Ok, dann ich mal:
ich hatte eine grauenhafte Schwangerschaft. Ich habe sie als absolut traumatisch erlebt und die Erinnerungen daran verfolgen mich heute - 1,5 Jahre nach der Geburt meines Sohnes - noch immer.
Ich hatte ab der 21. Woche vorzeitige Wehen und habe den Rest der Schwangerschaft liegen müssen. Sehr viele Wochen auch in verschiedenen Krankenhäusern.
Ich sitze hier morgen früh noch, wenn ich alles beschreibe, was mir so zugestoßen ist und vor allem, als wie beängstigend und absolut lähmend ich das alles als HSP erlebt habe. Die Angst um mein Kind hat mich fast zerstört innerlich in dieser Zeit.
Natürlich habe ich meinen Körper in all der Zeit kristallklar bis in die letzte Zelle hinein gespürt, ich wusste sofort, wenn wieder etwas nicht stimmt...
Ich habe außerdem unter dem Verlust gelitten, den ich spürte, weil ich das Schwangersein keinen Moment lang genießen konnte.
Nach einer Kaiserschnittgeburt, die glücklicherweise nicht vor der 38. Woche stattfinden musste, sodass es meinem Kind gut ging, die ich aber als ebenfalls traumatisch erlebt habe, weil die PDA bei mir kaum gewirkt hat und ich alles mitbekam... hat mich ein solches Chaos an Gefühlen überwältigt, dass ich die ersten Wochen wie hinter einem dichten Schleier wahrnahm.
Ich hatte das Gefühl, keine Beziehung zu meinem Kind zu bekommen. All die Wochen und Monate der Angst, während denen ich mir verbat, mein Kind zu lieben weil es mir jederzeit drohte, genommen zu werden... das saß zu tief.
Mein Partner hatte von Anfang an einen sehr viel besseren Draht zu dem Kleinen, was mich tief verletzt hat und mir meine vermeindliche Unfähigkeit vor Augen führte.
Natürlich nennt man so etwas eine postnatale Depression und nach alledem, was ich durch hatte, war das nicht verwunderlich.
Wir haben uns langsam gefunden, mein Sohn und ich.
Und dennoch, bis heute bin und bleibe ich die Dünnhäutige, die, die oft nicht mehr kann, die, die mal laut wird, die, die mehr Auszeiten braucht.
Das typische für HSPler ist die niedrige Schwelle der Überreizung. Ein Kind weiß nicht, wann es solche Grenzen überschreitet. Wenn es seine Trotzphasen hat, dann hat es die. Es schreit, dass ich mich vor körperlichen Schmerzen krümme, es brüllt, es ist seine ganz eigene Persönlichkeit. Von der ich mich nicht distanzieren kann, denn er ist zu 100% auf mich angewiesen. Mein Sohn - wen überrascht das - ist sehr fordernd, wenn es um Nähe und Aufmerksamkeit geht. Er läuft mit 15 Monaten noch nicht, will aber überall hin. Was er will, will er prompt und sofort. Es fällt mir schwer, mich davon abzugrenzen. Er überschreitet natürlich ständig die Grenzen des für mich eigentlich akzeptablen.
Er gönnt keine Pausen.
Und Pausen sind für HSPler sehr wichtig, essentiell, könnte man sagen. Ein Kind wird aber ohne Rückzugsmöglichkeit geliefert.
Manchmal denke ich "Was für eine Wahnsinnsidee von mir, ihn mir zu wünschen!" und dann verfluche ich mich für meine Dünnhäutigkeit, für meine fehlende Belastbarkeit, für mein Bedürfnis nach mehr ICH.
Er ist ein tolles Kind und ich hoffe, zum Teil ist das auch mein Verdienst. Ihn leiden zu sehen ist für mich wirklich eine unglaubliche Herausforderung, ja. Da geht es mir wie whisper_melody.
Oft tut es mir sehr leid, dass ich denke "Noch zwei Minuten so weiter, und ich ertrage das nicht mehr."
Ich habe auch ein Wachstum an mir bemerkt, natürlich. Zwangsläufig. Ich kann viel mehr und viel länger, als ich gedacht habe. Dennoch: wenn mein Partner nicht die Nächte übernehmen würde, wenn ich nicht mehr kann (Schlafbedürfnis, ein weiteres typisches HSPler-Ding), wenn er nicht früher von der Arbeit käme wenn ich einfach nach einem besonders anstrengenden Tag nicht mehr kann... ich weiß nicht wie ich es durchstehen würde.
Ich brauche nicht hinzuzufügen, dass ein zweites Kind für mich nicht in Frage kommt, oder?