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Rechtliche Wege gehen

Profilbild. Pic taken by @digitale_reflex in October 2021
********e234 Frau
54 Beiträge
Rechtliche Wege gehen
Hallo Community, ich hätte da mal eine Frage.

Ich hatte ein Fotoshooting mit einem Vertrag und einer vereinbarten Zahlungen, die vertraglich festgehalten wurde.

Ich habe bis heute keinerlei Geld für dieses Shooting gesehen, es wurde natürlich versprochen und bla und blub.

Gottseidank haben wir in Vertrag ausgefüllt und beidseitig unterschrieben, natürlich meldet sich der Fotograf jetzt nicht mehr.

Kann ich dagegen rechtlich vorgehen, und wenn ja, in welches Recht fällt das?

Ich weiß, ist natürlich äußerst dämlich von mir aber ich glaube solche Anfängerfehler gehören dazu.

Ich würde mich um konstruktive Hilfe sehr freuen.

Grüsse
*******Art Mann
10 Beiträge
Hallo SnowWhite234

Erstmal: Ich bin kein Anwalt – also hier keine Rechtsberatung sondern der Ablauf wie ich ihn so ähnlich selbst durchgezogen habe (ich musste eine Firma mahnen, die eine Lieferung nicht vollständig geschickt hatte).

Wenn du die Adresse des Fotografen hast, dann schreibe ihm eine Mahnung. Die schickst du am besten per Einschreiben (Einwurf-Einschreiben genügt).

In der Mahnung musst du den Betrag erwähnen und eine neue Zahlungsfrist setzen, außerdem nimmst du Bezug auf euren Vertrag. Sinnvoll ist natürlich auch ein Bankkonto.

Sollte der Fotograf dann nicht zahlen, kannst du mit einer Kopie des Briefs, dem Sendebeleg, und einer Kopie des Vertrags beim lokalen Amtsgericht einen Mahnbescheid beantragen. Der kostet ca. 35 EUR – die Kosten dafür werden aber dann auch auf deine Forderung an den Fotografen draufgelegt. Sollte der Fotograf dann auf diesen Mahnbescheid nicht reagieren (Widerspruch oder Überweisung), wird daraus dann ein vollstreckbarer Titel. Du kannst dann die Vollstreckung beim Amtsgericht fordern und die kümmern sich dann darum, dass du das Geld bekommst.
Im Falle eines Widerspruchs kommt es möglicherweise zur Verhandlung. Dort legst du Vertrag und deine schriftliche Mahnung vor (unbedingt auch den Absendebeleg aufheben).


Wichtig: Du musst keine schriftliche Mahnung schicken, wenn im Vertrag schon ein festes Datum ausgemacht wurde, zu der die Zahlung zu erfolgen hat. Dann ist der Fotograf schon im Verzug und du kannst direkt zum Amtsgericht. Es ist aber klarer – und spart dir möglicherweise die extra Arbeit – wenn du vorher nochmal schriftlich mahnst.

Viele Grüße
@SnowWhite234
In der Mahnung würde ich auch rein schreiben, dass du ihm bis zur vollständigen Zahlung die Verwertungsrechte an den Bildern enziehst.
Profilbild. Ausschnitt aus "Schattenriss" von 
https://www.joyclub.de/my/1634705.lightartist.html

Oriiginalbild siehe Album.
****a73 Frau
4.086 Beiträge
Ganz normaler Vertrag
So ein Shootingvertrag ist ein ganz normaler Vertrag über die Erbringung einer Dienstleistung bzw. einer Einräumung von Nutzungsrechten. In der Regel werden wir uns hier im Rahmen des BGB bewegen.

Hält sich einer nicht an den Vertrag und erbringt die vereinbarte Leistung nicht, kommt er in Verzug.
Verzug tritt wie oben von s5r3 beschrieben dann ein, wenn im Vertrag ein festes Zahlungsziel vereinbart wurde, das verstrichen ist, oder in einer Mahnung eine angemessene Frist zur Leistungserbringung gesetzt wurde. Bei Geldschulden tritt übrigens auch ohne Mahnung spätestens 30 Tage nach „Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung“ der Verzug ein. Fälligkeit erfordert, daß die Leistung zu diesem Zeitpunkt bereits erbracht ist und ein schriftlicher Vertrag mit klarer Benennung des zu zahlenden Betrages vorliegt (§ 286 Abs. 3 BGB). Gegenüber Unternehmen (z.B. dem Fotografen mit Gewerbeschein) gilt diese Dreissig-Tage-Frist auch ohne weitere Aktion von Dir, handelt es sich um einen normalen Verbraucher (Hobbyfotograf ohne Gewerbeschein) musst Du in der Rechnung/ im Vertrag aber darauf hinweisen, ansonsten ist wieder die gute alte Mahnung erforderlich, was hier als "angemessene Frist" anerkannt wird, richtet sich in den meisten Fällen wieder nach der 30 Tagen ab Vertragsschluss und muß dem Gläubiger nach Mahnungseingang noch etwas Spiel lassen um die Zahlung zu organisieren.

Verträge sind bindend und somit eine gute Grundlage für die Erwirkung eines Titels wie von s5r3 beschrieben.
Allerdings bringt die Vertragsbindung auch mit sich, daß man einen Vertrag nicht einseitig nachträglich ändern kann, für Änderungen ist immer die Einwilligung des Vertragspartners von Nöten.

In der Mahnung würde ich auch rein schreiben, dass du ihm bis zur vollständigen Zahlung die Verwertungsrechte an den Bildern enziehst.

Das kannst Du Dir also sparen. Wenn der Vorbehalt der Nutzungsrechte bis zur Leistung der Zahlung nicht schon im Shootingvertrag steht, kannst Du diesen ohne Zustimmung des Vertragspartners nicht einfach nachträglich hinzufügen.

Solch eine Klausel in einen Vertrag aufzunehmen macht aber durchaus Sinn, das entspricht ungefähr dem Eigentumsvorbehalt in Kaufverträgen.
Genauso ist es sinnvoll die Fälligkeit der Gegenleistung, egal ob eine Zahlung bei Pay oder bearbeitete Bilder bei TfP klar im Vertrag festzuschreiben, denn zum einen ist diese meist kürzer angesetzt als nach 30 Tagen (bei Bildern greift die ja auch nicht), bringt die Frist ohne weitere Rechnung oder Mahnung ins Laufen und hat zum anderen hat sie eine nicht zu unterschätzende psychologische Wirkung.

Ein hochoffizieller Weg an Dein Geld zu kommen wurde ja von s5r3 schon recht ausführlich beschrieben.
Ein anderer führt über Rechtsanwalt (den Du wenn es zu einem Widerspruch und zur Verhandlung kommt meist eh brauchst) oder Inkasso. Das ist bequemer für den Gläubiger und führt meist schneller zu Ergebnissen. Allerdings birgt es auch ein höheres finanzielles Risiko, je nach Vertrag kann der Gläubiger da auf Honoraren oder Gebühren sitzen bleiben, wenn der Schuldner nicht zahlen kann.

Leider sind nicht nur viele Models chronisch pleite. ich habe in den letzten Jahren festgestellt, daß sehr viele Fotografen mehr für Ihre Shootings und die Ausrüstung ausgeben als sie haben. Die so extrem groß tun sind da meist die Schlimmsten. das Risiko, daß der am Ende nicht zahlen kann, da er schon jede Menge anderer Schulden hat, ist also durchaus gegeben.

Problematisch wird das ganze in jedem Falle dann, wenn der Gläubiger kein Gewerbe angemeldet hat oder dieses nicht entsprechend abgesichert ist.
Ohne Gewerbeschein läufst Du bei einem Verfahren Gefahr in den Fokus des Finanzamtes zu geraten, gerne drohen die Nichtzahler auch damit den Gläubiger in diese Richtung anzuschwärzen.
Eine private Rechtsschutzversicherung deckt solche zur selbständigen Tätigkeit gehörigen Verträge in der Regel nicht mit ab.

Leider wissen das viele Fotografen und zielen genau darauf ab, wenn sie ein Model nicht zahlen. Sie wissen, daß viele Models schwarz arbeiten und daher kaum die Möglichkeit haben den offiziellen Weg zu gehen, nicht das Geld besitzen einen Anwalt oder ein Inkassounternehmen an Bord zu holen und meist keine Versicherung haben, die sie hier unterstützt. Diese dummen Dinger brocken uns damit den (mittlerweile leider weit verbreiteten) Ärger mit diesen Abzockerfotografen ein.

Für ein Model mit ordnungsgemäß angemeldetem und versichertem Gewerbe bedeutet das aber meist auch, daß der Schuldner einen riesen Schreck bekommt, wenn er die Zahlungsaufforderung vom Anwalt oder dem Inkasso oder zumindest die offizielle Rechnung bekommt. Meist erkennt er dann, daß er sich verrechnet hat und zahlt ganz fix.

Ich hatte mehrfach Probleme mir Fotografen oder Auftraggebern die nicht zahlen wollten oder nachträglich meinten einen Teil der vereinbarten Gage nicht entrichten zu müssen, die haben aber spätestens nach dem ersten Schreiben, das nicht aus meiner eigenen feder stammte immer anstandslos alles gezahlt.

Also nur Mut, hol Dir Dein Geld!

LG
Kyria
*******Art Mann
10 Beiträge
Hallo Kyria
Danke für deinen ausführliche Antwort – da habe ich auch noch einiges neues gelernt.

Verträge sind bindend und somit eine gute Grundlage für die Erwirkung eines Titels wie von s5r3 beschrieben.
Allerdings bringt die Vertragsbindung auch mit sich, daß man einen Vertrag nicht einseitig nachträglich ändern kann, für Änderungen ist immer die Einwilligung des Vertragspartners von Nöten.

In der Mahnung würde ich auch rein schreiben, dass du ihm bis zur vollständigen Zahlung die Verwertungsrechte an den Bildern enziehst.

Das kannst Du Dir also sparen. Wenn der Vorbehalt der Nutzungsrechte bis zur Leistung der Zahlung nicht schon im Shootingvertrag steht, kannst Du diesen ohne Zustimmung des Vertragspartners nicht einfach nachträglich hinzufügen.
Das war mir nicht klar, aber was du schreibst leuchtet ein. Ist die rechtliche Wirkung aber nur neutral und nicht gleich negativ, würde ich es dennoch noch dazu schreiben (vielleicht wirkt es ja auf den Fotografen...)

Viele Grüße
Simon
Profilbild. Ausschnitt aus "Schattenriss" von 
https://www.joyclub.de/my/1634705.lightartist.html

Oriiginalbild siehe Album.
****a73 Frau
4.086 Beiträge
kein wildes Säbelrasseln
Ist die rechtliche Wirkung aber nur neutral und nicht gleich negativ, würde ich es dennoch noch dazu schreiben (vielleicht wirkt es ja auf den Fotografen...)

Ich wäre da sehr vorsichtig.
Etwas nicht zulässiges trotzdem zu tun wird schnell als Versuch den anderen zu Übervorteilen ausgelegt und bringt Zweifel an der Seriosität auf. Vieles im Vertragsrecht ist Auslegungssache und im ermessen des Richters. Geht das ganze vor Gericht, kann es sich also durchaus negativ auswirken.
In Verträgen können sich unwirksame Punkte sogar sehr negativ auswirken, denn nach § 139 BGB führt die Teilnichtigkeit eines Vertrages grundsätzlich zur Unwirksamkeit der ganzen Vertrages. Abhilfe schafft hier jedoch die Aufnahme einer Salvatorischen Klausel im Vertrag.

Ich komme ja aus der Juristerei, man sollte als Laie da nicht rumdoktern sondern sich wirklich Hilfe bei einem Fachmann (Anwalt) holen, sonst fliegt einem das ganz schnell um die Ohren.
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