Da müssten wir vielleicht doch zunächst noch klären, was denn unter "idealistisch-weltanschulicher Betrachtungsweise" zu verstehen ist.
Naja, Weltanschaugen/Betrachtungsweisen die nicht religiös motiviert sind. Aber stimmt schon, es geht wohl auch um Dinge die deutliche weiter unten ansetzen.
Ich denke, wenn Ereignisse unbedeutender werden, heißt das, dass die oder der Betreffende seinen "innere Mitte", seinen "Platz im Leben" gefunden hat und durch äußere Einflüsse weniger "schwankend" wird in seinem So-Sein.
Doch, da stand schon mehr als ein Satz; im Kontext hat sie die These bestätig, daß mit zunehmendem Alter, dem Nachlassen der Physischen Fähigkeiten und dem zunehmenden Annähern an das Durchschnittssterbealter man immer mehr mit sich selbst beschäftigt ist (sehr vereinfacht ausgedrückt) und die man die Geschehnisse um sich herum immer verschwommener wahrnimmt; nicht weil auch die psychischen Fähigkeiten nachließen, sondern weil weltliche Dinge als Folge dieses Prozesses zunehmend unbedeutend wirken.
Je älter man wird, je mehr Lebenserfahrung jemand hat, um so mehr hatte sie / er meist Gelegenheit, seine Überzeugungen und Ideen(Idealismus) an der "Realität" (oder den Gegebenheiten) zu messen - und ggf. zu korrigieren.
An der Sache mit der Realität ist mit Sicherheit was dran; sich damit abzufinden, daß man die Welt nicht ändern kann ist ein Prozess, der gezwungener Maßen, egal wann er einsetzt, ab diesem Zeitpunkt jedenfalls Gültigkeit erlangt, also niemals rückwirkend; daher betrifft diese Erkenntnis alle Menschen ab einem (individuell) bestimmten Alter, auch wenn sie vorher (also als sie noch jünger wahren) vor dieser "Realität" nicht kapituliert hatten, oder aber diese nicht als Realität wahrgenommen haben.
Aber Idealismus hat nicht unbedingt was mit Realität zu tun; das ist doch so, als wenn man ernsthaft annähme durch seine Teilnahme das Ergebnis bei der nächsten Bundestagswahl ernsthaft nachhaltig zu beeinflussen. Man weiß aber, daß dies nur dadurch geschieht, daß viele Menschen an der Wahl teilnehmen; trotzdem kann man nur für sich selbst das machen, von dem meint, daß alle es machen sollten. Idealismus setzt sich so gesehen doch gerade über die Realität hinweg; was ich schon schrieb, man verfolgt ein Ziel auch dann, wenn man mit Sicherheit weiß, daß es nicht erreichbar ist; im "Ideal"fall wäre es perfekt, perfekt aber wird es nie sein. Wenn man diese "Realität" anerkennt und sich danach richtet, hat man seinen "Idealismus" abgelegt.
Heere Ideale sind etwas Wunderbares, sie inspirieren und geben Energie, Widerstände zu überwinden.
Seh ich genau so, wenn es die richtigen sind; das Prinzip des Ideals ist meiner Meinung nach ert einmal wertneutral.
Aber oft muss man irgendwann erkennen, dass nicht alles, zumindest nicht "sofort", zu verwirklichen ist.
Wie gesagt, ich glaube erst wenn man das erkannt hat, handelt es sich um Idealismus; bis dahin ist es Rationalität.
Dann kann man entweder in Manier eines Don Quichotte (weiter) gegen Windmühlen kämpfen oder aber man setzt sich (zunächst mal) kleinere Ziele und geht eher in kleinen Schritten voran.
Und dann gibt es natürlich auch welche, die geben ihre Ideale vollends auf - aus welchen Gründen auch immer.
Klar oder sich wie Gandhi erschießen lassen, weil man (völlig an der Realität vorbei) persönlichen Schutz ablehnt, obwohl halb Indien wegen dieser Teilungsgeschichte hinter einem her ist. Gandhi war für mich definitiv der Prototyp eines Idealisten; und auch noch einer der sehr viel damit erreicht hat.
Die aber eine andere ist, als die "bürgerliche Mittelschicht" VOR 68
Ist richtig, glaub ich; wer 1968 20 bis 25 Jahre alt war, ist heute 64 bis 69 Jahre alt. Die Gesellschaft (und die bürgerliche Mittelschicht) haben sich sicherlich in erheblichem Maße gewandelt, aber die Ziele der Bewegung damals wurden nicht erreicht (sie waren wohl auch nicht zu erreichen). Trotz des Umstands, daß die Ziele nicht erreicht wurden, werden sie von der gleichen Generation heute nicht mehr mit gleicher Vehemenz verfolgt (bzw. überhaupt nicht mehr). Keine Ahnung, ob es daran liegt, daß sich Einstellung an sich oder die Einschätzung über ihre Erreichbarkeit gewandelt hat (ich glaube eher ersteres) aber: Würde der Idealismus von damals fortbestehen, stünde heute in jedem zweiten Schrebergarten eine Rota Fahne mit der Aufschrift "Revolution" (ein Glück, daß dem nicht so ist).
Ich selbst kennen einige, die ihre Ideale nicht aufgegeben, aber modifiziert und in ihr Leben integriert haben.
Man kann ein Ideal nicht modifizieren, genau, wie man ein Optimum nicht verbessern kann.
Jung und wild ist auch völlig in Ordnung. Beim älteren Menschen ist das "Wilde" im besten Fall die Energie, die eine/n zwar immer noch antreibt, aber nicht blindlings voran, sondern überlegt und zielgerichtet.
Na da könnte ich Dich jetzt eigentlich mal nach einem Beleg fragen.
Ich glaube, daß Joschka Fischer ein gutes Beispiel ist: Ende der Sechziger Steine schmeißen und Ende der Neunziger den Krieg gegen Serbien mittragen. Natürlich, er hatte sich sicherlich angesichts der Position des kleineren Koalitionspartners und der Situation auf dem Balkan, wie sie sich seit Beginn der Neunziger Jahre entwickelt hatte, mehr der "Realität" hingegeben; das Ideal niemals Krieg zuzulassen bzw. zu rechtfertigen, hatte er aber abgelegt.