Mensch nein. Mensch JA!!!
Die Autorin Elaine N. Aron beschreibt in ihrem Buch "Sind sie hochsensibel?" das Phänomen, daß wir Hochsensible (Verzeihung bezüglich der Verallgemeinerung), je länger wir zwischenmenschlich eine Phase der (ja so oft notwendigen) persönlichen Einkehr und des Rückzugs eingelegt haben, umso anfälliger für "Flirren" und schnelles Verlieben sind.Als Gründe dafür führt sie u.a. unsere Tendenz zur Entgrenzung (Distanz/Nähe-Verhalten), teilweise geringes Selbstwertgefühl und schnelle nervliche Übererregung (durch die Abstinenzphase erst recht hypersensibilisiert) an.
Ich stelle fest, daß uns das (leider) wirklich oft passiert:
Auf der einen Seite gehen uns Menschen (ganz allgemein) in Zeiten von hoher Anspannung und Überforderung buchstäblich "auf die Nerven". Der Joyclub selber ist da quasi eine Art "Miniaturkosmos": Irgendwann mögen wir keine Gesäße, Dekolletés und rasierte Herrenoberkörper verbunden mit Schnellpaarungsgesuchen mehr sehen. Im echten Leben braucht es kein überfülltes Restaurant mehr, sogar eine normal belebte Fußgängerzone ist dann schon zuviel.
Folge: Die hochsensible Schnecke zieht sich in ihr Häuschen zurück. Die schnöde Verdinglichung der Welt wähnt schier unerträglich, die garstigen Menschen scheinen alle nur noch oberflächliche Beziehungen zu führen - und fühlen sich damit auch noch pudelwohl...
Da hilft nur Pause, Reizeinfallstore schließen, Regression, Ruhe und Besinnung auf sich selbst...
Dann wiederum wächst auf der herrlichen Insel des Selbstrückzuges irgendwann doch wieder der Wunsch, sich mal wieder mit "wirklich interessanten" Menschen zu umgeben. Beinahe wunderlich kommt man sich selbst irgendwann vor, in der erwählten Hochsensiblen-Einsiedelei... Das kann auf Dauer für einen empfindsamen Charakter auf Dauer doch auch nicht gut sein; düster droht die Depression am Horizont...
Also gut, begeben wir uns wieder ins Außen.
Die Fußgängerzone: Nein - was für eine überbordende Fülle da auf uns einströmt, Farben, Düfte, Klänge - und dann all diese faszinierenden, höchst unterschiedlichen Menschenkinder jeder Façon, Hautfarbe, Genders u.v.m...
Der Joyclub - plötzlich scheint er ein prallbuntes Sinnbild des mopsfidelen, sinnlichen Daseins daselbst zu sein (wie konnte man sich da nur so lange aus der Gleichung nehmen?).
Spätestens beim Gewürztee im offenen Treff (aber es tut auch die Kassenschlange oder ein Wartezimmer) ist es dann so weit: Da lächelt jemand zurück, da ist ein gepflegter, freundlich dreinblickender Mensch, man teilt ja schon den gleichen Kontext, ach, das ist ja ein Netter, ob es da noch mehr Übereinstimmung gibt...
WHÄM!!! Rote Ohren, Tagträume, Bindungssehnsucht, Wunsch nach ein wenig warm-verständnisvollen (mit-)Menschelns...
Würden wir jetzt angesprochen (respektive angeschrieben...) wär's um uns geschehen...
Zahlreiche gute Selbstwahrungsvorsätze würden eventuell aus Erwartung, Compliance und hoch angestiegenem Vakuum im Gefäß "Zwischenmenschliches" jetzt von uns wider aller vermeintlich eingeübten Strategien nur allzu schnell über Bord geworfen, denn zu fühlen ZU FÜHLEN, hach, das ist doch das Größte, für so ein feingestimmtes Instrument wie uns...
Bis zum nächsten Kater.
Respektive: Harte Landung in der Wirklichkeit.
Scham vor sich selbst (wiedernichtgutgenugaufmichaufgepasst; wollteichdocheigentlichnächstesMalbessermachen...).
• Habt Ihr für Euch ein gutes Umgehen damit entwickelt?
• Wie haltet Ihr die Balance zwischen Einkehr/Rückzug und Außenweltkontakt?
• Wie kann man den steil ansteigenden Gradienten nach menschlichem Kontakt ein wenig einfangen/erden?