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Behaart und selbstbewusst?

Was einige Wochen Rasurverzicht mit mir gemacht haben

Der feine Flaum eines Pfirsichs, die samtigen Weidenkätzchen am Wegesrand oder das weiche Fell meiner Katze – es gibt Haare, die finde ich einfach wundervoll. Was ich nicht immer wundervoll finde, ist mein eigener Pelzbesatz. Und damit bin ich nicht allein. Auch wenn von der Natur angelegt, wehren sich viele mit Händen und Füßen gegen ihre Körperbehaarung. Aber warum?

 

Von Ventura40

Die Frage, die alles ins Rollen bringt

"Was machst du da?", erklingt es hinter mir. Ich halte fluchend in der Bewegung inne, ein Bein in der Dusche, von oben bis unten mit Rasierschaum bedeckt wie eine nicht ganz geglückte Sahnetorte. Ich habe mich mal wieder beim Rasieren am Knöchel geschnitten, es brennt und ich schimpfe wie ein Rohrspatz. Ich hasse diese Sisyphusarbeit, kaum sind die Stoppeln ab, sprießen sie erneut.

Ich habe so viel ausprobiert: Epilieren war unerträglich schmerzhaft, Wachsen zu unhandlich und auf die Enthaarungscreme reagierte ich allergisch. Für eine Laserbehandlung fehlt mir das Geld und, ehrlich gesagt, die Bereitschaft, es für so etwas auszugeben.

"Ich rasiere mich!", antworte ich meinem Partner unwirsch. Ich bin einfach nur noch genervt. "Warum?", fragt er zurück. Und da ist die Frage. Denn wenn ich ehrlich bin, weiß ich das selbst nicht so genau.

Im Trend?

Kommt Schönheit wirklich von innen?

Als Kind waren mir die Haare an meinem Körper lange Zeit gleichgültig. Bis zu dem Tag, an dem ich anfing, darüber nachzudenken, was andere von mir hielten. Um genau zu sein: Was sie von meinem Aussehen hielten. Als Teenager war ich bemüht, mich den anderen anzugleichen, sei es im Verhalten oder im Auftreten. So begann ich, mir die Beine zu rasieren, wie meine Freundinnen es taten. Später folgten auch noch andere Körperstellen. Ich tat es bis zu dem Moment im Badezimmer, als ich begann, alles zu hinterfragen.

Irgendwann zwischen damals und heute bin ich auch noch Mutter geworden und habe eine weitere Perspektive dazu gewonnen. Entsprechen rasierte Beine wirklich meinem Schönheitsideal? Wie viele Menschen rasieren sich, ohne dieses Ideal zu hinterfragen? Und will ich dieses Selbstbild tatsächlich meinem Kind weitergeben?

Stimmungsbild: Durchwachsen

Meinen Venushügel rasiere ich schon seit einer Weile nicht mehr. Aber dieser Umstand offenbart sich nur wenigen Menschen, abgesehen von den Saunabesuchen. Auch die Achseln sind mehr oder weniger privates Gelände. Die Beine allerdings sind im Sommer frei einsehbar.

Ich beschließe, mich zu dem Thema ein wenig umzuhören. Die erste Anlaufstelle ist meine beste Freundin. Ihr Standpunkt ist entspannt: "Die Beine? Mal rasiere ich mich, mal nicht." Das finde ich sehr sympathisch, aber sie ist hellblond, und deshalb fällt es bei ihr sowieso kaum auf. Das hilft mir nicht weiter.

Die Befragung der Männer zeigt eine andere Perspektive. Die Beine rasieren sich die wenigsten, wenn, dann sind es Radfahrer oder Schwimmer. Aber auch die Herren der Schöpfung sind nicht frei von Eitelkeit: Öfter als die Beine wird der Intimbereich rasiert, um optisch Größe zu generieren. Aber das ist eine eigene Geschichte wert.

Zuletzt hole ich die Meinung meines Lebensgefährten ein. Zu meiner Überraschung ist es ihm völlig gleichgültig. "Ich mag deinen Körper, egal wie er aussieht. Hauptsache, du fühlst dich wohl darin!"

 
Sie glatt, er haarig: Ein gesellschaftlicher Standard, der unsere Autorin stutzig macht.
Sie glatt, er haarig: Ein gesellschaftlicher Standard, der unsere Autorin stutzig macht.
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Ich schaue genauer hin

Es eröffnet sich mir eine neue Welt an Fragen. Gehört es für mein Wohlbefinden dazu, mir die Beine und diverse andere Körperteile zu rasieren? Es ist Frühling und die Frage ist mehr als aktuell. Ich beginne mit offenen Augen durch die Stadt zu gehen und genauer hinzusehen. Egal wo, egal wer, egal wie alt, in der Stadt, im Büro oder im Schwimmbad, vom Teenager bis zur betagten Dame: Das sichtbare Bein ist stets glatt und makellos.

Zwei Wochen lang sehe ich lediglich drei für mich weiblich gelesene Menschen, die unrasiert in der Öffentlichkeit auftreten. Dazu kommen noch wesentlich mehr rasierte Männerbeine jeden Alters, als ich erwartet hatte. Haben sie alle schon das unbehaarte Schönheitsideal verinnerlicht?

Die Rasur als Blickschutz?

Nun weiß ich, wie sich andere zeigen. Aber fühlen sie sich auch wohl damit? Ich starte eine private Interviewreihe und gehe meinen Freundinnen gehörig auf die Nerven: Rasierst du dich? Könntest du dir vorstellen, damit aufzuhören? Was würdest du tun, wenn es niemanden interessieren würde?

Die meisten haben sich die Frage auch noch nicht gestellt. Aber eines klingt durch: Sie rasieren sich hauptsächlich für die anderen. Die Sorge, wie unrasierte Beine auf andere wirken würde, ist groß. Die Reaktionen haben alle einen ähnlichen Tenor.

 
Unrasierte Beine im Büro? Da wäre ich ganz schnell unten durch bei den Kollegen. Es wirkt ungepflegt, nachlässig.
 

Das trifft es im Kern. Wer zuhause eine ungestörte Zeit verbringt, alleine oder mit Partner, verzichtet gerne auf die Rasur. So wie man auf BH und Make-up verzichtet, wenn die Öffentlichkeit ausgeschlossen ist. Sobald die Beine den Blicken anderer ausgesetzt sind, egal ob von Freund:innen, Fremden oder Kolleg:innen, wird zur Klinge gegriffen.

Mehr Experimente

Kalter Sprung ins Selbstversuchsbecken

Es ist an der Zeit, mich einer unangenehmen Prüfung zu unterziehen. Um herauszufinden, ob ich mich so wohlfühlen kann, muss ich es ausprobieren: Mich unrasiert zeigen. Ich habe eher dunkles Haar, daher sind unrasierte Beine bei mir alles andere als unauffällig. Ich genieße es also, mich zwei Wochen lang nicht zu rasieren, ziehe mir eine kurze Hose an und gehe aus dem Haus.

 
Es fühlt sich seltsam an. Ungewohnt. Wie in einem schlechten Traum, in dem ich das Haus ohne Hose verlasse. Nur dass ich jetzt irgendwie zu viel anhabe.
 

Ich gehe ins Schwimmbad – keine Reaktionen. Es sind hauptsächlich Familien da, und weder die Eltern noch die Kinder interessieren sich groß für mich. Zudem sind meine Beine auch die meiste Zeit unter Wasser. Am Nachmittag fahre ich in die Stadt. Ich laufe die große Einkaufspassage entlang. Es fühlt sich anfangs unangenehm an. Ich bilde mir ein, alle Menschen würden mich anstarren, aber das legt sich. Objektiv bemerke ich nur zwei auffällig negative Reaktionen: Ein Mann mustert mich recht abfällig und eine Gruppe junger Männer zeigt feixend mit dem Finger auf mich und verziehen das Gesicht.

Auf dem Weg zur Akzeptanz

An manche Dinge muss man sich gewöhnen, denke ich mir, wie an eine neue Stadt oder unbekanntes Essen. So überwinde ich mich und lasse das Rasieren in den nächsten Wochen ganz sein. Ich lerne die positiven Seiten schätzen: Den Zeitgewinn, die unverletzte Haut und ein bisschen genieße ich auch das Anders-Sein. Ich bilde mir immer noch ein, dass mich die Menschen auf der Straße anders ansehen.

Das neue Gesamtbild gefällt einigen meiner Liebhaber ausgesprochen gut, anderen überhaupt nicht. Aber im Leben kann man es sowieso nicht jedem Recht machen und in erster Linie will ich mir selbst treu sein. Ist es das nun, das neue Selbstbild? Habe ich endlich meine Wohlfühlform gefunden? So einfach ist es natürlich nicht.

 
Körperbehaarung ist Entscheidungssache – und die liegt bei dir.
Körperbehaarung ist Entscheidungssache – und die liegt bei dir.
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Die Bewährungsprobe

Ich habe mir ein neues Stück Freiheit erkämpft. Doch wie belastbar ist diese Freiheit? Ich bin inzwischen stolz auf meine Wildheit, aber die Welt ist nach wie vor glatte Frauenbeine gewöhnt. Ich bin ziemlich allein auf weiter Flur. Nur wenige Frauen, die ich kenne oder sehe, tun es mir gleich. Einmal sehe ich beim Einkaufen eine Teenagerin vor mir: lockeres Aussehen, Piercing und unrasierte Beine. Ich würde ihr vor Freude am liebsten um den Hals fallen.

Es kommt der Tag, über den ich mir schon lange Gedanken mache: Eine große Firmenfeier mit Kollegen, Geschäftspartnern und Familie steht an. Hier werden nicht nur vollkommen Fremde oder meine Liebsten meine behaarten Beine sehen, sondern meine Entscheidungen über mein Äußeres werden von Menschen beurteilt, deren Meinung einen Einfluss auf mein berufliches Leben hat.

 
Will ich hier wirklich anecken? Will ich den Ruf als die "haarige Kollegin" ernten?
 

Am Morgen stehe ich vor dem Spiegel und betrachte mich. Ein knielanges Sommerkleid, Sandalen… und unrasierte Beine. Ich stehe lange so da und will mich innerlich wappnen. Es ist deine Entscheidung, sage ich mir. Du musst dich nicht dem Weltbild anderer Menschen anpassen. Aber es hilft nichts. Ich fühle mich einfach nicht gut. Und so ziehe ich das Kleid wieder aus, gehe ins Bad und rasiere mir vorsichtig die Beine – ohne einen einzigen Schnitt.

Mein Fazit: Ich lebe den Kompromiss

Ob meine Entscheidung, in manchen Situationen den Erwartungen anderer zu entsprechen, ein Einknicken bedeutet? Ich finde es nicht. Es war für mich wichtig, zu experimentieren, wie ich mich wirklich wohl fühle, und an dem Abend der Firmenfeier bedeutete das eben, meine Beine zu rasieren. Ich muss niemandem etwas beweisen.

In Sachen Beinbehaarung werde ich es so machen, wie ich mich in meiner Haut wohlfühle. Mal so, mal so. Aber die Achseln – die belasse ich wild und ungezähmt.


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