Heute schon mit dem eigenen Vaginalsekret parfümiert? Vabbing ist ein Oldie unter den Sex-Tipps und erlebt derzeit einen neuen Hype auf TikTok. Expert:innen warnen vor Risiken und ich frage mich: Funktioniert das überhaupt?
Von Clara_LE
Im Strudel der Vabbing-Videos
Ich bin gerne auf TikTok, wo ich von niedlichen Katzen über kluge politische Überlegungen bis hin zu Dating-Tipps alles finde. Seit letztem Jahr trendet auch Vabbing. Angeblich der ultimative Weg, Männer und Frauen um den Verstand zu bringen und mich an meine Vulva-Macht zu erinnern. Was ist dran am Vabbing-Trend?
Was ist Vabbing?
Zusammengesetzt aus Vagina und "dabbing", Englisch für "auftupfen": Vabbing bedeutet genau das, wonach es klingt. Ein Finger fährt durch die Vulva-Lippen – oder tunkt sogar tief in den Vaginalkanal – und die Flüssigkeit wird dort aufgetragen, wo sonst Parfüm gesprüht wird: hinter die Ohren, in den Nacken, auf die Handgelenke und sogar die Mitte des Schlüsselbeins.
Wie funktioniert Vabbing?
Der natürliche Geruch des Intimbereichs soll auf potenzielle Partner:innen betörend wirken. Denn was ist verführerischer, als bei einer Umarmung das duftende Versprechen einer erotischen Begegnung auf der Haut zu tragen und dem Gegenüber unbewusst die Möglichkeit einer gemeinsamen Nacht anzubieten?
Pheromone sollen ebenfalls eine Rolle spielen. Mir erscheint nur logisch, dass wir mit unseren Geschlechtsteilen Botenstoffe produzieren, die paarungswillige Säugetiere unserer Spezies erschnuppern können – so will es die Natur. Oder? Ein weiteres Versprechen: Vabbing steigert das sexuelle Selbstbewusstsein. Den Vaginalduft auf die Haut zu transferieren, soll mich feminin und stark fühlen lassen.
Woher kommt Vabbing?
Der Trick, Vaginalsekret als Parfüm zu benutzen, ist nicht neu und geistert seit Jahrzehnten durch die Sex-Tipp-Rubrik verschiedener Frauenzeitschriften. Ich las davon erstmals in Charlotte Roches Feuchtgebiete (2008). Die Protagonistin pflegt darin ein inniges, manchmal unappetitliches Verhältnis zu ihrer Vagina.
Mit abgebrühten 15 fand ich das witzig und mutig. Ganz anders als der glatt polierte Sex, den die die Frauen aus Sex and The City verkörperten. Was damals ein Roman schaffte, passiert heute auf Social Media: die Diskussion über Ekel auf der einen und sexuelle Selbstbestimmung junger Frauen auf der anderen Seite.
Geprägt wurde der Begriff Vabbing von Carly Aquilinos Podcast Secret Keepers Club, die schon im November 2018 in der Folge “Vabbing in solidarity” die Triumphe und Pannen der Praktik diskutierte. Den Übergang in den Mainstream schaffte Vabbing, als die TikTokerin Mandy Lee im Sommer 2022 ein Video darüber veröffentlichte. Spätestens seitdem ist Vabbing in aller Munde – und verbreitet sich vor allem über Social Media.
Wirkt Vabbing wirklich?
Wissenschaftlich gesehen: Nein. Laut Befürworter:innen soll Vaginalsekret einerseits Pheromone enthalten und andererseits gut riechen. Während Letzteres subjektiv ist, lässt sich Ersteres überprüfen.
Pheromone sind biologische Botenstoffe, die unbewusst aufgenommen werden und das Verhalten oder die Körperfunktionen bei anderen Individuen der gleichen Art beeinflussen. Sie werden über das nasale System aufgenommen, sind aber geruchlos.
Pheromone sind besonders bei Tieren erforscht, am meisten bei Insekten. Es ist zwar nachgewiesen, dass Menschen Pheromone ausstoßen, verbunden mit der Schweißabsonderung. Dass Menschen Pheromone aufnehmen, geschweige denn riechen können, ist nicht gesichert. Am fatalsten für die vabbenden Hobby-Biolog:innen: Menschliches Vaginalsekret enthält nach bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen keine Sexualpheromone.
Umgekehrt heißt das nicht, dass der Geruch unserer Partner:innen beim menschlichen Sexualverhalten keine Rolle spielt. Ob Parfüm, Schweiß, der besondere Eigengeruch oder sogar der Duft der Genitalien: Ein wohlriechender Mensch kann sehr attraktiv wirken. Das hat aber weniger mit vermeintlichen Fakten über Biologie und Fortpflanzung zu tun als mit Sinnlichkeit, Ästhetik und individuellem Geschmack.
Ist Vabbing gefährlich?
Auf TikTok sehe ich ein Video, bei dem eine Frau ihrem Partner einen Streich spielt: der Vabbing-Prank. Sie tupft sich den Saft aus einer Thunfisch-Dose hinter die Ohren und behauptet, er käme aus ihrer Vulva. "Das riecht nach totem Fisch", sagt er. "Das sind die Pheromone", sagt sie. Ungläubiges Lachen, ein angeekelter Mann, fast 13.000 Likes. Die Follower:innen finden's lustig.
Abgesehen von veräppelten Ehemännern: Birgt Vabbing auch tatsächliche Gefahren? In den Kommentarspalten ranken sich ähnlich aufgeregte Medizin-Mythen um die Gesundheitsrisiken von Vabbing wie um die Praktik selbst. So sollen sich sexuell übertragbare Infektionen (STI) über Vabbing besonders leicht verbreiten. Vor allem melden sich aber Menschen zu Wort, die Vabbing einfach eklig finden und sich fürchten, unbekannterweise mit den Vaginalsäften sorgloser Vab-Fans in Kontakt zu kommen.
Vabbing: Gefährlich oder erotisch?
Vaginalsekret als Parfüm: eine aufregende Spielart oder einfach unhygienisch? Diskutiere mit anderen JOYmitgliedern im Forum, zum Beispiel hier oder hier!
Generell lässt sich sagen: Wer akut mit einer STI zu kämpfen hat, sollte auf Vabbing vorsichtshalber verzichten. Bei einer bakteriellen Vaginose duftet der Ausfluss mitunter nicht besonders angenehm und ist deshalb als Parfüm ungeeignet. Bei einer gesunden Vaginalflora droht aber beim Vabbing kein spezielles Risiko für Andere.
Die Ausnahme: Wer an Hepatitis B erkrankt ist, kann tatsächlich Gefahr laufen, beim Vabbing die Viren zu übertragen.* Denn diese Erreger können sich auf der Haut auch außerhalb des Körpers besonders lang am Leben halten.
* Das gibt die Gynäkologin und Autorin Dr. Jen Gunter ("Die Vagina Bible. Vulva und Vagina – Mythos und Wirklichkeit”) laut der Website The Cut zu bedenken.
Größer ist aber die Gefahr für Vabberinnen selbst: Je nachdem, wann und wie gevabbt wird, können Krankheitserreger in Vulva und Vagina gelangen und das empfindliche bakterielle Gleichgewicht stören. Im absolut schlimmsten Fall droht eine Unterleibsinfektion (Adnexitis), die zu Unfruchtbarkeit führen kann.**
** So die Londoner Gynäkologin Dr. Paraskevi Dimitriadi laut Mail Online.
Du willst Vabbing probieren? Wasche davor und danach die Hände und verzichte während der Menstruation oder im Krankheitsfall besser darauf, wenn du in Kontakt mit anderen kommst.
Der Selbstversuch: Ich vabbe!
Um tatsächlich einen Effekt festzustellen, müsste ich Vabbing wohl an verschiedenen Tagen und unter verschiedenen Bedingungen ausprobieren. Ich kann mich nur zu einem einmaligen Versuch durchringen: ein Abend, ein Date, eine Vabbing-Stichprobe.
Ich bin mit meinem Freund verabredet. Weil ich mich für besonders witzig halte, schlage ich einen Filmabend vor: Das Parfüm. Hier ermordet ein duftbessener Parfumeur ein Mädchen, das ihn mit seinem Geruch verrückt macht. Ob ich den Abend lebend überstehe, werden wir herausfinden. Zunächst dusche ich, wie immer nach dem Sport.
Zweifel kommt auf: Zerstöre ich dadurch mein ganz persönliches Eau de Pussy? Vorsichtshalber verwende ich kein Duschgel. Zwischen Katzenwäsche und Filmbeginn wird genug Zeit vergehen, um meinen Duft zu entwickeln.
Mein ahnungsloser Freund steht vor der Tür und begrüßt mich wie immer mit einer langen Umarmung und einem Kuss. Das ist der Kontrollversuch: Wir müssen den Normalzustand definieren, bevor wir an den Parametern drehen. Oder so. Er scheint mich gut zu finden. Ziel des Abends: diesen Effekt zu steigern!
Ich bin nervös. Obwohl ich mich für sexuell selbstbewusst und durchaus verführerisch halte, habe ich mit den Vabberinnen, zu deren Club ich wohl jetzt gehöre, nichts gemeinsam. Ähnlich wie bei den Trends "Dark Feminity" (verruchte Weiblichkeit) oder "Doe Eyes" (Rehkitzaugen) kann ich mit den Frauenbildern, die in der TikTok-Verführungssparte heraufbeschworen werden, nicht besonders viel anfangen: das der modernen Femme Fatale, die stets von Verehrern umringt ist und das unebene Geschlechterverhältnis gezielt ausnutzt. Und das der geerdeten Hippie-Urfrau, die mit der Kraft des göttlich Weiblichen zur sexuellen Erleuchtung findet und ihr esoterisches Gegenstück sucht: einen Mann, der seine spirituelle Männlichkeit lebt.
Zwischen uns läuft es ohne kompliziertes Rollenspiel: "Hey, hast du Lust auf Sex?" Was Gerüche angeht, kann ich mit exotischen Düften auch nicht punkten: Normalerweise rieche ich lediglich frisch geduscht – wenn er Glück hat.
Um mich einzustimmen, höre ich eine Vabbing-Playlist an, während ich koche. Rihannas "Work" tönt mir entgegen. Stimmt, das ist sexy! Mein Freund bewacht die Lasagne im Ofen, während ich im Bad verschwinde. Ich wasche mir die Hände, reiche in mich hinein und tupfe hinter die Ohren und in den Nacken. Dabei komme ich mir reichlich bescheuert vor. Nochmal Händewaschen – vabben macht extrem reinlich.
Mir fällt auf: Was tun, wenn man in der Wildnis vabbt? Manche Frauen schwören auf Vabbing, um an der Bar besonders viele Drinks ausgegeben zu bekommen. Entschuldigen die sich auch aufs Klo? Was, wenn kein Waschbecken in der Nähe ist? Wie lange hält eigentlich der Saft auf der Haut? Muss im Laufe einer Nacht nachgelegt werden?
Auf der Couch teste ich kurz nach: Die Vabbing-Stellen fühlen sich nicht nass an. Was auch immer dahin gelangt ist, ist schon längst getrocknet. Das finde ich beruhigend. Ich horche in mich hinein: Fühle ich mich sexy? Verführerisch? Nicht mehr als sonst.
Während des Films und des Essens beuge ich mich immer, wenn sich die Gelegenheit ergibt, in die Nähe seiner Nase. Ihm scheint nichts aufzufallen. Ich versuche mir auch nichts anmerken zu lassen. Alles für die Wissenschaft.
Als der Film vorbei ist, fragt er: "Hey, hast du Lust auf Sex?" Na endlich!
Das Fazit: Was bringt Vabbing?
Später meint mein Freund, nichts gerochen zu haben – weder Gutes noch Schlechtes. Auch meine Frage, ob ich vielleicht selbstbewusster gewirkt hätte, verneint er.
Der Placebo-Effekt griff also auch nicht: Vielleicht war zu wenig Luft nach oben. Meine Empfehlung ist deshalb sehr lauwarm.
Wer mit seiner inneren Göttin verbundener ist als ich, fühlt sich durch Vabbing vielleicht sinnlicher und präsenter. Das kann beim Verführen bestimmt helfen. Ich hole mir meine Erotik-Tipps lieber nicht von TikTok und Co., wo es mehr darum geht, zu provozieren und damit Klicks zu generieren, als tatsächlich nützlichen Rat zu geben.
Trotzdem: Absurde Sex-Tipps, ob aus Frauenzeitschriften, Büchern oder Social Media, haben Tradition. Warum sollten sie nicht für eine neue Generation aufgefrischt werden? Ich hatte mit Vabbing jedenfalls ein spannendes Experiment, bei dem mir eines wieder klargeworden ist: Direkte Kommunikation führt eher zum Erfolg als subtile Andeutung.
Du magst den Beitrag? Dann schenke ihm jetzt ein "Gefällt mir"! Diskutiere im Forum: Ist Vabbing etwas für dich? Hast du Erfahrungen mit anderen Erotik-Trends gemacht?
Aus der JOYclub-Mediathek: "Eau de Pussy"
Was geschieht eigentlich, wenn der Dreh einer sinnlichen Parfüm-Werbung abgeschlossen ist? Die drei wunderschönen Darstellerinnen sind berauscht von dem süßen Duft und können nicht länger die Finger voneinander lassen.
Regie: American Puppy | 2021 | leihen für 2,99 Euro | kaufen für 7,95 Euro
Beim Klick auf das Cover gelangst du in die JOYclub-Mediathek.
Duftliebhaber:innen
Ob Pussy-Parfüm oder andere Gerüche: Ein anregender Duft ist für viele ein großer Teil ihres erotischen Empfindens. Finde andere Menschen mit feiner Nase im JOYclub in unseren Gruppenempfehlungen – für einen regen Austausch und vielleicht für mehr.
Riechen & Schmecken | Parfumliebhaber | Insel der Düfte + Aromen | Verführung
JOYclub: Was ist das?
- JOYclub ist mit mehr als 5 Mio. Mitgliedern eine lebendige, sexpositive Community, die dein Liebesleben komplett auf den Kopf stellen wird.
- Egal ob Mann, Frau, Trans, Single oder Paar: Im JOYclub kannst du (gern mit deiner Partnerin/deinem Partner) deine erotischen Fantasien mit anderen Mitgliedern entdecken und ausleben.
- Neugierig? Dann melde dich kostenlos und unverbindlich an und entdecke die faszinierende JOYclub-Welt. Wir freuen uns auf dich!