Eine Cuckquean ist einfach ein weiblicher Cuckold – eine Frau, die es mag, wenn ihr Partner mit einer anderen Frau schläft. Dachte ich. Es steckt mehr dahinter. Drei Cuckquean-Paare haben mir erklärt, was sie da eigentlich treiben. Und mich ins Grübeln gebracht, ob das denkbar für mich wäre.
Von Alex Todorov
Beziehung kann mehr sein
Ich bin ein Mittdreißiger in einer offenen Beziehung. Einer einseitig offenen Beziehung. Das offene Ende ist glücklicherweise meins. Dahinter steckt keine soziale Agenda, die feste Beziehung als Besitztum betrachtet oder Ähnliches. Es ist schlicht ein Modus Vivendi, um asymmetrischen Bedürfnissen gerecht zu werden. Für jene, die es nicht ahnen: Die meisten offenen Beziehungen werden aus der Not geboren.
Als mir das Thema "Cuckquean" auf den Tisch segelte, war der gedankliche Weg vom eigenen Beziehungsmodell zum Cuckqueaning also ein kurzer. Meine Ausgangsfragen waren simpel:
- Wie genau funktioniert eine Cuckquean-Beziehung?
- Was soll das Bemerkenswerte daran sein, wenn eine Frau es mag, zuzuschauen, wie ihr Partner mit einer anderen schläft? Immerhin ergeben sich beim Swingen oder Mansharing zumindest ähnliche Konstellationen.
- Und vor allem ein Gedankenspiel in eine Frage verpackt reizte mich: Wäre das etwas für mich? Kann ich mir eine intensive Cuckquean-Beziehung vor dem Hintergrund eigener polyamorer Erfahrungen vorstellen? Ganz grundsätzlich gedacht, unabhängig von meiner aktuellen Beziehung.
Erste Einblicke lieferte mir ein Gespräch mit dem JOYclub-Paar crazyones. Hier wurde mir ein zentraler Punkt deutlich, der eine solche Partnerschaft von beispielsweise Mansharing und Swingen abhebt: die Bereitschaft, sich eine dritte Person – eine feste Hausfreundin – in das Beziehungsleben und den Beziehungsalltag zu holen. Für mich eine Überraschung, weil ich Cuckolding/Cuckqueaning stets als bloße sexuelle Spielart eingeschätzt hatte, aber nicht als ein Modell, das so umfassend eine Beziehung über das Sexuelle hinaus prägt.
Die Beziehung der crazyones mit einer festen Hausfreundin sieht in etwa so aus:
Die Hausfreundin steht ihm so nah wie eine Partnerin. Sie hat den Schlüssel zur Wohnung, sie gehen zu dritt Einkaufen und Essen, feiern Geburtstage und Weihnachten zusammen. Es kommt zu skurril erscheinendem Verhalten: So hält er beim Ausgehen zu dritt eher die Hand der Hausfreundin als die seiner Partnerin. Er stellte sich sogar den Eltern der Hausfreundin als ihr Freund vor.
Neben den crazyones haben mir die JOYclub-Paare cori_celesti und dark_love meine – gelegentlich irritierten – Fragen beantwortet. So viel Wissen muss geteilt werden. Los geht‘s.
Was ist der Unterschied zwischen Cuckqueans und Cuckolds?
Wer unter den Männern Ende der Nullerjahre zu viele Cuckold-Pornoclips geschaut hat, hebt kurz die Hand. Dachte ich mir. Mit dieser fundierten Vorbildung war es ein Einfaches für mich, schiefe Schlüsse daraus zu ziehen, was eine Cuckquean ist. Mittlerweile bin ich schlauer. War aber auch nicht schwer. Um den Unterschied zwischen Cuckolds und Cuckqueans zu erläutern, möchte ich folgende gut abgehangene Zote heranholen:
Warum schauen Frauen Pornos immer bis zum Schluss? – Weil sie glauben, die beiden heiraten am Ende noch.
Klassische Cuckold-Beziehungen sind umweglos. Sie zielen auf den sexuellen Akt. Ein Mann beschläft die Frau eines anderen, dieser andere – der Cuckold – zieht Lust daraus. Um zu dem Witz zurückzukommen: Cuckolds schauen den Porno nicht bis zum Ende, sondern nur bis zu jener Stelle, die den Zweck ihres Schauens befriedigt.
Und Cuckqueans? Auch ihnen ist die Lust beim Akt wichtig, aber der Fokus ruht auf einem Miteinander über den Sex hinaus. Im Idealfall nimmt die Dreierbeziehung mit der Hausfreundin eine feste Form an, die auch einen Grad an gemeinsamer Verbindlichkeit und Nähe mitbringt. Cuckqueans schauen den Porno nicht nur bis zum Schluss, sie lesen sogar die Credits!
Ein anderer Unterschied: Die noch immer von Cuckolds beschriebene Lust an der Eifersucht und Demütigung, wenn die eigene Frau von einem besser bestückten oder sexuell kreativeren Mann beglückt wird, tritt bei Cuckqueans fast gar nicht auf. Ihre Triebfeder: das Gönnen und die Lust an der Lust des Partners.
Cuckquean von cori_celesti: "Ich genieße den Anblick, wenn er Spaß mit der anderen Frau hat. Zu sehen, wie er in dem Moment glücklich und zufrieden ist."
Dabei schließt Cuckolding das Gönnen so wenig aus wie Cuckqueaning den Faktor lustvoller Demütigung.
- Zum einen spielt das aktive Eingreifen ins Geschehen beim Cuckqueaning, wenn überhaupt, nur eine untergeordnete Rolle. Intensiv betrieben, bildet die Passivität der Cuckquean, ihr Zuschauen, ein tragendes Element. An dieser Stelle ist es das gleiche Prinzip wie beim Cuckolding, wo der Cuckold auch nicht eingreift.
- Zum anderen ist eine emotionale Bindung zu der Dritten im Bunde, vor allem wenn es eine feste Hausfreundin ist, ein Merkmal in einer Cuckquean-Beziehung. Die Hausfreundin peppt nicht einfach nur das Sexspiel auf, sondern ist in stärkerem Maße in den Beziehungsalltag integriert.
Ist eine Cuckquean-Beziehung ein Unfall?
Was für Hintergründe haben Paare, die eine Cuckquean-Beziehung führen? Aus welchen Erfahrungen haben sie die Beziehung entwickelt? Was gab den Anstoß, in dieser Richtung zu experimentieren? Ist es die mir bekannte Not in der Liebe, also eine Beziehung, die sich geöffnet hat, um sie zu retten?
dark_love: Ein Treffen mit einer gemeinsamen Freundin gab ihnen den Startimpuls. Als er mit der Freundin Sex hatte, verspürte sie durch das Zuschauen eine neue Art der Erregung. Diese Empfindung verfestigte sich über die Zeit. Ihre bisexuelle Neigung verstärkte ihre Empfänglichkeit für dieses Reizbild. Nach circa sieben Jahren Beziehung ging es vor etwa sechs Jahren fließend in eine Cuckquean-Beziehung über.
crazyones: Sie, ebenfalls mit einer bisexuellen Ader, hatte in Jugendjahren während eines FFM-Dreiers mit ihrem ehemaligen Freund ihre Lust am Beobachten bemerkt. Es folgten Jahre des Ausprobierens. Erst mit ihrem jetzigen Partner ergab sich eine Konstellation, die diese Schaulust in einen sicheren Beziehungsrahmen überführte. Seit vier Jahren sind sie ein Paar und leben es seit circa drei Jahren aus.
Zwei gewichtige Faktoren kommen bei den beiden hinzu: Er ist polyamor, sie asexuell. Zwischen den beiden gibt es – mittlerweile – weder Kuscheln noch Sex. Der letzte gemeinsame Sex? – 10. August 2015. Das Ausleben des Cuckqueaning hat die Veranlagungen beider – die Polyamorie sowie die Asexualität – vertieft.
cori_celesti: Die beiden waren zuvor schon über zehn Jahre als Swinger umtriebig – vom Dreier mit einem zweiten Mann bis hin zu einem Partnertausch. Über den JOYclub lernten sie ein Paar kennen, wobei sich der Kontakt zunächst auf die Männer und ein gemeinsames sportliches Interesse beschränkte. Kurz vor einem Treffen der beiden zu eben diesem Thema erhielt der Hotman von cori_celesti vom Mann des anderen Paares eine unmissverständliche Nachricht:
"Meine Frau hat nichts dagegen, dass du uns besuchst. Sie lässt dir allerdings ausrichten, dass du nur ins Haus kommst, wenn du sie auch fickst."
Nach anfänglicher Irritation überredete die Cuckquean von cori_celesti ihren Partner dazu, hinzugehen. Was sich für beide auszahlen sollte:
"Als er zurückkam, musste er mir in allen Einzelheiten erzählen, wie der Abend gelaufen war. Diese Erzählungen haben mich so sehr erregt, dass ich ihn direkt nochmal vernascht habe."
Dieses Erlebnis sowie die vertrauensbildenden Swinger-Erfahrungen wurden zum Fundament ihrer Cuckquean-Beziehung.
Was mir auffällt: Das Cuckqueaning ist aus zumeist langjährigen Beziehung heraus entstanden. Die Hintergründe sind divers. Es kann aus ungleichem Verlangen resultieren – wie im Fall der crazyones. Oftmals spielen weitere Veranlagungen mit ein, sei es eine bisexuelle Neigung der Cuckquean oder ein polyamores Empfinden des Hotman. Da ich bei der Geburt auch eine Kelle Polyamorie auf den Charakterteller gekleckert bekommen habe, umspült bei dieser Information ein warmes Gefühl meine Bauchinnenseite.
Männertraum Cuckquean-Beziehung?
Mal ehrlich: Oberflächlich betrachtet ist Cuckqueaning eine Beziehung gewordene Männerfantasie. Ein Mann, dessen Freundin ihm erlaubt, mit anderen Frauen zu schlafen, und die dadurch sogar noch Lust erfährt? Na gut, wenn's sein muss. Kaum bin ich in süßeste Hotman-Träume versunken, grätschen die drei befragten Paare mit dezidierten Einwänden in meine taufrischen Zukunftspläne. Unabhängig voneinander betonen sie, dass Hotmen ein gesundes Selbst- und Beziehungsverständnis mitbringen sollten, damit die Cuckquean-Beziehung dauerhaft funktioniert.
Cuckquean von dark love: "Es braucht die Fähigkeit zur Differenzierung, Ehrlichkeit und Empathie. Denn bei so etwas ist es wichtig, auf die Gefühle des Partners zu achten."
Hotmen sind treue Seelen. Denn die unangefochtene Nummer eins bleibt die Cuckquean. Um diese Beziehung nicht zu unterspülen, sich nicht vom Sex mit einer anderen Frau emotional fortspülen zu lassen, ist neben einem klaren Spielrahmen und einem grundsätzlichen Treuebedürfnis eine gewisse Reife von Vorteil.
Cuckquean von cori_celesti: "In unserem Fall klappt es nur, weil er sehr sensibel ist in allem, was er tut. Er achtet genau auf meine Signale und würde es sofort sein lassen, wenn er das Gefühl hat, dass er mich damit verletzt. Ich muss ihm auch völlig vertrauen können, um ihm alle Freiheiten mit anderen Frauen zu geben."
Männern, die mit diesem Beziehungsmodell liebäugeln, um ungesühnt mit unterschiedlichen Frauen zu schlafen, fehlt jede Hotman-Tauglichkeit. Eine Cuckquean-Beziehung geht immer von der Frau aus – ohne ihre Lust am Zuschauen keine Cuckquean-Beziehung.
Cuckquean der crazyones: "Mein Mann ist nicht der große Fremdgänger, es hat eine Zeit gedauert, bis er sich dran gewöhnt hat, mit anderen Sex zu haben."
Dieses Zitat macht mich ganz weich. Es riecht nach der mir schmerzlich bekannten Problematik: Monogamie ist spitze. Solange sie funktioniert. Eklig wird es meist, wenn du jemanden liebst und die Erwartungen und Ansprüche wollen sich nicht zueinanderfügen.
Warum sollte eine Frau Hausfreundin werden wollen?
Sich einen Mann teilen zu müssen, stets die Nummer zwei zu sein, Familienplanung trotz einer solchen engen Bindung nicht mal denken zu dürfen – behutsam formuliert klingt das nicht nach den Frauen, die mein Leben bisher kreuzten. Was also macht es für Frauen attraktiv, Gespielin oder Hausfreundin zu sein? Das frage ich eine ehemalige Hausfreundin:
„Ein Vorteil besteht darin, dass man nicht nur einen wundervollen Menschen hat, sondern zwei. Und ein für mich persönlich sehr großer Pluspunkt ist, dass ich nicht an erster Stelle stehe. Mit normalen Beziehungen, sei es mit Mann oder Frau, hab ich mich eingesperrt und unwohl gefühlt. Das ist mit dieser Art von Beziehung nicht so.“
Worin liegt also der Reiz? Die Antworten der befragten Hausfreundin stoßen mich auf eine Mischung aus Nähe und Distanz. Zum einen bietet eine solche Beziehung Abenteuer und Unverbindlichkeit, andererseits wartet sie dennoch mit einem Grad an Nähe und Wärme auf, der über den eines One Night Stands hinausgeht. Sofern alle die Regeln beachten und damit gut fahren, erlaubt eine solche Beziehung Gespielinnen eine „Affäre“ mit wenigen Risiken. Und dem Plus eines engen Miteinanders im Gegensatz zu einer herkömmlichen Affäre.
Das klingt sinnig. Und ein wenig wie ein Verkaufspitch für Cuckqueaning-Beziehungen. Oder ein Gesuch für Hausfreundinnen-Nachwuchs. Denn eine Frau zu finden, die dieser Fahndung entspricht, ist mühsam. Gerade feste Hausfreundinnen sind rar gesät. Das Hausfreundinnensein geht bei einigen der Frauen mit einer Lebensphase einher, in der sie experimentieren und sich austoben.
Wie die Recherche mir schnell klar gemacht hat, treibt das Thema „Cuckquean“ so manchem Unkundigen den Puls hoch. Das Spektrum der Ablehnung reicht von grundsätzlichen Zweifeln an der Existenz der Neigung bis hin zum Impuls, den Hausfreundinnen beispringen zu müssen. Außer Acht gerät da schnell: Die Frauen begeben sich freiwillig in eine solche Konstellation – und verlassen sie wieder, sobald ihnen der Sinn wieder nach einer herkömmlichen Paarbeziehung steht. Es mag strikte Grenzen und Regeln innerhalb einer Cuckquean-Beziehung geben, aber das Wort „Haussklavin“ gehört dann doch in eine andere Zeit und einen anderen Kontext, werte Kritiker und Zweifler.
Spielart oder Lebenseinstellung – Wie läuft eine Cuckquean-Beziehung?
Cuckqueaning existiert in vielgestaltigen Ausprägungen. Es kann intensiver oder zurückhaltender gelebt oder mit Spleens und weiteren Fetischen vermischt werden. Das erinnert doch fast schon an konventionelle Beziehungen, oder? Als Hotman in spe wollte ich entlang ausgewählter Fragen etwas tiefer ins Beziehungs-Räderwerk der drei Paare blicken.
Wo treffen sie Gespielinnen?
cori_celesti lernen – Vorbehalten der Mitglieder zum Trotz – ihre Dritte im Bunde ausschließlich über den JOYclub kennen. Probleme bereitet den beiden dabei ihr Paarprofil:
Cuckquean von Cori celesti: "Wenn er sich auf ein Date bewirbt, bei dem ein einzelner Mann gesucht wird, wird sofort unterstellt, dass es mich gar nicht gibt."
Auch der Verweis auf Cuckqueaning hilft da oft nicht. Die Kenntnis davon fehlt. crazyones und dark_love hingegen finden Gespielinnen und Hausfreundinnen in spe in erster Linie im Alltag. Wo?
Hotman der crazyones: "Tatsächlich im echten Leben. Sei es in einer Disko, im Café, in den öffentlichen Verkehrsmitteln, an Tankstellen oder einfach auf der offenen Straße. Mal spreche ich sie an, mal spricht die Cuckquean sie an."
Der Gedanke, meine Partnerin als Anmach-Komplizin an meiner Seite zu haben, wird für einen Moment zu meinem besten Freund. Eine Wingwoman quasi. Eine Doppelagentin, die all die Schwachstellen der gegnerischen Verteidigung kennt. Ich versuche, nicht an Mata Hari zu denken. Es gelingt mir nicht. Ich find's heiß.
Worauf achten sie bei potentiellen Hausfreundinnen?
Um was geht es den Paaren neben der körperlichen Anziehung? Welche Kriterien zählen im Hinblick auf eine feste Hausfreundin? Immerhin geht es enger zu, so dass schnell Reibungen entstehen.
Dabei gehen dark_love nicht so weit, Cuckqueaning als Dreiecks- oder Parallelbeziehung zu betreiben. Ihr Nähe-Spektrum mit einer Gespielin reicht von bloßem Sex über eine (gute) Bekanntschaft bis hin zu einer Freundschaft.
Dennoch gilt: Sex mag einen wichtigen Part spielen. Aber die Frage lautet: Möchten wir mit dieser Person auch gerne etwas außerhalb des sexuellen Rahmens unternehmen?
Cuckquean der crazyones: "Sie darf gerne ein wenig unternehmungslustig sein. Das Ganze soll ja nicht einfach nur Vögeln sein, sondern ein Teil unserer Beziehung, mit allem was dazugehört."
Einleuchtend und dennoch überraschend: Wer eine feste Hausfreundin möchte, sucht – überspitzt formuliert – eine zweite Partnerin. Nur konsequent, dass jene weichen Faktoren eine tragende Rolle übernehmen, die ebenso bei einer engen Freundschaft oder einer Partnerschaft maßgebend sind. Ich frage mich: Macht das nicht alles viel komplizierter?
Warum lieber eine feste Hausfreundin als „nur“ eine Gespielin?
Welche Vorteile hat eine feste Hausfreundin gegenüber der Beziehung zu einer Gespielin?
cori_celesti: "Man weiß einfach irgendwann, mit wem man es zu tun hat und kann verschiedene Dinge viel entspannter genießen. Das Vertrauen in die andere Person spielt auch eine große Rolle."
Cuckquean der crazyones: "Da kann man auf Sachen aufbauen, es ist viel schöner und vertrauter. One-Night-Stands kann man haben, aber eine Vertraute, die praktisch eine Einheit mit meinem Mann bildet, ist viel intensiver und reizvoller."
Das ging schnell. Nächster Punkt.
Was törnt eine Cuckquean an?
Natürlich das Zuschauen. Was für eine Überraschung. Manchen Cuckqueans reicht die Tonspur, wenn sie dem Liebesspiel durch eine geschlossene Tür zuhören oder mit verbundenen Augen im Raum sitzen. Oder eine nachträgliche Schilderung stößt das Kopfkino an, sofern der Hotman allein zu einem Treffen gegangen ist. Der visuelle Reiz bleibt der gängigste.
Cuckquean von dark_love: "Ich mag es, zu sehen, wenn mein Mann und eine andere, auch in meinen Augen attraktive Frau, Lust empfinden und lustvollen Sex haben. Das Schönste ist der Höhepunkt beider."
Es ist das Gönnen, Genießen und Ergötzen, das Erfülltsein durch das sinnliche Wohlergehen des Partners.
Cuckquean von cori_celesti: "Ich genieße den Anblick, wenn er Spaß mit der anderen Frau hat. Zu sehen, wie er in dem Moment glücklich und zufrieden ist. Oder mir eben später davon erzählt."
Im Falle der Cuckquean der crazyones kommt noch eine spezielle Note hinzu:
"Da ich körperlich asexuell bin und nichts Körperliches mit ihm habe, freue ich mich zu sehen, wenn er mit einer anderen kuschelt, sie küsst, mit ihr Sex hat und all das, was ihm bei mir fehlt."
Sofern die Paare miteinander sexuell aktiv sind, wirken ihre Cuckquean-Erfahrungen durchblutungsfördernd für das Zweier-Liebesspiel.
Cuckquean von cori_celesti: "Er hat in den letzten Monaten seine dominante Seite stärker entdeckt und wir beziehen das in unser Liebesleben ein."
Welche Tabus gelten?
Auf ein Tabu – neben der Exotik der Fremdschwängerung – kann sich das Gros der Cuckquean-Pärchen einigen: Die Hausfreundin muss ihre Grenzen und ihre Rollen im Beziehungsgefüge kennen und akzeptieren:
Cuckquean der crazyones: "Es gibt nur eine Situation, in der ich zur Furie werden kann: wenn eine Freundin meint, mir meinen Mann abspenstig machen zu wollen. Die ein oder andere hat Sachen gesagt wie: 'Mach doch Schluss mit ihr, bei mir bekommst du, was du willst.' Ein absolutes No-Go."
Als absolut fehl am Platz in einem solchen Dreiergeflecht benennen dark_love eine "emotionale Bindung, die über eine enge Freundschaft hinausgeht".
Hotman von cori_celesti: "Mir ist bei der Wahl der Gespielin sehr wichtig, dass sie unsere Kernbeziehung zu hundert Prozent respektiert."
Die arme Hausfreundin, hör ich die Menge wieder raunen, was wird die gequält und unterdrückt! Kinder, haben wir das nicht geklärt?
Ein Cuckquean-Beziehung offen ausleben?
Die eigene Cuckquean-Beziehung zählt eher nicht zu jenen Themen, die man an der familiären Weihnachtstafel oder im Kollegenkreis en passant erörtert. Nicht dass die siebenjährige Nichte oder der taktlose Kollege mit der zu großen Krawatte eine dieser furchtbar unverblümten Kinderfragen stellt, die gar nicht fragen, sondern feststellen. Das Potential für Erklärungsnot ist groß. Entsprechend vorsichtig sind die Paare:
cori_celesti: "Es wissen nur ein paar wenige enge Vertraute, dass wir diese Seite ausleben. Wir versuchen, es vor den meisten Leuten aus unserem Umfeld geheimzuhalten. Die Akzeptanz für meine Neigung ist leider noch nicht sehr verbreitet."
Selbst wer es als wesentlichen Bestandteil seiner Persönlichkeit versteht, ist nicht vor Unverständnis und Vorwürfen gefeit. Wie reagieren Arbeitgeber oder sozialer Kontext? Alle drei befragten Paare erzählen von geballtem Mißtrauen bis hin zu gezielten Anfeindungen, die ihnen und anderen Cuckis – wie Cuckqueans und Cuckolds sich nennen – entgegenschlagen. Der Vorwurf gilt hierbei zumeist dem Mann; er würde die Frau ausnutzen, in Rückgriff auf einen Modebegriff sein Fremdgehen beschönigen. Gleichwohl betreiben crazyones es so offen, wie sie glauben, kein Gegenfeuer befürchten zu müssen:
crazyones: "Es ist für uns keine Spielart, sondern eine Lebenseinstellung. Unsere Familien wissen Bescheid, wie wir ticken, ebenso unser Freundeskreis. Es wird akzeptiert, weil wir einfach sind, wie wir sind. Nur in der Arbeit wird das Thema mit Diskretion behandelt."
Auf Basis meiner Erfahrungen wage ich die Behauptung: Weder privat noch beruflich würde ich auf Widerstände treffen, die mir Probleme bereiten würden. Dennoch würde ich es nicht an die große Glocke hängen. Nun gut, darüber schreiben würde ich definitiv. Aber das ist nur eine kleine Glocke, oder?
Eine Cuckquean-Beziehung ist ein zartes Pflänzchen
Was nehme ich mit? Für das Funktionieren einer solchen Beziehung müssen alle Beteiligten gewisse Veranlagungen mitbringen: die Cuckquean die Lust am Zuschauen, eine Distanz zu Eifersuchtsgefühlen und eine rege (bi-)sexuelle Empathie, der Hotman ein ausgeprägtes Treuebedürfnis und ein ungetrübtes Selbstverständnis, und die Hausfreundin den Wunsch nach Wärme und zugleich nach zwischenmenschlicher Zwanglosigkeit.
Die Crux ist meinem Verständnis nach die dritte Person. Kein Mensch kommt unbelastet. Zweierbeziehung sind schon heikel. Cuckquean-Beziehungen sind kleine, aus Menschen gebaute Kunstwerke. Emotionale Balanceakte bei fiesen Scherwinden. Oder Jengatürme, aus denen kein einziger Stein mehr gezogen werden darf.
Und? Wäre eine Cuckquean-Beziehung denkbar für mich?
Meine hypothetische Ausgangsfrage lautete: Kann ich mir eine Cuckquean-Beziehung auf Basis meiner Erfahrungen in einer offenen und polyamoren Beziehung vorstellen? Was ich weiß: Viele der Entscheidungen in Liebesdingen fallen nicht, weil man sich frei dafür entscheidet. Die Umstände weisen den Weg zu Entscheidungen (und spielen einem dann vor, man hätte sich frei entschieden).
Die Beziehung rumort? Trennen kann man sich immer. Warum nicht erst mal schauen, ob andere Beziehungsmodelle Schräglagen begradigen können? So öffnen sich manche Beziehungen aus inniger Liebe. Ich bin im Herzen eine monogame Person. Sonst würde ich keine offene Beziehung führen. Hohe Dialektik, meine Freunde!
Ist Cuckqueaning also ein Beziehungs-Begradiger? Sofern man nicht die charakterlichen Zutaten mitbringt, die es braucht, definitiv nicht! Man fängt ja auch nicht mit BDSM an, weil's gerade kriselt. Intensives Cuckqueaning (mit einer festen Hausfreundin) betreibt man nicht mal eben so. Da müssen die Aszendenten schon händchenhaltend einen Sahnetag erwischt haben, damit das einträchtig über die Bühne geht.
Bin ich Hotman-Material?
Hab ich die notwendigen Hotman-Zutaten in petto? Ich hab in einer polyamoren Dreierbeziehung gelebt. Ich bin der Link gewesen. Weil ich beide Frauen geliebt hab. Die Dreierbeziehung ist entlang unterschiedlicher Erwartungen qualvoll zerfasert. Die Frage, die sich jeder von uns dreien vorher hätte stellen sollen: Willst du noch eine Person mit emotionalen Bedürfnissen im Beziehungsboot, auf dem es ohnehin schon so eng ist? Auf dem man sich ständig an die Reling krallen muss, damit man nicht von einer Krisenwelle von Bord gerissen wird?
Darin liegt der Grund, warum Cuckquean-Beziehung streng hierarchisch sind. Die Kernbeziehung genießt stets die oberste Priorität. In diesem Punkt hege ich arge Zweifel an meiner Hotman-Tauglichkeit. Wenn ich mir die Hausfreundin schon nach partnerähnlichen Kriterien suche, die weit über das Körperliche hinausgehen, wie sicher kann ich dann sein, dass ich die Dame stets nur als Nummer zwei wahrnehme? Selbst wenn ich die Cuckquean abgrundtief liebe. Ich höre die Cuckquean von cori_celesti mir eine Lösung ins Ohr flüstern:
"Reden, reden, reden. Ehrlichkeit. Offenheit. Vertrauen. Respekt. Rücksicht auch bei den Kleinigkeiten. Verständnis."
"Kacke", denke ich an dieser Stelle. Ehrlichkeit ist eine tolle Erfindung. Aber kann sie Entwicklungen im Fühlen kontern, abfedern, auffangen?
Come to the dark side, we have Cuckis here!
Oh, das würde ich wirklich gerne. Aber mit einer Frau zu schlafen und meiner Partnerin davon zu erzählen (oder sie zuschauen zu lassen), ist der leichteste Part der ganzen Chose. Das kann ich. Was ich mir nicht vorstellen kann: Stets die Aufmerksamkeit zu den beiden Frauen abzuwägen und darauf zu achten, dass die fragile Balance gehalten wird – im Beziehungsgefüge wie auch in mir selbst. Bei so großer Nähe mit Gefühlen haushalten? Chapeau an die Hotmen! Es steht schlecht um meine Zukunft als Hotman. Ich vertraue mir nicht.
Ein großer Dank geht an alle drei Paare! Für die Offenheit und Geduld. Tut mir leid, ich werde wohl keiner von euch.
Anm. d. Red.: Die hier dargestellten Arten, eine Cuckquean-Beziehung zu führen, decken selbstredend nicht die gesamte Bandbreite ab.
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