Gelesen und gesehen...
...habe ich alle. Mal abgesehen davon, dass m.E. die Besetzung des Christian Grey die größte Fehlentscheidung der Filmgeschichte ist (dieser Hänfling als Dominanzgott
), sind Buch und Film ja ziemlich identisch.
Zunächst mal: Das ist Fiktion. Kein Lehrwerk über BDSM und auch kein Ratgeber, eher eine Aschenputtel Romanze.
Ich lese gerne Bücher mit BDSM Thematik, kenne aber keine, die auch nur annähernd den Zauber einfangen können, den das Thema bietet. Ausnahme sind die zwei Bücher von Sophie Morgan, die eher wie eine Biographie rüberkommen und wo es nicht nur darum geht, Pornos oder Liebesgeschichten mit BDSM Anteilen zu schreiben, sondern wo auch die Verwirrung über das eigene Handeln und die Schwierigkeit, den passenden Partner zu finden seinen Platz findet. Und das auch noch in literarisch guter Sprache.
Shades of grey hat aber in meinem Bücherschrank trotzdem einen wichtigen Platz, denn es kam zu dem Zeitpunkt auf den Markt, als ich damit begonnen habe, den seltsamen Phantasien in meinem Kopf einen Namen zu geben und den Platz zu suchen, wo ich hingehöre. Zum ersten Mal habe ich damals in einer ganz normalen Frauenzeitschrift eine Rezension darüber gelesen. Das war für mich eine Offenbarung! In der FRAUENZEITSCHRIFT; nicht im Pornoladen unter der Ladentheke, den ich als damals wohlerzogene Fünfzigerin nie betreten hätte. Der ersten Band habe ich mir verschämt, heimlich und anonym bei amazon bestellt. Den zweiten Band dann schon mutig an der Kasse eines großen Supermarktes. Shades of grey hat mich bei meinem Selbstouting begleitet und mir Mut gemacht, dazu zu stehen was ich bin und wie ich leben will.
Wenn ich eine seichte Liebesgeschichte lesen will, greife ich immer noch gerne dazu. Und erinnere mich jedes Mal daran, was ich den Büchern zu verdanken habe.
Was mich sehr stört, wie bei vielen anderen Büchern zu diesem Thema auch, ist die sehr laxe Haltung zum Thema Einvernehmlichkeit. Ana hat den Vertrag nie unterschrieben. Kluges Mädchen. Selbst wenn sie das getan hätte, hätte ihm klar sein müssen, dass sie als sexuell völlig unerfahrene Frau die Tragweite dessen gar nicht hätte ermessen können. Sie hat sich nie damit einverstanden erklärt, Christian komplett über ihr Leben bestimmen zu lassen. Was er aber selbstverständlich, gegen ihren Willen, gemacht hat.
Was mich auch stört, ist die Pathologisierung der dominanten Neigung. Aber wie gesagt, Fiktion, kein Ratgeber oder wissenschaftliche Abhandlung. Insofern kann ich da gut drüberweglesen. Als Kriminalkommissar sollte man auch nicht den Tatort allzu gründlich unter die Lupe nehmen.