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Sex ohne Kondom, aber mit Sicherheit

Wie ich mit zwei Frauen in einer Fluid-Bonding-Gemeinschaft lebe

Ich liebe ungestümen Sex. Leidenschaft im Vollkontakt. Übereinander herfallen, ineinander verschmelzen. Sich schmecken, riechen, fühlen und genießen. Ich liebe Sex ohne Kondom. Nur ist das leider so gar nicht safe bei wechselnden Partnerinnen. Meine Lösung: eine Fluid-Bonding-Gemeinschaft. Ein Erfahrungsbericht.

Ein Beitrag von JOYclub-Mitglied Astarod | Anm. der Red.: Dieser Beitrag ersetzt keine ärztliche Beratung.

Fluid Bonding: Im Wartezimmer

Ich sitze im Wartezimmer meines Hausarztes. Mal wieder. Als Hypochonder sitze ich hier öfter, um mein Gewissen zu beruhigen. Diesmal sitze ich hier allerdings nicht, weil es irgendwo zwickt und zwackt. Sondern aus einem besonders erfreulichen Grund:

 
Ich lasse mich freitesten. So nenne ich das, wenn ich mich auf die gängigen Geschlechtskrankheiten testen lasse, bevor ich mit jemandem ein Fluid Bonding eingehe.
 

Ein Fluid Bonding ist die Vereinbarung zwischen mindestens zwei Menschen, miteinander Körperflüssigkeiten auszutauschen. Es ist eine Form des Safersex, bei der eine Mischung aus gemeinsam verabredeten Maßnahmen sicherstellt, vor Infektionen und Krankheiten geschützt zu sein – ohne dabei Barrieremethoden wie Kondome und Lecktücher zu verwenden.

Das klingt zunächst wenig spektakulär. Das Besondere in meinem Fall ist, dass ich nicht monogam liebe und wir mehr als zwei Personen sind, die sich an diese Vereinbarung gebunden haben.

Offen leben

Fluid Bonding: Die Vereinbarung

Wir sind momentan zu dritt in unserer Fluid-Bonding-Gemeinschaft. Neben mir sind es noch zwei Frauen. Safer Sex ist für uns ein so herausforderndes wie grundlegendes Thema. Wenn ich nicht weiß, wer mit wem was tut, dann haben es Infektionen einfach. Umso wichtiger ist Transparenz und Vertrauenswürdigkeit.

Unsere Vereinbarung beinhaltet zwei Faktoren: zum einen Tests auf sexuell übertragbare Krankheiten und Infektionen, zum anderen Vertrauen, Transparenz und verantwortungsvolles Verhalten.

Der Gründungsakt einer Fluid-Bonding-Gemeinschaft ist das Testen: Jede beteiligte Person lässt sich auf alle gängigen Geschlechtskrankheiten checken. Kommt eine neue Person hinzu, müssen sich abermals alle testen lassen. Ungeschützter Sex ist folglich nur mit Personen aus diesem Kreis erlaubt.

Das ist eine kontroverse Konstellation: Mir würde es nie einfallen, einem Menschen, den ich liebe, vorzuschreiben, wie sein oder ihr Sexleben auszusehen hat. Wir nutzen diese Vereinbarung nicht, um uns zu kontrollieren oder einzuschränken. Uns steht es jederzeit frei, das Fluid Bonding aufzugeben und mit anderen Menschen außerhalb unserer Gemeinschaft Körperflüssigkeiten auszutauschen.

Essenzieller Baustein der Vereinbarung ist es, transparent und ehrlich zu sein, wenn wir uns umentscheiden, es einen Zwischenfall gab oder andere Gründe dafür sprechen, erstmal auf den Austausch von Körperflüssigkeiten zu verzichten.

 
Gemeinsame Absprachen und Entscheidungen können Intimität befeuern.
Gemeinsame Absprachen und Entscheidungen können Intimität befeuern.
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Warum Fluid Bonding?

Aber wie schaut es mit der Verhütung aus? Ich habe mich im zarten Alter von 30 Jahren einer Vasektomie unterzogen. Meine Freundinnen können also auf hormonelle Verhütung verzichten und trotzdem ihre Fluids mit mir vereinen. Die zwei zentralen Bedenken bei sexuellen Begegnungen – Schwangerschaft und Geschlechtskrankheiten – entfallen. Das erlaubt mir, mich völlig zu entspannen und auf das Erleben im Moment einzulassen.

Fluid Bondig ist für mich ein Mittel der Bequemlichkeit. Wenn sichergestellt ist, dass ich mit jemandem Sex ohne Infektionsrisiko haben kann, dann hat das etwas Entspannendes.

Wobei Fluid Bonding für mich auch heißt:

 
Ich lehne Blowjobs ab, wenn das Angebot nicht von einer Frau aus meinem Fluid-Bonding-Kreis stammt.
 

Genauso halten es die beiden Frauen, die mit Personen außerhalb unserer Gemeinschaft nur mit Barrieremethoden agieren würden. Es hat also etwas Befreiendes und Einschränkendes zugleich. Ob es das einem wert ist, muss jeder für sich selbst entscheiden.

Fluid Bonding: So lasse ich testen

Zurück zum Freitesten: Ich sitze im Wartezimmer meines Hausarztes, weil mir der Hepatitis-Test noch fehlt. Die anderen Tests – HIV, Syphilis, Gonorrhö (Tripper) und Chlamydien – hatte ich davor schon bequem über einen Selbsttest zu Hause* gemacht. Das Verfahren: Du forderst ein Testkit an, entnimmst nach Anleitung die Proben und schickst sie zurück. Bald darauf erhältst du per Telefon oder SMS die Ergebnisse.

Den Hepatitis-Test gab es leider nicht als Heimtest. Der empfiehlt sich, wenn du im Spiel Blutkontakt hast. Jetzt nicken vielleicht die RACK-affinen Edgeplayer-Kollegen** wissend, aber auch in der Vanilla-Welt kann es durchaus zu Blutkontakt kommen, etwa während der Periode. Es bietet sich also nicht nur für härtere Konsenspraktiken an, auch auf Hepatitis testen zu lassen.

 

* Es gibt mittlerweile verschiedene Dienste, die Tests für zu Hause anbieten. Der Autor hat s.a.m health genutzt. Dieser bietet auch einen HIV-Selbstest an. Lies unseren Erfahrungsbericht dazu.
** RACK steht für Risk-aware consensual kink. Dabei geht es verkürzt formuliert um ein bewusstes und einvernehmliches Austarieren von Grenzen im gemeinsamen Spiel.


 
 

Im Sprechzimmer angekommen erkläre ich meinem Hausarzt kurz mein Fluid-Bonding-Ansinnen. Pflichtbewusst weist er mich darauf hin, dass ich mich neben Hepatitis auch auf andere Infektionen und Krankheiten testen lassen sollte. Ich erzähle ihm von meinen privaten Tests. Er findet’s solide und lässt mich zur Ader. Zwei Tage später bekomme ich telefonisch Bescheid: Auch der letzte Test ist negativ.

Mögen die Spiele beginnen. Aber gilt das jetzt für immer?

Mehr Alternativen

Fluid Bonding: Empfehlenswert?

So ein Fluid Bonding in polyamoren Beziehungen ist eine Gratwanderung und ein stetiger Prozess. Die Sicherheit lebt von Transparenz und Ehrlichkeit. Es ist eine Praxis für Menschen, die die nötige Reife dafür mitbringen.

 
Wer nur ficken will, aber den vertrauensgebenden Gemeinschaftscharakter nicht versteht, ist fehl am Platz.
 

Fluid Bonding ist letztlich nur ein Weg, meine Poly-Neigung auf sichere Füße zu stellen. Und Poly heißt für mich: mich meinen Ängsten zu stellen und mich wissentlich verletzlich zu machen. Zumindest mental. Mein Körper und Immunsystem sollen unversehrt bleiben.

Mit den richtigen Menschen an meiner Seite bietet Fluid Bonding genau das, was ich mir davon versprochen habe: Liebe, Unbeschwertheit, Vertrauen, Nähe, Intimität und pure Leidenschaft.

Lasst die Säfte also fließen, aber bitte safe!

 

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Liebe? Vielfältig!

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