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Ist Dominanz erlernbar?

Wege zu einer verantwortungsvollen Führung

"Dominant bist du, oder eben nicht!" Diese Aussage mag nicht ganz falsch sein und ist doch eine achtlose Verkürzung. Meine steile These: Jeder Mensch ist grundsätzlich dominant, nur nicht immer. Wer glaubhaft oben spielen will, sollte gerade im BDSM mehr zu bieten haben. Doch keine Angst vor neuen Ufern: Die Eigenschaften dahinter lassen sich erlernen.

Von Thymos_Emm

Dominanz ist der Blick von außen

Steht ein Mensch morgens im Bad, betrachtet sich im Spiegel und stellt zufrieden fest: "Wow! Ich bin heute wieder sowas von dominant!" Abgesehen von der selbstgefälligen Komik dieses Szenarios, wird es so natürlich nicht eintreten. Warum? Weil man sich selbst gegenüber nicht dominant ist. Das klappt so wenig, wie sich selbst zu kitzeln. Doch warum eigentlich nicht? Ganz einfach:

Dominanz ist zwar eine Spiegelung, aber immer nur von anderen, nie von einem selbst.

Wer in diesem Sinn in bestimmten Situationen durch sein Auftreten als dominant wahrgenommen wird, hat gute Chancen, von anderen zunächst als Alphamännchen – oder -weibchen – gelabelt zu werden. Das kann positiv oder negativ ankommen. Ton und Attitüde machen wie immer die Musik. Nach vorherrschender Meinung gilt als dominant, wer anderen gegenüber bestimmend auftritt. Das ist zwar richtig, jedoch viel zu kurz gegriffen, da das allein noch niemanden automatisch als Macher ausweist.

Macht ist ein universelles Gefühl

Wir alle sind Gestalter. Im Normalfall gestalten wir zumindest unser eigenes Leben so, wie es die Umstände zulassen. Und da zu unserem Leben immer andere Menschen gehören, beeinflussen wir in bestimmtem Umfang auch deren Wege mit. Übertragen auf BDSM bedeutet das zum Beispiel, dass in einvernehmlichen Verbindungen immer die sogenannte passive Seite verbal oder nonverbal ihr Okay gibt, ob zu einem gewissen Zeitpunkt überhaupt etwas passiert. Dieser Akt des freien Willens dominiert den Moment.

So gesehen ist jeder, der etwas so Wesentliches wie seine Spielbereitschaft als Sub erklärt, zunächst einmal der eigentliche Chef bzw. die eigentliche Chefin im Ring. Wer oben spielen will, dem sollte das bewusst sein. An diesem Punkt herrscht immer die gleiche Augenhöhe, beide sind zu diesem Zeitpunkt dominant, jeder an seinem Platz. Daher ist ein selbstsicherer Auftritt des Tops, genauso wie die selbstbewusste Unterwerfung des Gegenübers, immer nur das Entrée zu einem gemeinsamen Spiel, nie mehr.

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Ist Dominanz erlernbar?
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Was macht unverfälschte Dominanz aus?

Die vereint in sich zum Beispiel dominante Körpersprache und überzeugende Rhetorik mit der Fähigkeit zu geschicktem Führen und gezieltem Manipulieren, und das zur Lust beider. Dabei gilt es zu beachten, im Spielrahmen zu bleiben und sich sein – hoffentlich – großes Herz zu bewahren. Spielrahmen bedeutet, nur anzubieten, was du tatsächlich beherrschst.

Dominante Körpersprache steht zum einen für "Ich mache mir Platz, wo eigentlich keiner ist", zum anderen für "Schau, ich bin dynamisch, offen und positiv geladen!" Am besten kommen ausgeprägtes Territorialverhalten und selbstbewusste Körperlichkeit an, wenn sie dem Anspruch unserer zivilisierten Kultur entsprechen und möglichst weit weg von tierischem Habitus aufscheinen.

Überzeugende Rhetorik spielt mit dem, was unsere Sprache hergibt und das ist eine ganze Menge. Der Imperativ – "Knie nieder!" – ist nur eine Grundfigur im Sprachkunstkoffer eines erotischen Anführers. Durch ein sinnliches Gespräch so zu navigieren, dass der oder die Sub das Gefühl hat, von den Worten durchs Spiel getragen zu werden, verzaubert den Moment und macht Dom oder Femdom groß.

Führen nur als autoritäres Erteilen von Befehlen zu verstehen, macht Tops hingegen klein, weil es inhaltlich meist leer ist. Liebevolles Führen dagegen verlangt neben Vorbildhaftigkeit ebenso Zuhören und Güte sowie Strenge und Konsequenz.

Und unter Manipulation im BDSM-Kontext verstehe ich nicht mind control, sondern trickreiche Überzeugungskraft fürs kinky Miteinander, nicht fürs egozentrische Gegeneinander. Taktisches Vorgehen macht jedes Spiel erst so richtig interessant. Eine unverfälschte Dominanz ist charismatisch und kompetent zugleich.

Dom und Sub in der Absprache vor einer Session
Dom und Sub in der Absprache vor einer Session
 

Dominanz heißt Geben

Es ergibt keinen rechten Sinn, über Dominanz zu sprechen, ohne das Thema Macht als solches wenigstens kurz zu streifen. Unsere Macht als Aktive ist nicht absolut, nein, sie ist immer nur eine Leihgabe auf Zeit von der oder dem Sub. Unser Ticket muss immer wieder neu ausgestellt werden, weil die Unterwerfung freiwillig und vor allem nie statisch ist:

Je größer die Abhängigkeit, desto größer die Macht, je geringer die Abhängigkeit, desto geringer ihre Kraft.

Das gilt übrigens für beide Seiten. Macht ist das unsichtbare Fluidum, das dir ganz schnell durch die Hände rinnt, wenn du als Top deine Rolle nicht ausfüllst. Das relativiert das erotische Herrschertum, stimmt’s? Ich sage ja, jeder Mensch ist auf seiner Ebene machtvoll.

Da wir, gleich, ob oben oder unten, für uns gegenseitig sexuelle Erfüllungsgehilfen sind, gilt das Credo: Nur wer viel gibt, kann viel verlangen. Insofern definiert sich für mich der Begriff der Abhängigkeit in Bezug auf unser Treiben immer aus dem Grad der Erfüllung von Bedürfnissen. Macht auszuüben heißt Bedürfnisse zu stillen, die eigenen wie auch die des Gegenübers.

"Dominant bist du, oder eben nicht?"

Ich halte fest: Wer dominant ist, entscheidet niemand selbst, sondern immer andere. Macht ist eine Leihgabe und nie statisch, weil sich das sensible Gefüge zwischen Top und Bottom schnell aufgrund veränderter Abhängigkeiten verschieben kann. Unverfälschte Dominanz auszustrahlen, bedeutet, sich die Eigenschaften einer BDSM-Exzellenz angeeignet zu haben. Und die Aussage "Dominant bist du oder eben nicht", ist nicht mehr als eine Phrase.


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"Der Dominus-Effekt"

Das Buch zeigt Wege zu einer verantwortungsvollen BDSM-Persönlichkeit. Der Autor Thymos Emm blickt hinter vermeintlich starre Konstrukte von Dominanz und Unterwerfung. Viele Beispiele und Anregungen aus seiner persönlichen BDSM-Erfahrung verdeutlichen die Inhalte. Ein Buch für alle, die ihren Horizont über das reine Führen hinaus erweitern wollen.

Ist Dominanz erlernbar?


Buchinformationen:
"Der Dominus-Effekt"
Thymos Emm
Verlag: Books on Demand
198 Seiten
Softcover: 14,99 EUR
E-Book: 9,99 EUR
ISBN: 978-3754390528

Top, Sub und alles dazwischen

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