Meine Geschichte ...
habe ich hier vor kurzem einer sehr lieben Person hier geschrieben.Nun möchte ich sie hier "veröffentlichen". Ich weiß nicht warum, habe aber das Gefühl, das es mir gut tut. Ich werdet das vielleicht kennen und verstehen. Danke!
Ja, was habe ich erlebt? Darüber könnte ich wohl einen Roman schreiben ...
Anfang der 90er Jahre lernte ich in der Firma eine Frau namens Silvia kennen, die mich auf eine besondere Art faszinierte. Wir waren uns auf Anhieb sympathisch, aber mehr war da erst nicht. Beide verheiratet und mit Kindern, zudem arbeitete sie in einem Standort 90 km weg, da war eigentlich keine rechte Hoffnung. Manchmal sahen wir uns zwei - drei Jahre nicht, hatten aber immer Kontakt per Mail oder Telefon. Manchmal gelang es mir auch, einen gleichen Lehrgang mit ihr zu besuchen oder ein dienstlicher Anlass führte mich zu ihrer Zweigstelle. Das gegenseitige Interesse war einfach da, und mit der Zeit lernten wir uns auch immer besser kennen.
Kurioserweise begegneten wir uns eines Sonnabends in einem Swingerclub, vollkommen zufällig. Natürlich waren wir beide mit Partner da und - vollkommen perplex. Nein, DARÜBER hatten wir uns nie ausgetauscht. Und gingen uns an diesem Abend aber sowas von aus dem Weg ...
Erst eine Woche später konnten wir am Telefon über diese Situation herzhaft lachen.
Immerhin wussten wir nun ein "Geheimnis" von dem Anderen. Natürlich überlegten wir, uns vielleicht einmal zu viert in einem Club zu verabreden. Aber - das wollten wir eigentlich beide nicht!
2003 strukturierte unsere Firma um, Silvia arbeitete nun bei mir in der Hauptverwaltung. Unsere Kontakte wurden nun persönlicher, die gegenseitige Anziehung immer größer. An einem heißen Julitag mittags in meinem Büro passierte es dann, wir lagen uns in den Armen. Und - es fühlte sich richtig an.
Wir begannen eine Affäre, leidenschaftlich, voller Aufregung und Herzklopfen. Es war - verrückter als im Teenageralter.
2004 trennte ich mich von meiner damaligen Frau und zog aus. Meine Ehe war da auch aus anderen Gründen schon zerrüttet. Der Swingerclub war ein naiver Versuch gewesen, sie noch einmal zu beleben.
Bald schon wurde uns die Affäre zu wenig. 2006 trennte sich auch Silvia von ihrem Mann. Es wurde ein großes Drama, er schlug sie, bedrohte sie mit einem Messer, unternahm einen Selbstmordversuch. Eine schwere Zeit für Silvia, die sie für uns auf sich nahm.
Ab 2007 waren wir dann "richtig" zusammen. Wir lernten uns nun im Alltag kennen, - es war einfach Liebe zwischen uns. Wunderbare Jahre folgten, tolle gemeinsame Urlaube, ein erfüllter zärtlicher Alltag, wunderschöne Erlebnisse - das große Glück! Aber - das bekommt man nicht geschenkt, sondern nur geliehen. Und manchmal bezahlt man einen sehr hohen Zins dafür ....
2015 bezogen wir unsere Traumwohnung, mitten im Grünen in der 10.Etage eines Hochhauses mit Blick über unsere ganze Stadt. Damit einher ging es Silvia immer schlechter. Übelkeit, Bauchdruck, Rückenschmerzen .... Es ging von Arzt zu Arzt, Ultraschall, Magen- und Darmspiegelung, mehrere Blutuntersuchungen - nichts wurde gefunden. Dazu der enorme Gewichtsverlust ...
Im Januar 2016 stellte man bei einer geplanten Leisten-OP Metastasen fest. Die Diagnose war niederschmetternd - Bauchspeicheldrüsenkrebs, nicht heilbar, Endstadium. Wie lange haben wir noch?
Drei Monate, vielleicht sechs ...
Ihr wisst vielleicht wie man sich in diesem schrecklichen Moment fühlt. Es reißt einem den Boden unter den Füßen weg. Es war gut dass wir bis dahin noch nicht verheiratet waren. An unserer Hochzeit hielten wir uns fest, sie fand zwischen den ersten beiden Chemotherapien statt und wurde der schönste Tag unseres Lebens.
In all dem Elend hatten wir ein bisschen Glück. Die Chemo schlug gut an, auch wenn Silvia oft schwach war. Im Mai konnten wir für drei Tage eine kleine Hochzeitsreise unternehmen. Als im Juli eine planmäßige Chemopause folgte nutzten wir dies zu kleinen Reisen an die Ostsee und nach Mallorca. Mit welcher Glückseligkeit waren diese Tage gefüllt!
Im September kehrten Metastasen zurück, eine neue Chemo wurde getestet. Silvia wurde immer dünner, wog bei 1,73 m Größe keine 50 kg mehr. Wir freuten uns so auf Weihnachten. Such wenn wir wussten dass es wohl unser letztes gemeinsames sein wird, es wurde ein wunderbares, ganz intimes, sehr frohes Fest.
Ernüchternd war das CT im Januar 2017. Die Chemo wurde nochmal intensiviert - bis Mitte Februar. Schreckliche Atemnot quälte Silvia, in ihrer Lunge wurden 3 Liter Wasser festgestellt. Chemo gab es keine mehr, nur noch die Frage - wo soll es zu Ende gehen ...
An diesem Tag habe ich geheult wie ein Schloßhund. Und Silvia hat mich getröstet, unfassbar. Ironie des Schicksals, am gleichen Tag hat mir meine Tochter erzählt, dass sie schwanger ist ....
Wir hatten uns für zu Hause entschlossen, ein Brückenteam sollte Silvia betreuen. Vorweg genommen, sie kamen nicht, als wir sie brauchten.
In der Nacht nach ihrem 52.Geburtstag lag meine Frau mit glühend heißer Stirn und eiskalten Händen in meinen Armen. Sie erstickte, es war schrecklich. Und doch vergesse ich nie diesen offenen Blick in ihren Augen, als sie mich verlassen musste.
Eine Woche später hatte ich Geburtstag. Ich wollte niemanden sehen an diesem Tag. Irgendwann klingelte es - ein Blumenbote mit einer Strelizie. Jedes Jahr hatte Silvia mir diese geschenkt, auch dieses Mal. Mit einem Brief:
"Mein Rene´, auch wenn ich nicht mehr bei dir sein kann, alles Gute zu Deinem Geburtstag. Deine Silvia"
Ja, seither taumle ich durch mein Leben. Ihr kennt das. Es gibt bessere, es gibt schlechtere Tage. Es werden jetzt 16 Monate, in denen ich viel probiert und versucht habe. Aber mein Leben fühlt sich irgendwie - zu Ende an. Okay, es gibt nur eine große Liebe, ich akzeptiere das. Aber - sie ist nicht gestorben.
Ich bin unendlich dankbar für die wunderschönen Momente, Tage, Wochen, Jahre. Sie leben in meiner Erinnerung täglich fort.
Meine Silvia - ich werde sie immer lieben!
Habt Dank für das Lesen meiner Geschichte.