Dieses Auskosten der Vorweihnachtszeit und die schönen Gefühle dabei sind mir leider von der Familie nicht mitgegeben worden. Meist war es eine furchtbare Streßzeit mit Erwartungshaltungen, Regeln, straffes überzogenes Zeitmanagement durch die Mutter, Geschenke verpacken und diese dann bei Bekannten und Verwandten abgeben, resp. austauschen, Pflichtbesuche etc. pp.
Zusätzlich hatte Mutter eine ganz merkwürdige Eigenart jedes Weihnachten regelrecht zu einer Art Feldzug zu machen.
Sie hatte ja soviel zu tun. Plätzchenbacken, Wohnung auf Hochglanz bringen (wehe, jmd lief dann über den frisch gesäuberten Teppich oder ließ schon 2 Wochen vorher unnötig Krümel fallen...), Geschenke verpacken und
immer alles ganz alleine organisieren. Das war allerdings selbstgemachtes Leid, weil sie aber auch nichts delegieren konnte. Selbst das weihnachtliche "gemeinsame" Basteln wurde jedes Jahr erneut ein Fiasko. Details würden hier eher abschrecken ...
@****ami - ja, so in etwa war das bei uns auch. Nur mit dem Unterschied, dass wir stundenlang vor verhangener Tür zum "Bescherungszimmer" in von Mutter ausgesuchten "schönen" Sachen vor der verschlossenen Tür hocken mußten und nichts anderes mehr unternehmen durften als warten ("das erhöht die Spannung"). Wenn dann das Glöckchen klingelte, erwartete uns eine angespannte verschwitzte "Weihnachtsfee", bewaffnet mit Filmkamera und Anweisungen wie wir uns wo und wann hinzustellen hätten, wann wir was wie von wem auszupacken hätten, damit sie alles auf Zelluloid bannen konnte (für den Fall, dass sich irgendwann mal irgendjemand die Filme hätte anschauen wollen...). War ich zu schnell mit dem Auspacken und sie hatte möglicherweise ihr Hauptaugenmerk auf das Filmen des kleinen Bruders gelegt, mußte ich doch tatsächlich wieder alles einpacken und sobald die Kamera auf mich gerichtet war, mit einem fröhlichen und erwartungsvollen Blick alles erneut auspacken....
Zum Essen gab es Würstchen und Kartoffelsalat - meist vorher. Sie stahl sich dann meist schon vor Beendigung des Essens ins Wohnzimmer "um das Christkind zu begrüßen"....
Fakt war: Nachdem die Weihnachtszeremonie vorbei war und ich entnervt versuchte in meine Stammkneipe zu entkommen (was mir altersbedingt erst nach Jahren vergönnt war), wurde es dann ruhiger; Treffen mit Freunden, die auch froh waren entkommen zu sein, Quatschen, Lachen und wieder "runter kommen"... Weihnachten war für mich sozusagen traumatisch, sodaß ich damit an sich auch nichts mehr zu tun haben will. Später wurde es mit Kind dann etwas schwierig und ich mußte mir etwas einfallen lassen, damit er wenigstens eine gute Tendenz zu Weihnachten entwickeln konnte. Hat scheinbar gut geklappt; er liebte es immer mit den Katzen den Weihnachtsbaum zu schmücken (er hängt die Kugeln dran und das Lametta, die Katzen nahmen es wieder ab), mit mir die Küche zu verwüsten wenn wir Plätzchen gemeinsam backten und natürlich jede Menge Teig naschten und nach einer kleinen Bescherung mit mir gemütlich auf dem Sofa zu kuscheln und bei einem Film langsam auf meinem Schoß einzuschlafen.... Er lebte mit mir in etwa das Weihnachten, das ich mir damals gewünscht hätte....
In der Weihnachtszeit versuche ich nicht zu sehr nach den anderen hell erleuchteten Fenstern zu schielen, in dem Wissen, dass man Weihnachten auch anders feiern kann. Es tut weh, dass mir jahrzehntelang solch Momente quasi vorenthalten oder kaputt gemacht wurden.
Ich habe schon bei anderen kurz in deren Weihnachten reinschnuppern können, liebevoll und auch traditionell geschmückte, riesengroße Tannenbäume, bunte Geschenke und eine Atmosphäre der Harmonie, Liebe und vor allem der Gelassenheit und Ruhe erleben dürfen. Meist bin ich dann ganz schnell wieder weg, weil ich das alles nicht ertragen kann.
In solchen Momenten suche ich mir eine ruhige Kapelle, mache zwei Kerzen an und halte stille Gespräche mit meinen beiden Großmüttern, die mir von der ganzen Familie wohl als einzige wirklich wohlgesonnen waren. Meist laufen die Tränen dann von ganz alleine und ich fühle mich danach furchtbar verlassen, aber auch wieder stark genug weiter zu machen. Meine beiden Omas, meine Schutzengel, deren Liebe ich immer noch spüre - auch wenn sie schon lange tot sind. Das, was sie mir damals kaum haben zeigen können oder dürfen, wirkt heute noch nach.
Weihnachten - das Fest der Liebe, der Gemeinsamkeit, des gemütlichen und harmonischen Miteinanders - für andere ja, für mich nicht mehr.
Am liebsten ist es mir, wenn Weihnachten auf ein Wochenende fällt, dann ist es "schneller vorbei"
. Alles andere kann ich inzwischen relativ gut ausblenden.
Egal bei welchem Wetter werde ich am Strand spazieren gehen, mache danach meinen Kamin an und schaue mal, ob ich auch noch andere Sendungen im Fernsehen finde als weihnachtliches Vorgeplänkel oder die üblichen Weihnachtsfilme. Ein Buch tut es auch - aber bitte: Ich will nicht schnuppern wie gut das (Weihnachten eben) schmecken könnte....
Ob ich überhaupt noch "so richtig" Weihnachten feiern könnte?
- weiß nicht. Die Frage ist wohl ob ich wollte und ob da überhaupt jmd ist mit dem ich es mir vorstellen könnte.
Ooops, jetzt hab ich doch wieder viiiiel zu viel geschrieben. Nein, ich jammer nicht; alles ist gut so wie es ist - klar, es könnte anders sein, aber ob das gleichzeitig besser ist, weiß ich nicht.
@ danny
Weihnachten ist, selbst als langer Single, wie jedes Jahr ein Tag wie jeder andere, wo ich all das tue, was ich sonst auch an einem Wochenende tue, bis auf den Genuss, zurücklehnend den anderen beim Stress und deren Hektik genüsslich zusehe.
Da gehe ich mit.