Dabei habe ich noch nirgends gesehen so was wie: "Verhalte Dich so, dass Du Dich nicht entschuldigen brauchst"
Wieso soll ich mich so verhalten, dass ich mich nicht entschuldigen brauche? Das würde bedeuten, dass ich meine eigenen Bedürfnisse bzw. meine eigene Freiheit zugunsten des Wohlwollens anderer aufgebe.
Wer sich (schnell) entschuldigt, hat gar kein Interesse, sein Verhalten zu ändern.
Das sehe ich anders. Wer sich schnell entschuldigt, weiß oftmals nicht, was er denn getan haben soll, was die andere Person nun als Verletzung auffasst. Also ist der Verletzende auch nicht in der Lage, sich ausführlichst in die andere Person hineinzuversetzen und "sich zu entschuldigen". Und so kommt es nun mal zu jenem schnellen "'schuldigung!". Es ist schlichtweg eine Äußerung der Hilflosigkeit, weil man nicht weiß, wie man mit der verletzten Person umgehen soll. Wer hat auch schon gelernt, sich in andere einzufühlen und Empathie zu üben in einer solchen Situation?
Es ist leichter, sich zu entschuldigen, als über sein Verhalten nachzudenken und einen Änderungsprozess bei sich selber zu starten.
Ich habe da eine etwas andere Einstellung zu. Ich finde, dass es letztendlich die Gedanken der "verletzten" Person sind, die dazu führen, dass sie sich verletzt fühlt und nun eine Entschuldigung fordert.
Wenn ich 4 Wochen lang nicht mit meiner Mutter telefoniert habe, weil ich keine Zeit hatte, fühlt sie sich auch verletzt. Warum fühlt sie sich verletzt? Weil sie denkt, dass sie mir nichts mehr bedeutet, dass andere Menschen mir wichtiger geworden sind, etc. pp.
Eine Mutter, die ein gesundes Selbstbewusstsein hat, wird sich bei 4wöchiger Anruf-Abstinenz des eigenen Kindes vielleicht sogar freuen, dass sie mal nicht die Ohren vollgeheult bekommt mit den Problemen der jüngeren Generation. Und vielleicht wird sie sich freuen, dass das Kind immer wieder an sie denkt und sich meldet.
Das nur als Beispiel, wie die eigenen Gedanken dazu führen können, dass man verletzlich wird.
In vielen Situationen sehe ich definitiv nicht die Notwendigkeit, mich zu entschuldigen. Vielmehr spreche ich dann mein Bedauern aus, dass die entsprechende Person mein Verhalten offenbar als Verletzung empfunden hat. Ich versuche dann, empathisch zu reagieren und herauszufinden, was mein Gegenüber gebraucht hätte.
Aber wie ich schon schrieb, ist meiner Meinung nach letztendlich die verletzte Person dafür verantwortlich, ihr Denken ggf. so zu ändern und alte Vorstellungsmuster zu bearbeiten, dass sie eben nicht mehr so schnell verletzbar wird und gelassener mit ihrer Umwelt und den Menschen, die darin leben, umgehen kann.