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Psychische Dominanz – Lustschmerz für die Seele?

Die Autorin Marie-Gabrielle Chambres im persönlichen Interview

Psychische Dominanz kann als entsprechend verabredetes BDSM-Spiel äußerst reizvoll sein und beweist großes Vertrauen zwischen den Spielpartnern. Dabei geht es nicht, wie der Begriff psychische Dominanz schon andeutet, um das häufig mit BDSM in Verbindung gebrachte Zufügen physischer Schmerzen, sondern um Dominanz auf emotionaler Ebene. Es geht um Kopfspiele. Um gefühlsmäßige Manipulation.

Dass dieses Spiel kein ungefährliches ist, wenn Vorsicht und Verantwortungsbewusstsein fehlen, musste Autorin Marie-Gabrielle Chambres am eigenen Leib erfahren. Sie traf den Mann ihrer Träume und schlitterte in eine Beziehung, die von unbewusster psychischer Dominanz geprägt war und auf der Gefühlsebene immer schmerzhafter wurde.

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Heute jedoch lebt die Autorin selbstbewusst und voller Leidenschaft ihre devot-masochistische Seite aus und hat beschlossen, andere an ihrem Weg bis zu dieser bewussten Entscheidung teilhaben zu lassen.

Im Interview erklärte die Autorin, unter welchen Voraussetzungen, emotionale Dominanz gelingen kann. Doch erst einmal wollen wir klären, was genau man unter psychischer Dominanz versteht.

Was ist psychische Dominanz? Im Zwiespalt der Gefühle

Das Ausleben von BDSM wird im Denken vieler Menschen von Schmerzen bestimmt. Schmerzen, die vom dominanten Part (Spanking, Auspeitschen, Fesseln etc.) ausgehen und vom devoten Part lustvoll bzw. luststeigernd empfangen werden.

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Doch das Spiel um Dominanz und Unterwerfung muss nicht mit (physischen) Schmerzen verbunden sein. Auch die psychische Dominanz kann den Spielpartnern Lust bereiten. Beispielsweise in Form von Rollenspielen mit klar geregelten Machtverhältnissen. Oder indem der dominante Part Aufgaben stellt, die dem devoten Part komplett widerstreben. Die ihn mit Ängsten konfrontieren, ihn an seine Grenzen führen und genau darum den Reiz ausüben, sie unbedingt bestehen zu wollen.

Ein mögliches Beispiel: Ein/e stark zur Eifersucht neigende/r Sub soll genau diese ablegen und sich damit arrangieren, dass der/die Dom auch andere Partner bespielt. Es geht also um Qualen, die die meisten Menschen eigentlich zu vermeiden versuchen: seelische Qualen.

Autorin Marie-Gabrielle Chambres verwechselte psychische Dominanz mit Liebe. Das wurde ihr zum Verhängnis.
Autorin Marie-Gabrielle Chambres verwechselte psychische Dominanz mit Liebe. Das wurde ihr zum Verhängnis.
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Der dominante Part genießt bei diesen psychologischen Spielen das Machtgefälle und das Vertrauen, das ihm von dem devoten Part entgegengebracht wird. Derweil kann der devote Part an diesen Aufgaben wachsen. Er stellt sich seinen Ängsten und Unsicherheiten – Schritt für Schritt. Und dem seelischen Schmerz, der damit verbunden sein kann. Dabei kann er sich selbst tiefgehend ergründen: Woher kommen die Angst und die Unsicherheit? Warum beherrschen sie mich?

In devoten Menschen hinterlässt das Spiel mit der psychischen Dominanz einen zumeist seltsam diffusen Gefühlszustand: Auf der einen Seite hassen sie das entsprechende Spiel, auf der anderen genießen sie es unbändig und dringen vielleicht sogar in Gefühlswelten vor, die sie bisher gar nicht kannten! Kurzum:

Psychische Dominanz kommt der Wanderung auf dem schmalen Grat menschlicher Emotionen gleich.

Dies setzt natürlich höchstes gegenseitiges Vertrauen voraus! Man sollte sein Gegenüber für Psychische-Dominanz-Spiele sehr gut kennen, es spüren und fühlen. Und vor allem der dominante Part muss ein gutes Gespür dafür haben, wann es notwendig ist, den unterwürfigen Spielpartner aufzufangen und das Spiel gegebenenfalls zu beenden.

Obwohl das leibliche Wohl bei emotionalen Erniedrigungen verschont bleibt, ist diese Spielart also dennoch nicht ungefährlich. Vor allem dann, wenn sie ohne vorherige Absprachen und Grenzziehungen oder gar unfreiwillig zur Anwendung kommt. Schnell wird dann mit Gefühlen und Emotionen gespielt und man bewegt sich im Dunstkreis mächtiger Begriffe wie Kontrolle, Hörigkeit, Abhängigkeit oder gar Konditionierung. Ein besonders eindrückliches Negativbeispiel musste die Autorin durchleiden.

Erwünschte Grenzerfahrungen

Warum psychische Dominanz ohne Absprachen gefährlich werden kann

Marie-Gabrielle Chambres durchlebte eine Beziehung, die von physischer Dominanz geprägt war. Eine Beziehung, in der sie bedingungslos liebte. Erwidert wurde diese Liebe mehr und mehr mit Psycho-Spielchen. Versuchen der Erziehung. Und mit wiederholten Enthaltsamkeitsstrafen. Ihr Partner wollte sie formen, verändern. Um jeden Preis. Wir baten die Autorin zu einem sehr persönlichen Interview.

Schließe deine Augen, sagte er. Es begann so liebevoll. Eine Zeitreise von Geborgenheit bis hin zu Devotion und Hörigkeit. Aus der Liebe meines Lebens wurde am Ende ein Albtraum.
 

In deiner Beziehung ging es um Liebe und um psychische Dominanz. Wie definierst du für dich den Begriff der psychischen Dominanz?

Marie-Gabrielle: Psychische Dominanz bedeutet für mich und aus meiner Erfahrung heraus die schlimmste Form von Dominanz. In einer Session dominiert zu werden, mit Worten und Handlungen, das ist das Eine. Wenn Worte dazu führen, dass ein devoter Part leidet, dann ist für mich psychische Dominanz eben das Andere. Der Teil, der zerstört. Ohne Rücksicht.

 

War die psychische Dominanz durch deinen Herrn einvernehmlich abgesprochen? Und wusstest du damals schon, dass du diese devote Seite in dir hast?

Marie-Gabrielle: Abgesprochen war nichts. Ich habe "meinen Herrn" geliebt. Als "Herrn" sah ich ihn dadurch auch nicht. Er sagte, ich wäre devot. Ich mochte das gewusst haben, ja – mit Devotion habe ich es nicht in Verbindung gebracht.

Wird bei der psychischen Dominanz bewusste mit der Angst gespielt?

Es ist sehr schwer, sich in dich und deine Situation hineinzudenken, wenn die Rede von totaler Kontrolle, von Hörigkeit, von Psycho-Spielchen, mit denen dich dein Dom erziehen wollte, ist. Es ist sehr schwer, sich vorzustellen, dass da nicht alles in einem "Stopp" brüllt und sich gegen diese Konditionierung wehrt.

Marie-Gabrielle: Da ich die damaligen Ereignisse nicht mit Dominanz und schon gar nicht mit seelischer Dominanz in Verbindung brachte, habe ich nur die Liebe gesehen in dieser Beziehung. Wie konnte ich "Stopp" brüllen, wenn mir gar nicht bewusst war, welche Gedankengänge sich in seinem Kopf abspielen? Außer Kraft gesetzt war der rettende Mechanismus einfach dadurch, dass ich ihn über alle Maßen geliebt habe.

Du lässt wiederholt durchblicken, dass er mit deinen Ängsten bewusst spielte und darauf eure Beziehung aufbaute. Gab es trotzdem Momente in eurer Beziehung, die über seine Machtspiele hinausgingen? Sprich, ließ er dir gegenüber auch wahre Gefühle zu?

Marie-Gabrielle: Ob wahre Gefühle seinerseits da waren, das werde ich wohl nie erfahren. Ich kann nur aus meinem Gefühl heraus sagen, dass ich anfangs wirklich sehr glücklich war. Und da auch überzeugt davon, dass auch er mich genauso liebt.

Niemand schnitt diese Fäden durch, an denen ich hing. Und noch lange zappeln würde. Ich wollte nicht alleine sein und war es im Grunde mehr als je zuvor.

Auch andere Personen wiesen dich darauf hin, dass dir deine Beziehung nicht gut tut. Warum haben sie letzten Endes nichts bewirkt?

Marie-Gabrielle: Warum bewirken Freunde nichts? Das kann jeder beantworten, der liebt und gewarnt wird. Jeder der liebt, will negative Tatsachen nicht wahr haben. Sieht nur das, was er sehen möchte. Genauso ging es mir auch.

So kann das Ausleben achtsamer und verantwortungsbewusster psychischer Dominanz gelingen

Heute lebst du deine devot-masochistische Seite offen und bewusst aus. Hast "Blut geleckt", wie du es ausdrückst. Inwiefern prägen deine damaligen Erfahrungen dein heutiges Ausleben des BDSM?

Marie-Gabrielle: Heute weiß ich, was ich möchte. Wie ich mir eine devot-dominante Beziehung vorstelle. Und vor allem weiß ich, was ich nicht möchte. Und kann gegebenenfalls bereits im Vorfeld "Nein" sagen. Allerdings bin ich nach wie vor Single und in keiner Beziehung. Auch in keiner devot-dominanten Spielbeziehung.

Ob ich das Glück haben werde, es irgendwann so zu leben, wie ich möchte, weiß ich nicht. Das weiß ja keiner von uns, was geschehen wird. Aber ich bin glücklich darüber, dass ich Einiges kennen lernen durfte und so auch viele Gespräche führen konnte, die mir gezeigt haben, wie schön BDSM sein kann.

Devot. Dominant. Gehorsam. Erziehung. Heute kann ich etwas damit anfangen. Es ist ein Teil meines Lebens geworden. Ich gehorche und unterwerfe mich gerne.
 

Seelische Dominanz muss mit Vorsicht angegangen werden. Was sind deiner Meinung nach die Eckpfeiler für verantwortungsvolle psychische Dominanz und welchen Menschen gegenüber verbietet sie sich?

Marie-Gabrielle: An jedem devoten Partner, der nur ansatzweise seelisch labil ist, sollte man psychische Dominanz nicht ausüben. Und verantwortungsvoll ist ein dominanter Partner dann, wenn er sich mit dem devoten Partner zusammensetzt und darüber spricht. Ob dieser mit psychischer Dominanz umgehen kann. Und wie selbige in einer Session zum Beispiel aussehen würde.

 

Möchtest du unseren Lesern noch etwas mitgeben?

SM/BDSM kann schön sein. Und wer es erleben möchte, sollte es tun. Aber nur dann, wenn man sich ausführlich darüber informiert hat. In Clubs zum Beispiel, die sogenannte Beginner-Abende veranstalten. Oder einen Kurs belegen. Das gibt es auch. Beispielsweise in dem Dominusstudio in Koblenz. Hier empfängt ein dominanter Mann themeninteressierte Frauen und Paare. Das kann ich nur jedem ans Herz legen. Denn Information ist alles. Und bei BDSM erst recht. Selbst wenn man das Glück hat, einem erfahrenen Dom zu begegnen, darf man das eigene Ich nicht vergessen. Und muss wachsam sein und bleiben!


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