Leseprobe aus: "Hinter dem Schmerz nichts als Romantik"
Einige von euch haben die Entstehungsgeschichte des Romans hier im Joy beinahe live mitverfolgt, jetzt ist die Geschichte von Gilbert & Claire im Handel erhältlich. Ich danke euch für das überwältigende Feedback. Und jetzt, schnappt euch den Roman! ISBN: 9783757852948Vorher gerne noch ein wenig Einstimmung.
Kapitel 2, 01 Abendessen
Angekündigt wurde er mir am Abend zuvor. Nebenbei. Mit einem Lächeln. Ihr liebevoller Ausdruck, die warme, schöne Stimme. Gewohnheiten und Gelassenheit. Sie kenne ihn aus München. Sonst nichts. Ich tippte auf eine Geschäftsreise, sprach es aber nicht aus. Fehlende Details, so beginnt es oft. Weiterhin keine Andeutungen; nur mein flaues Gefühl im Magen. Sie ließ offen, wer er ist. Jetzt steht er vor unserer Tür.
Ihre Vorbereitung schon am frühen Nachmittag: außergewöhnlich. Ich bemerkte Halterlose, feine Wäsche. Sie schickte mich mit einer kurzen Geste aus dem Schlafzimmer. "Wen treffen wir?", fragte ich. Und bewegte mich hinaus, wie ferngesteuert. Sie sagte: "Weißes Hemd und Jeans reichen. Du brauchst nur zehn Minuten.“ Ich blieb im Türrahmen stehen, irritiert, und wiederholte meine Frage. Sie prüfte den Sitz ihrer Strümpfe, zwinkerte mir zu: „Bereite lieber das Essen vor!" Dann schloss sie die Tür. Jetzt überreicht er mir eine Flasche Winzersekt.
Ich habe mir Mühe gegeben. Sie erwartet keine Hausmannskost. Mein Kochstil passt zu ihren Kapriolen. Wir sitzen aufrecht vor schneeweißem Porzellan und Stoffservietten. Als seien wir erwachsen. Während des Essens bleibt die Spannung erhalten. Mehr als flüchtige Blicke zwischen ihnen gibt es nicht. Sie ist fast schüchtern, ich bemerke ihre Aufregung. Der Gast: eloquent, charmant. Er übernimmt den Abend, routiniert. Hauptsächlich plaudern wir. Er fragt mich aus. Über das, was ich so mache. Das Haus und die Einrichtung. Dieses und Jenes. Durchaus nett. Er berichtet, was er so macht. Als sei es nebensächlich. Kennenlernen. Like an ordinary evening. Dabei reichlich Aufmerksamkeit, keine gespielte.
Zwischendurch, mittendrin, ich bin mir nicht mal sicher, ob ich es mir nicht nur vorgestellt habe, blickt er zu ihr rüber. Eine kurze Ellipse. Messerscharf, aber wie beiläufig performt. Er trifft sie, nicht nur mit seinem Blick. "Den Slip!" Mehr sagt er nicht.
Ich zittere, verstehe, ringe um Fassung. Mein Inneres bleibt unsortiert. Kalt und heiß. Vertrauter Cocktail, serviert, stets mit Ohrfeige. Kein Lieblingsgetränk für Angsthasen. Ich ahne, schweige, zittere weiter.
Sie folgt. Umständlich. Tischmanieren schiebt sie zur Seite. Nervös, konzentriert. Nur dieses eine kurze Kommando, ihre Unterwäsche reicht sie über den Tisch. Er empfängt, lächelt, steckt ein. Seine Zuwendung: Jetzt gilt sie wieder mir. Ich zittere, noch immer.
Er steht auf, kommt mir nah, legt die Hand auf meine Schulter, sonort mild über mich hinweg: "Schh! Ich weiß.“ Den String legt er vor mir auf den Tisch. Schwarze Spitze, wenig Material. Dekoration für meine Verzweiflung. Ich habe es heute Abend sehr genossen. Du bist ein toller Typ, Gilbert. Wir werden uns sehr gut verstehen.“ Ich schwitze, bin bewegungslos. „No worries, du musst heute nicht zusehen. Sie kommt mit auf mein Hotelzimmer." Ohne dass noch etwas gesprochen wird, ohne dass sie sich von mir verabschiedet, verlassen sie wenig später unser Haus.
Copyright: Gilbert Bach. 2023.