Der Titel des Forums
ist sicher auch nicht wörtlich zu nehmen. Es geht sicher nicht um Kunst, die bestimmten Bildungszielen unterworfen ist.
Ich würde es mal ganz einfach so sehen, dass alle Kunst, die meinen Blickwinkel erweitert, meine Gefühle bereichert, meine Stimmung verändert, mir andere Facetten zur Darstellung des Lebens vermittelt, mein Wissen über Techniken und Bildkompositionen erweitert, zur Entwicklung und Horizonterweiterung beiträgt. Ab diesem Moment, wo das erfüllt ist, passt es hier rein.
Also auch ein Landschaftsbild oder Portrait, bei dessen Anblick ich mich einfach nur entspannen kann, Freude empfinde oder eigenen Gedanken hinterherhängen kann, würde für mich dazu gehören. Auch wenn der Maler kein vordergründiges Ziel verfolgt hat.
Und genau an dieser Stelle finde ich Kritik interessant: So verstehe ich auch das, was dee sagt. Es ist einfach interessant, was andere Menschen empfinden. Und vielleicht auch, wodurch es ausgelöst wurde.
Ich erinnere mich gerade an eine Begebenheit aus meiner Schulzeit.
Ich wanderte mit meiner Freundin durch eine Kunstausstellung und entdeckte einige Bilder, die mich total faszinierten: "Bengalische Familie" und "Studentenzimmer". Daneben ein Zettel an der Wand "Reinhard Hevicke bittet zum Gespräch". Lange sog ich die Bilder wortlos in mich hinein. Je länger ich schaute, desto mehr wuchs meine Begeisterung über die Komposition, die Farben, über viele Details.
Als der Maler dann erschien, bekundete ich ihm meine absolute Wertschätzung und offerierte ihm alles, was ich sah.
Er war ganz still, hörte aufmerksam zu und als ich fertig war, sagte er zu mir in etwa: Was du siehst, freut mich. Aber ich habe mir all das gar nicht überlegt. Ich habe einfach nur gemalt.
Natürlich mindert das nicht das Ergebnis. Es gibt Naturtalente. Ich habe durch diese Bilder, obwohl ich sie später nie wieder zu Gesicht bekommen habe, so viel Schönes bekommen, dass ich noch heute eine Bildbeschreibung aus dem Kopf heraus machen könnte.
Und, obwohl der Maler vorgab, nichts zu bezwecken, habe ich durch ihn ein Stückchen mehr von dieser Welt verstanden.
Manchmal verstehen wir die Wirklichkeit erst durch die Kunst. Dort wird weggelassen, hinzugefügt, überspitzt, Dinge neu in Beziehung zueinander gesetzt, die wir so bisher nie wahrgenommen hatten.
Eine gute Kunstkritik befruchtet nicht nur den einen Künstler, sondern die ganze Betrachtergemeinde, also auch viele andere Künstler. Alle guten Künstler brauchen das und erreichen erst durch eine differenzierte Widerspiegelung neue Perfektion.
Kritik sollte aber nicht urteilen und schon gar nicht verurteilen. Sie sollte auch nicht so tun, als wäre sie objektiv. Kritik kann immer nur subjektiv sein, weil sie aus der Relation von Wissen und Können des Betrachters und des Künstlers entspringen.