Projektabschluss
Ich erwachte und wollte gleich wieder einschlafen. Das war kein guter Schlaf gewesen, der mich erholt und frisch aus seiner Welt entlassen hatte. Das war böser, hinterhältiger Schlaf, der alles dafür tut, dass du nach dem Erwachen nichts anderes möchtest, als wieder einzuschlafen. Er lässt dich erschöpft und fertig aufwachen und will dass du zu ihm zurückkehrst, damit er dich weiter unter dem Versprechen der Erholung foltern kann. Ich ignorierte meine halbe Erektion, die sich zuverlässig zu jedem noch so unangenehmen Aufwachen einstellte.
Meine Augen klebten, irgendwas in der Luft hatte eine allergische Reaktion getriggert und ich ging ins Badezimmer, das Waschbecken gab mir halt, der Wasserhahn hielt Wort und angenehm kühles Wasser half meinem Gesicht, sich in der Wachwelt wiederzufinden.
Ich spülte den Mund aus, sah meine Haare die in alle Richtungen zu Berge standen und entschied mich gegen die Dusche. Der komische Geschmack in meinem Mund war nur kurz verschwunden und jetzt schmeckte ich ihn wieder. Nicht unangenehm, nur anders, eine unbekannte Präsenz in meiner Geschmackswelt.
Dass ich immernoch in einer Trance war merkte ich daran, dass ich der Kaffeemaschine einen eigenen Willen und ein eigenes Bewusstsein zusprach. In ihrer Welt war diese Uhrzeit komplett falsch, um belästigt zu werden und so entschuldigte ich mich, als ich ihr kaltes Wasser in den Körper kippte, die lärmende Kaffemühle - der ich übrigens kein Bewusstsein zusprach, ich war selektiv in meinen wirren Gedanken - anwarf und das frisch gemahlene Pulver in den Filter gab. Zu meiner Überraschung begann sie sofort, das Wasser aufzukochen. Ich bewunderte ihren eleganten, orangefarbenen Körper, den frischen Kaffeegeruch und die glucksenden und schmatzenden Geräusche, die sie von sich gab.
Bei bestimmten Bewegungen konnte ich sie riechen, ihr Parfum, ihren Körper. Wir mussten uns stundenlang geküsst und aneinander gerieben haben. Meine Zunge glitt über meine Unterlippe und ich spürte die Stelle, an der sie im Spiel zu fest zugebissen hatte. Das war noch im Restaurant gewesen.
Es war ihr Job, freundlich zu mir zu sein. Nicht so freundlich, aber schliesslich war ich Multiplikator und sie für den Verkauf in meiner Region zuständig. Und somit war es auch mein Job, freundlich zu ihr zu sein. Lockeres Business-Networking war unser gemeinsames Ziel, ab und zu flossen Hintergrundinformationen in die eine oder in die andere Richtung und wir hatten kein Problem, uns gegenseitig anzurufen, wenn wir Fragen hatten - ohne Angst, zu stören.
Abitur 21 Jahre später, was sie dann 22 Jahre jünger als mich machte, denn zu meiner Zeit waren es noch dreizehn Jahre Schulzeit gewesen. Und man sah es uns beiden an. Meine dunklen Haare waren von grauen, nein, weissen, Strähnen durchzogen, mein Dreitagebart leuchtete mittlerweile hell, wenn ich ihn zu lang werden liess. Ihre Sportlerkarriere hatte ihr eine drahtige Figur verliehen, schlank und gleichzeitig kraftvoll. Die langen schwarzen Haare waren zu einem strengen Zopf gebunden, wodurch ihr Gesicht betont wurde. Glatte Haut, dunkelbraune Augen, die ich immer als warm empfand.
Es hatte alles sehr harmlos und freundlich angefangen - ich war zum Projektabschluss mit eingeladen worden, als Dank dafür, dass es überhaupt ein Projekt gegeben hatte. “Sprecht doch mal über Finanzprozesse mit Siegerle”, hatte ich bei einem Bier am Rande einer Messe vorgeschlagen. Und ein paar Monate später erzählte sie mir am Telefon von dem Auftrag, was ich allerdings schon von Siegerle wusste. Der Geschäftsführer war hochzufrieden mit dem Projektpartner, mochte die Leute und unterstützte auch in kritischen Situationen das Projekt. Aus dem kleinen Umfang wurde ein grösserer und am Ende waren ein dutzend hoch spezialisierter Berater fast ein Jahr beschäftigt. Ich überschlug den Umsatz und den Mehrwert des Projektes für Siegerle und hatte absolut kein schlechtes Gewissen mehr, hier wegen einer kleinen Randbemerkung in einem Sterne-Restaurant zu sitzen.
Nach dem Essen sassen wir noch, doch irgendwann wurde deutlich, dass es an der Zeit war zu gehen. Überraschend verabschiedete sich ihr Chef sofort nach dem Essen mit den Worten “Bei Lalex seit ihr ja in guten Händen”, an sein Team gerichtet. Das Gefühlt teilten wohl nicht alle, denn irgendwann stand ich mit ihr vor dem Restaurant. “Lust auf Kontrastprogramm?” fragte ich sie und führte sie in Richtung Altstadt.
Wir waren in der “Terrasse” völlig falsch und gleichzeitig genau richtig. Ja, in Anzug und schwarzem Kleid hoben wir uns vom Rest des Publikums ab. Was aber überhaupt nicht auffiel, war unser Altersunterschied, zudem war nur noch in einer ziemlich dunklen Ecke Platz frei, was dazu führte, dass wir aus dem Blick des Publikums verschwanden. Nur die Bedienung hatte uns im Auge und versorgte uns mit Rotwein.
Die Unterhaltung drehte sich um alles Mögliche, Arbeit, unsere nebenberuflichen akademischen Unternehmungen, die gemeinsame Heimat. Das Licht der Kerze flackerte über ihr Gesicht und ich beobachtet fasziniert ihre Gesichtszüge, die von dem Spiel aus Schatten und Licht auf immer wieder unterschiedliche Art unterstrichen wurden. Ihre Augen waren jetzt fast schwarz, sie nippte am Rotwein und bemerkte, dass ich sie beobachtetet. Einen Moment war Stille, doch dann unterhielten wir uns weiter.
Ihr kennt das wahrscheinlich, wenn man sich gut versteht und anfängt, den anderen zu berühren. Ich machte den Anfang, berührte ihren Arm mit den Fingerspitzen, was sie kurze Zeit später erwiderte. Irgendwann legte ich ihr die Hand auf ihre, die auf dem Tisch lag, um eine Aussage zu unterstreichen. Unsere Finger verwanden sich kurz ineinander, und als ich meine Hand, gesellschaftlich korrekt, wieder zurückziehen wollte, hielt sie sie kurz zurück. Ein Sekundenbruchteil, in dem sie mich nicht los liess.
Die Gesprächsthemen wurden intimer, wir begannen über Liebe, Beziehung, Sex zu reden. Keine perversen Geständnisse, sondern wir teilten das, was uns Lust machte. Unsere Wünsche. Ich erzählte ihr von meinen Erlebnissen, sie mir von ihren. Ihre Nasenflügel bebten bei einigen Szenen. Und irgendwann kamen wir zum Thema Macht und Unterwerfung. Wir sprachen über das Vertrauen, das dafür nötig ist, über die Faszination, sich fallen lassen zu können. Bis die Lichter ausgingen.
Die Altstadt war still, leise, aber es war warm. Ich betrachtet ihr Gesicht, als sie neben mir durch die romatischen Gassen ging, bis zu ihrem Hotel.
Sie griff mein Revers, als ich mich verabschieden wollte. Hielt inne. Es war ihr Schritt und ich machte meinen, zog sie an mich. Ab dem Moment, in dem sich unsere Lippen berührten, war die professionelle Zurückhaltung verflogen, die wir trotz der pikanten Themen den Abend aufrecht erhalten hatten. Sie liess keinen Zweifel daran, dass sie Lust hatte. In ihrem Zimmer angekommen wollte sie noch aufs WC, aber ich liess sie nicht.
Ich küsste sie, als sie mir auf die Hand pinkelte, die Beine weit gespreizt. Ich zerrte sie unter die Dusche, wusch sie, sie mich. Sie zu lecken war mir mindestens genau so viel Freude wie mir, ihr Körper war immernoch athletisch, durchtrainiert, gleichzeitig weiblich. Ihr Geschmack brannte sich in meine Nervenbahnen, ihr Orgasmus war kurz und heftig.
Sie ritt auf mir, ihre kleinen Brüste wackelten, sie wollte sich auf mich legen, aber ich hielt sie aufrecht und genoss den Augenblick. Irgendwann fickte ich sie von hinten, hart, legte meine Hand auf ihren Arsch. Sie wusste aus unserer Diskussion, was ich wollte und hielt inne. Wartete. Das laute Klatschen meiner Hand auf ihrem Arsch löste die Situation auf und ich wagte es, weiter zu gehen. Meine Hand hielt ihre Haare, während ich sie von hinten fickte, bis ich ihre Schultern nach unten drückte, auf das Bett, sie an den Hüften griff und sie benutzte.
Sie passte perfekt an meinen Körper, roch gut. Nach Sex, Frau, Lust. Wir schliefen kurz ein, wachten wieder auf von den WhatsApp-Nachrichten ihres Freundes, der wissen wollte, wo sie sei - “Bin im Bett, hab’ Dich lieb”, schrieb sie ihm, während ich meine Zunge in ihren Anus drückte. Sie stöhnte auf und ich werde das Bild nicht vergessen: Ihr Rücken vor mir, sie wirft den Kopf zurück, ihr Zopf tanzt vor mir, während sie sich am Tisch festhält und kommt.
Irgendwann gehe ich mich, ausgefickt, wir beide wund, die Sonne geht schon auf. Ich dusche kurz und falle ins Bett.
Ich erwache und will gleich wieder einschlafen.
Das Handy piept. “Danke - bin im April wieder da. G.”