Die Grade der Bisexualität: Die Kinsey-Skala
Bereits Sigmund Freud stellte die These auf, dass alle Menschen bisexuell seien. Der Tiefenpsychologe nahm an, dass aufgrund gesellschaftlicher Zwänge der homosexuelle Anteil bei der Vielzahl der Menschen unterdrückt werde. Der Sexualforscher Alfred Charles Kinsey verfolgte einen anderen Ansatz, die sexuelle Orientierung zu bewerten.
Im legendären Kinsey-Report veröffentlichte der Sexualforscher die sogenannte Kinsey-Skala, eine Stufenleiter mit Zahlenwerten von null bis sechs. Mithilfe der Skala sollten die Probanden ihre sexuellen Erfahrungen einschätzen. Darunter fielen aber nicht nur explizite Handlungen, sondern auch psychische Erlebnisse wie sexuelle Fantasien.
Das bedeutet die Kinsey-Skala:
- Während die Zahl 0 für "ausschließlich heterosexuell" und die Zahl 6 für "ausschließlich homosexuell" stehen, meinen 1 bis 5 verschiedene Formen bisexueller Erfahrungen.
- Mit der Zahl 3 markierte Kinsey eine ausgewogene Mischung aus Hetero- und Homosexualität.
Die Kinsey-Skala sollte damit den Beweis liefern, dass Menschen bis zu einem bestimmten Grad bisexuell sein können, ohne dass sie Bisexualität als sexuelle Orientierung leben.
Weitere Positionen über Bisexualität
These: Bisexualität gibt es gar nicht
Andere Forschungsansätze behaupten zum Beispiel, dass es Bisexualität gar nicht gibt. Die These: Bisexuelle seien in Wahrheit homosexuell. Allein aufgrund des gesellschaftlichen Drucks würden sie sich auch mit dem anderen Geschlecht einlassen.
Wieder andere Wissenschaftler sehen Bisexualität nicht als eigenständige Orientierung an, sondern als Orientierungsphase. Vor allem Heranwachsende müssten ihre sexuelle Identität zwischen Homo- und Heterosexualität erst finden. Während manche sich tatsächlich nur zu Männern oder Frauen sexuell hingezogen fühlen, werden andere wiederum beide Geschlechter lebenslänglich als erotisch empfinden.
These: Vor allem Frauen sind bisexuell
Eine US-Studie zum 17. Welttag der Bisexualität zeigte, dass immer mehr Frauen zu ihrer Bisexualität stehen. Für die Analyse befragten Wissenschaftler der Universität Notre Dame (Indiana) 9.000 Frauen und Männer.
Während Männer sich zumeist "100 Prozent heterosexuell" oder "100 Prozent homosexuell" beschrieben, ordnete sich ein Großteil der Frauen bei "überwiegend heterosexuell" ein. Auch wechselten die Frauen innerhalb der zwölf Jahre sehr häufig ihre sexuelle Orientierung. Dreimal so häufig wie Männer. Aus der Studie geht hervor, dass Frauen wesentlich öfter (und lieber) mit gleichgeschlechtlichen Partnern experimentieren.
Insbesondere dann, wenn es ihnen schwer fällt, einen männlichen Partner zu finden. Männer hingegen würden sich seltener auf solche Experimente einlassen und an dem Wunsch nach einer Partnerschaft mit dem anderen Geschlecht festhalten.
"Ein bisschen Bi schadet nie", heißt es oft so schön. So empfanden bereits 1999 drei US-amerikanische Bürgerrechtler, die den "Celebrate Bisexuality Day" gründeten, um für die Rechte Bisexueller zu kämpfen. Mittlerweile wird auch hierzulande jährlich am 23. September der Tag der Bisexualität begangen. Denn noch immer müssen sich Bisexuelle Vorurteilen aussetzen – sowohl in der heterosexuellen als auch in der homosexuellen Gesellschaft.
Quelle Kinsey Skala: Wikipedia, nach Kinsey, Alfred C. et al. (1948/1998). Sexual Behavior in the Human Male. Philadelphia: W.B. Saunders; Bloomington: Indiana U. Press. pp. 636-659 (Graphics on pp. 638 & 656).
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- 1. Teil: Bisexualität in der Beziehung – kann das klappen?
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