Endometriose kann das (Sex-)Leben und das eigene Wohlbefinden entscheidend beeinflussen und wird dennoch häufig spät diagnostiziert. Wir haben mit Menschen gesprochen, die unter Endometriose leiden – und sich für mehr Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit einsetzen.
Was ist Endometriose?
Schon mal Schmerzen während der Periode gehabt? Vielleicht solche, die über ein leichtes Ziehen hinausgehen? Kennst du starke Krämpfe und nicht enden wollende Blutungen?
Dann bist du vielleicht eine von den vielen Endometriose-Betroffenen, bei denen das Gewebe, das normalerweise die Gebärmutter auskleidet (Endometrium), außerhalb der Gebärmutter wächst. Diese Wucherungen können sich auch auf den Eierstöcken, Eileitern, dem Bauchfell oder anderen Organen im Beckenbereich ansiedeln. In Folge entstehen Entzündungen, Schmerzen, Verwachsungen und in einigen Fällen führt die Erkrankung zur Unfruchtbarkeit.
Vanessa von Endopowerment und JOYclub-Mitglied Peschewa leben seit der Pubertät mit Endometriose.
Dabei setzt sie sich für die Sichtbarkeit der chronischen Krankheit ein und motiviert Betroffene, ihre Diagnose selbstwirksam anzunehmen. Zugleich informiert sie über Anlaufstellen und gibt anderen Erkrankten die Möglichkeit, sich zu vernetzen.
Was sind Symptome einer Endometriose?
Die Bandbreite der Beeinträchtigungen reicht von leichten Schmerzen bis hin zu starken Krämpfen und Blutungen. Bei einigen Menschen verläuft die Erkrankung auch symptomfrei.
JOYclub-Mitglied Peschewa gehört zu den Betroffenen, bei denen die Endometriose massive Beschwerden auslöst. "Ich kann mich nicht daran erinnern, während meiner Periode jemals schmerzfrei gewesen zu sein. Mit 14 musste ich zum ersten Mal Ibuprofen nehmen, um einen Fahrradausflug mit der Familie zu überstehen. Ich habe immer Schmerzen gehabt."
Üblicherweise beginnen die Schmerzphasen einige Tage vor Einsetzen der Periode und gehen schließlich mit einer starken Menstruationsblutung einher. Erschöpfung und Müdigkeit sind begleitende Erscheinungen.
In der Bauchhöhle sorgt die Endometriose bei vielen Patientinnen für tumorartige Verwachsungen außerhalb der Gebärmutter. So kann sich das Gewebe am Darm anlagern oder aber auch der Eileiter mit der Bauchdecke verwachsen – eine schmerzhafte Erfahrung. Um die Wucherungen zu stoppen, hilft oft nur die operative Entfernung. Das Risiko, dass das krankhafte Gewebe Organe dauerhaft schädigt, ist groß.
Endometriose-Betroffene haben oft mit Vorurteilen und Unverständnis zu kämpfen. Die häufigsten hier zusammengefasst.
- "Das sind doch nur Menstruationsschmerzen." Endometriose wird oft als "normaler" Menstruationsschmerz abgetan, was dazu führen kann, dass Betroffene sich nicht ernstgenommen fühlen.
- "Du bist zu empfindlich." Frauen mit Endometriose erleben häufig Schmerzen, die für andere unvorstellbar sind. Wenn Betroffene sich darüber beschweren, werden sie manchmal als überempfindlich oder hypochondrisch abgetan.
- "Das ist eine Frauenkrankheit." Endometriose betrifft hauptsächlich Menschen mit Gebärmutter, was andere dazu veranlasst, sie als "Frauenkrankheit" abzutun und zu denken, dass es kein großes Problem darstellt.
- "Du solltest einfach schwanger werden." Obwohl eine Schwangerschaft manchmal vorübergehend die Symptome lindern kann, ist es logischerweise keine dauerhafte Lösung für Endometriose.
- "Du brauchst nur Schmerzmittel zu nehmen." Schmerzmittel können die Schmerzen bei Endometriose lindern, aber sie behandeln nicht die Ursache der Erkrankung.
Diese und andere Vorurteile sind oft belastend und frustrierend für Endometriose-Betroffene. Auch Peschewa hat sie erlebt und in letzter Konsequenz an sich selbst und ihrem Empfinden gezweifelt. Die Diagnose bedeutete für sie deshalb auch ein Stück weit Erleichterung und den Gedanken "Gott sei Dank, ich bin normal".
Warum ist der Weg zur Diagnose Endometriose oft so lang?
Endometriose wird häufig nicht oder erst sehr spät diagnostiziert. Bei Peschewa war es eine Arbeitskollegin, die sie mit Anfang zwanzig auf ihre Beschwerden und den hohen Schmerzmittelkonsum ansprach. Der behandelnde Frauenarzt schickte sie jedoch wieder nach Hause, sie sei zu jung für Endometriose und nehme auch die Pille.
Untypisch für eine Endometriose erlebte Peschewa einige Jahre später zwei unkomplizierte Schwangerschaften, nach denen sie hormonfrei verhüten wollte. Mit der Kupferspirale kamen für sie aber noch größere Schmerzen, und die Entscheidung, auf Kondome umzusteigen.
Auch Vanessa hatte einen Ärztemarathon hinter sich, bis die Diagnose stand – und auf dem Weg dahin so einige skurrile Erfahrungen gemacht. Dazu gehörten mangelnde Zusammenarbeit verschiedener medizinischer Abteilungen und Fehldiagnosen, aber auch das Gefühl, als Patientin nicht ernst genommen zu werden.
Obwohl bei vielen Endometriose-Betroffen offensichtlich ist, dass sie stark schmerzbelastet und in ihrem Alltag eingeschränkt sind, erfahren einige Patientinnen in der ärztlichen Behandlung eher gutgemeinte Ratschläge als medizinische Unterstützung.
Gegen eine ernsthafte Erkrankung hilft im Akutfall aber keine Entspannung und auch kein Tai Chi. Peschewa landete nach einem ihrer zahlreichen, durch Schmerz ausgelösten Ohnmachtsanfälle schließlich in der Notaufnahme und erhielt nach fast zwanzig Jahren, sieben Gynäkolog:innen und einer Operation die Diagnose Endometriose.
Das Tückische: Endometriose lässt sich bis dato nicht eindeutig im Ultraschall bestimmen, die einzelnen Entzündungsherde und tumorartigen Verwachsungen werden oft erst operativ erkannt. Zwar sind Zysten bildlich über einen Ultraschall darstellbar, ob sie durch Endometriose verursacht wurden, jedoch nicht. Eine gesicherte Diagnose steht häufig erst nach einer histologischen Untersuchung, der Entnahme von Gewebe und dem Betrachten unter dem Mikroskop.
Wie kann man Endometriose behandeln?
Endometriose ist nicht heilbar, ihre Symptome können aber durch verschiedene Behandlungsmethoden gelindert werden. Eine gezielte Schmerztherapie und Entzündungshemmer sind für viele der erste Schritt, gegen die starken Beschwerden anzugehen.
Eine weitere Maßnahme kann die Entfernung des krankhaften Gewebes sein, nicht selten sind Organe wie der Darm dann schon stark betroffen. So schrammte JOYclub-Mitglied Peschewa nur knapp am Einsetzen eines künstlichen Harnleiters vorbei. Einige Betroffene entscheiden sich aufgrund wiederkehrender Operationen schließlich für eine Entfernung der Gebärmutter. Ein Schritt, der keineswegs unumstritten ist, denn die Ursache der Erkrankung ist bis heute nicht eindeutig geklärt und liegt nicht zwingend in der Gebärmutter.
Für Peschewa war die sogenannte Hysterektomie nach einer Hormontherapie eine persönlich richtige Entscheidung: "Ich bin seit vier Jahren beschwerdefrei. Auch wenn ich weiß, dass ich mit einer chronischen Erkrankung lebe, für die es keine Heilung gibt. An diesen Gedanken musste ich mich in der Vergangenheit erst gewöhnen."
Auf ihrer JOYclub-Homepage erzählt Peschewa ihre eigene Geschichte. Vom Leidensdruck über die Diagnose und Behandlung bis hin zum Ist-Zustand. Interessiert? Lies rein!
Deine Endometriose, dein Weg
Mit einer Endometriose-Diagnose bist du nicht allein – und dennoch gleicht keine Erkrankung der anderen.
Vanessa hat ihren eigenen Weg gefunden und sich bewusst gegen eine Hormontherapie und die Entfernung der Gebärmutter entschieden. Für sie ist die Endometriose eine Art Freundin, die ihr auf eine sehr unbequeme Art und Weise zeigt, dass Sachen im eigenen Leben nicht richtig laufen. Vanessa behandelt ihre Symptome mit einer Kombination aus Schmerzmitteln, Physiotherapie und ganzheitlicher Medizin – und versucht, Stress zu vermeiden.
Welche Therapien und weitere (operativen) Schritte den eigenen Weg begleiten, ist höchst individuell, niemand kann dir diese Entscheidungen abnehmen. Und du bestimmst deinen Blickwinkel auf die Erkrankung selbst. "Ich konzentriere mich mehr darauf, wie ich wieder zu meiner Kraft komme, als darauf, was alles scheiße läuft", sagt Vanessa.
Gleichzeitig gibt es vielleicht Situationen, in denen du die Erwartungen anderer nicht erfüllen kannst – und es auch nicht solltest.
Wo finde ich Unterstützung bei Endometriose?
Eine offizielle Anlaufstelle ist die Endometriose-Vereinigung, die viele Informationen bereithält und zum Vernetzen einlädt. Dort findest du auch zertifizierte medizinische Einrichtungen, Adressen von Beratungsstellen und Zugang zu Selbsthilfegruppen.
Empfehlenswert ist zudem der Podcast Endopower, der Betroffene dabei unterstützt, selbstwirksam zu werden. Host Vanessa dazu: "Verantwortung zu übernehmen hat nichts mit Schuld zu tun. Man ist nicht Schuld daran, dass man Endometriose hat, man hat aber die Verantwortung dafür, dass es besser wird. Ich vergleiche das ein bisschen platt mit einem Autounfall: Wenn mir einer reinfährt, dann kann ich auch nichts dafür, aber ich muss gucken, dass das Auto wieder läuft, ich muss es in die Werkstatt bringen, ich muss mich mit der Versicherung rumschlagen, mit dem Gutachter. Nicht meine Schuld, aber meine Verantwortung. Das ist ganz wichtig."
In 100 Folgen gibt es hier Wissenswertes rund um das Thema Endometriose auf die Ohren.
Beim Klick auf das Cover gelangst du zum Podcast Endopower auf Spotify.
Sexualität leben trotz Endometriose?
Sexualität und eine ausgeprägte Libido treten im öffentlichen Diskurs kaum gemeinsam mit Endometriose auf. Dabei haben viele Betroffene trotz aller Beschwerden ein Interesse an Sex und wollen ihre Lust mit anderen ausleben.
Es gibt viele Möglichkeiten, Sexualität lustvoll zu erleben. Je nachdem, wo aktuelle Entzündungsherde liegen, kann eine Lösung heißen: Weg vom penetrativen Sex, hin zu oralen Freuden. Reduziere das Tempo und taste dich gemeinsam mit deiner Partnerin oder deinem Partner vor, was sich gerade gut anfühlt. Vielleicht ist es mit der Hand angenehm, vielleicht bringt dich ein vibrierendes Sextoy auf Touren.
Du bist masochistisch veranlagt? Dann mach es wie JC-Dame Peschewa und lebe deine Liebe zum Schmerz dabei aus. Seit ihrer OP erlebt sie zudem andere Seiten ihrer Sexualität: "Was nie ging, war Analsex. Das entdecke ich jetzt neu und stelle fest, wie geil es ist. Vor der Hormontherapie und der OP war das durch die Schmerzen nicht denkbar."
Neuen Sexualpartnern muss sie heute kaum noch etwas zu ihrer Endometriose erklären, außer, dass sie keinen Muttermund mehr hat und an welchen Stellen empfindliches Gewebe vorhanden ist.
Für andere Betroffene hat Peschewa vor allem den Tipp, offen miteinander zu reden. Denn Endometriose ist kein Hindernis für ein erfülltes Sexleben.
Dazu gehört auch, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Teste bei der Masturbation aus, was dir gefällt, welche Toys du magst und was du brauchst, um dich fallenlassen zu können.
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