder psychiatrische Therapien, noch durch Anti-TS-Pillen oder Gehirnchirurgie. Der einzige Weg zur "Heilung" ist das offene Leben in der gewünschten Geschlechtsrolle und die Angleichung an das Wunschgeschlecht.
Dies erfordert jedoch vorab eine tiefgehende Aufarbeitung des bisherigen Lebens unter psychologischer Begleitung, um eine positivere Einstellung zu gewinnen und frühere Fehler in der neuen Rolle nicht zu wiederholen. Des Weiteren werden Hormonbehandlungen und aufwendige Operationen erforderlich, die heute glücklicherweise von den Krankenkassen übernommen werden.
Ansonsten ist die Transsexualität ebenso wenig krankhaft wie Homosexualität oder Heterosexualität. Aber auf Grund der bestehenden Gesetzeslage sind die Betroffenen gezwungen die Pathologisierung hinzunehmen. Transsexualität ist weder ansteckend noch übertragbar oder vererblich und über mögliche Ursachen spekulieren nicht nur die Experten. Von pränatalen, biologischen Faktoren über psychische Ursachen, bis hin zu sozialen Einflüssen werden alle Möglichkeiten diskutiert.
Transsexualität ist keine Intersexualität!
Bei Transsexualität besteht der eindeutige Unterschied zwischen körperlichem und geistigem Geschlecht. Bei Intersexualität ist das Geschlecht nicht eindeutig bestimmbar. Hermaphroditismus, Zwittertum. Bei einem von rund 2000 neugeborenen Kindern läßt sich das Geschlecht nicht eindeutig bestimmen. Es gibt sehr viele unterschiedliche Ausprägungen, die auf hormonellen oder chromosomalen Ursachen und Abweichungen beruhen können. Da Eltern und auch Mediziner eine Zweigeschlechtlichkeit meist nicht akzeptieren können oder wollen, wird leider allzu oft von Geburt an in die körperliche und emotionale Integrität eingegriffen, um das Kind als eindeutig männlich oder weiblich aufwachsen zu lassen, ohne die psychische, geschlechtliche Entwicklung des Kindes abzuwarten.
Nicht selten haben daher intersexuelle Menschen in der Folge die gleichen Probleme wie die Transsexuellen, können sich auf Grund der Intersexualität dann jedoch nicht immer auf das TSG und die Standards berufen. Jedoch ist Intersexualität nicht automatisch ein Ausschlussgrund für Transsexualität.
TS ist keine Änderung des Geschlechts
sondern eine Angleichung des Körpers an den psychischen Zustand der Betroffenen. Was für die Umwelt wie ein Wechsel von einem zum anderen Geschlecht erscheint, da die psychische Verfassung der Betroffenen nicht richtig eingeschätzt wird, hat für die TS eine viel tiefer gehende Bedeutung. Die Transformation bedeutet nicht den Wechsel zum anderen Geschlecht, sondern die Vervollkommnung des "Ich" fast im Sinne einer Metamorphose.
TS ist keine Modeerscheinung
Wenn sich auch in den letzten Jahren in immer weiter steigenden Zahlen Transsexuelle zu ihrem seelischen Empfinden bekennen und aus ihrer Isolation heraustreten, kann doch von einer Modeerscheinung nicht die Rede sein. Transsexualität lässt sich nicht als zukunftsweisender Trend vermarkten und die Selbsthilfegruppen haben nicht vor, wie eine Sekte um Mitglieder zu werben. Das Angebot der Selbsthilfegruppen zur Hilfe soll auch nur als Hilfe zur Selbsthilfe verstanden werden.
TS betrifft Frauen und Männer
Bedingt durch das auffälligere Auftreten transsexueller Frauen (MzF) schien es zunächst, als betreffe das Problem TS vorwiegend biologische Männer. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Inzwischen musste die Wissenschaft erkennen, dass es annähernd gleich viele transsexuelle Männer (FzM) wie transsexuelle Frauen (MzF) gibt.
TS ist gar nicht so selten
Die immer weiter fortschreitende Aufklärung der modernen Zeit und das damit allgemein gestiegene Selbstbewusstsein hat vielen Betroffenen die Furcht vor der Öffentlichkeit genommen.
Waren es Mitte der Fünfziger Jahre noch wenige hundert Fälle, so stiegen die Zahlen auf einige Zehntausend bis Ende des vergangenen Jahrhunderts an. Alleine für die Bundesrepublik wird die Häufigkeit vom Verfasser auf 0,3-0,4 %o geschätzt und unter Berücksichtigung einer nicht unwesentlichen Dunkelziffer gar bis über 1 %o.
TS gibt es überall
Es ist nicht zu beweisen, dass es TS nur in Großstädten gibt. So wie sich dieses Problem in allen Bevölkerungsschichten offenbart, so zeigt es sich auch in allen Regionen. Egal ob in der Großstadt, Kleinstadt oder auf dem Land. Da aber das Leben in der Großstadt anonymer ist und dort scheinbar ein toleranteres Klima herrscht, fühlen sich viele TS in diese Wohngebiete gezogen und treten dort auch offener auf.
TS ist nicht auf das Rotlichtmilieu beschränkt
Manche haben immer noch die Vorstellung, solche "merkwürdigen Vögel" gäbe es nur in den Vergnügungsvierteln. Leider verbindet dieses Vorurteil die wahre Transsexualität zum Unmut vieler Betroffener zu Unrecht mit der Prostitution. Sicher lässt sich nicht bestreiten, dass viele TS aus finanziellen Nöten gezwungen werden sich auf diese Weise den Lebensunterhalt zu sichern.
Ignoranz und Intoleranz der Gesellschaft sind aber oft genug die Triebfeder für das Abgleiten in die Subkultur da es immer noch nicht selten ist, dass viele Betroffene nach ihrem Coming-out den Arbeitsplatz und damit den ausreichenden Broterwerb verlieren. So nähren Vorurteile und Ignoranz Intoleranz und Ablehnung.
Diskriminierungsabbau durch Aufklärung.
Es sollte Aufgabe aller Betroffenen sein, immer weiter Aufklärungsarbeit zu leisten. Familie, Freunde, Kollegen und Bekannte während und nach dem Angleichungsprozess immer wieder die Notwendigkeit der getroffenen Entscheidung und der daraus resultierenden Maßnahmen zu erläutern. Fehler, die die Umwelt begeht werden nicht deshalb zur Wahrheit weil sie ständig wiederholt werden. Aber sie verletzen die Betroffenen tief und reißen immer wieder die Wunden auf, die dann nur schlecht heilen wollen.
Spannungen bauen sich auf, die zu seelischen Verstimmungen bis hin zu tiefen Depressionen führen können. Die Betroffenen müssen sich die physische Angleichung an ihre Psyche immer noch hart erkämpfen, bis sie in ihrem sozialen Umfeld die entsprechende Anerkennung finden. Erst wenn die Reaktionen des sozialen Umfeldes sich den Erwartungen der Betroffenen annähern, können sich die seelischen Verspannungen lösen und die Wunden heilen.
Erklärung der wissenschaftlichen Terminologie
Wenn es auch für Außenstehende schwer nachvollziehbar ist; die Betroffenen haben bereits immer in dem von ihnen angestrebten Geschlecht gelebt. Das biologische Geschlecht, die äußere Identität wird zwar geändert. Die innere Identität aber bleibt erhalten. Die äußere Form des Körpers wird deshalb umgestaltet, damit er die innere Identität nach außen repräsentieren kann. Somit verändert sich für die Umwelt die äußere Identität, doch es erscheint ihr die Phase der Angleichung nur als Wechsel der geschlechtlichen Identität, also als Transsexualität. Aber es wird in Wahrheit der psychischen Identität lediglich die physische Identität hinzugefügt. Es ist also nur ein körperliches Hinüberwechseln in die richtige Identität.
Für die Umwelt also "Transidentität", für die Betroffenen schlicht Komplettierung ihrer Identität"
Erschreckend ist die Erkenntnis:
"Anders zu sein als Andere"
Noch erschreckender dann:
"Du kannst dich nicht dagegen wehren"
Du versuchst zu verdrängen;
Du versuchst zu verbergen;
Du suchst Akzeptanz;
Du suchst dein wahres Leben.
Und wenn du es endlich gefunden hast
ist die Überwindung der mittlerweile
aufgebauten Hindernisse
fast unmenschlich quälend.
Doch wenn du dich dann gefunden hast
bist du befreit.
Befreit von Unsicherheit.
Befreit von Einsamkeit.
Befreit von innerer Zweisamkeit.
DU bist DU
Gerda Maria Weiß 0402
Insgesamt habe ich bis heute nur positives Feedback erhalten. Am 12.03.08 kam ich in eine Tagesklinik und bin dort von Anfang an in Frauenkleidung hingegangen - ungeschminkt und ohne Perücke - wohlgemerkt...
Das habe ich bis heute so beibehalten, lediglich meine Kleidung ist etwas femininer geworden und ich verzichte seit einiger Zeit auf die "schützende" Männerjacke, die ich immer über der Frauenkleidung getragen habe - und das nicht nur in der Klinik, sondern auch überall dort, wo ich außerhalb meiner Wohnung hingehe: Geschäfte, Ärzte, Cafés, Baumarkt und was weiß ich noch wohin.
Ich kann Männerkleidung nicht mehr ertragen. Sie ist ein Synonym für die Männerrolle, die ich gespielt habe, ein Synonym für die Unterdrückung meines weiblichen Ichs.
Meist bin ich mit sehr großem großem Selbstverständnis draußen unterwegs, denn ich bin nun einmal eine Frau, die in einem Männerkörper gefangen ist. Meist merke ich nicht mehr, wenn die Leute mich anstarren, bekomme es dann nur von Freunden etc. erzählt, die mit mir unterwegs waren.
Anfang Mai habe ich meinen zweiten Termin in der Endokrinologie, habe die Voruntersuchung also schon hinter mir. Hoffentlich bekomme ich im Mai meine ersten Hormone.
Mitte Mai bin ich mit der Tagesklinik durch und werde spätestens Anfang Juni mit der Wiedereingliederung ins Arbeitsleben starten. Den Outing-Brief habe ich schon etwas abgewandelt und werde mich bis zum Beginn der Weidereingliederung zumindest in der Abteilung, in der ich dann arbeite, damit outen.
Ich weiß nicht, wie dort die Reaktionen sein werden - aber ich habe keine andere Wahl - ich muss da durch. Die Alternative wäre Erwerbslosigkeit und darauf habe ich keinen Bock. Nichts wäre schlimmer, als wenn ich mich in meiner Wohnung verkriechen würde. Wie soll ich dann noch psychisch wachsen? Aber ich denke, wenigstens einige Leute werden dort hinter mir stehen.
Es wird nicht leicht werden, wenn ich dort erstmals als optisches Mischwesen in der Firma aufschlagen werde.
Anfang Juni habe ich dann auch den ersten Termin für die Bart-Laser-Epi im UKE.
Meinem Therapeuten hatte ich den Brief auch zugemailt. Beim darauffolgenden Therapietermin meinte er dann zu mir, dass er sehr beeindruckt von dem Brief sei und ob er für Weiterbildungsmaßnahmen daraus zitieren darf. Ich war erst einmal baff, als ich das hörte. Aber wenn es Ärzten/Psychotherapeuten hilft, künftig Transidente besser zu verstehen, dann darf er natürlich...
Ich hoffe, ich konnte damit auch einen wertvollen Beitrag zum Thema "Outing" leisten.
LG - Steffi
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Joy-Team