In kaum einem anderen Bereich fragen sich Menschen so oft, ob ihre Vorlieben "normal" sind, wie bei der eigenen Sexualität. Doch so "unnormal", wie mancher meint, sind die Neigungen meist gar nicht.
Dennoch setzte sich Sexualcoach Silke Maschinger einmal mit der Frage auseinander, was man tun kann, wenn man mit den eigenen sexuellen Vorlieben so gar nicht glücklich ist. Dabei versucht sie zu klären, wie sexuelle Neigungen entstehen, wie sich sexuelle Vorlieben verändern und wann die eigene sexuelle Orientierung (vor allem für andere) gefährlich werden kann.
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Nicht jeder Mensch ist glücklich mit seinen erotischen Gelüsten. Manche schämen sich dafür, dass sie zum Beispiel einen Achselhaarfetisch haben oder auf Schmerz und Demütigung beim Sex stehen. Andere empfinden ihre Vorliebe für ein schmuddeliges Ambiente als nicht gesund oder die Vorliebe für nackte verschwitzte Füße als pervers. Ob Damenwäscheträger, Käsefetischist oder aber auch einfach die Lust auf wilde Orgien, je nach Lebenskontext erscheinen diese Vorlieben als nicht normal, sondern abartig. Manche leben ihre Neigungen relativ unbeschwert aus, doch andere schämen sich dafür oder geraten mit ihrem Gewissen in Konflikt, weil sie mit ihren Vorlieben andere emotional oder körperlich verletzen können.
Akzeptiere dich und deine Vorlieben
In meiner Beratungspraxis werde ich oft gefragt "Ist das normal?" oder "Bin ich da der Einzige?" Meist führt schon die Erkenntnis, dass man eben nicht der bzw. die Einzige ist, dazu, dass die eigene Vorliebe als "normal", im Sinne von nicht mehr abartig, wahrgenommen werden kann.
Bei einigen besteht das Problem eher darin, dass sie keine Partner finden, die zu ihrer sexuellen Struktur passen. Oder aber auch darin, dass der bestehende Partner bzw. die Partnerin die Vorlieben nicht teilt.
Was als normal gilt und was nicht, ist kulturell bedingt. Masturbation und Homosexualität galten früher als krankhaft. Selbst SM wird in der breiten Masse immer mehr Normalität. Das, was sexuell anstößig ist, wird in unterschiedlichen Kulturen und zu unterschiedlichen Zeiten ganz unterschiedlich bewertet.
Kann man sexuelle Vorlieben ändern?
Doch manche möchten ihr "Vorlieben-Problem" einfach eliminiert haben. Da taucht dann die Frage auf: "Kann ich meine sexuellen Vorlieben verändern oder gar wegmachen?" Die Antwort darauf ist komplex.
Zuerst einmal lautet die Antwort auf diese Frage: Nein, man kann sexuelle Neigungen nicht einfach zielgerichtet verändern. Das spannende ist jedoch: Sexuelle Vorlieben ändern sich manchmal wie von alleine. Aber wie kommt dieses Paradox zustande?
Wenn sich Vorlieben beim Sex von selbst ändern
Sexualität ist immer ein Ausdruck aller Faktoren eines Menschen. Da kommen genetische Faktoren dazu, hormonelle Einflüsse im Mutterbauch und dann natürlich die ganzen Erfahrungen, die man als Baby, Kind und Heranwachsender gemacht hat. Im Laufe des Lebens entstehen dann neue Erfahrungen, die Menschen und ihre Bedürfnisse verändern sich. All dies hat Einfluss auf das, was den Menschen erregt oder wie er sich und die eigene Sexualität empfindet. Ein Mensch entwickelt sich weiter, wenn sich z.B. die Lebenssituation ändert oder weil bestimmte Konflikte oder Themen einfach "dran" sind.
Und wenn der Mensch sich mit seinen emotionalen Bedürfnissen verändert, kann sich auch die Sexualität ändern. Manchmal sind es nur einfache Wünsche nach Praktiken, manchmal aber kann sich die komplette sexuelle Orientierung wandeln.
Wenn man sich also anschaut, wie viele Faktoren einen Einfluss haben auf das, wie Mann oder Frau sich entwickeln, so wird klar, dass es keine einfache Lösung gibt auf die Frage "Kann ich meine Sexualität verändern?"
Wie entstehen sexuelle Neigungen?
Es gibt keine allgemeine Erklärung dafür, wie sexuelle Neigungen entstehen. Ein Beispiel: Das immer noch gängige Vorurteil, dass alle, die SM machen, Missbrauchserfahrungen aufweisen, konnte wissenschaftlich nicht bewiesen werden. Das schließt aber nicht aus, dass Einzelne ihre Missbrauchserfahrungen so verarbeiten. So muss man in jedem Einzelfall genau hinschauen, wie es zu solch einer Neigung gekommen sein könnte.
Auch wenn hinter der Frage nach dem Warum häufig ein "Wie kann ich es verändern?" steht, so hilft das Erkennen der Ursache doch auch dabei, die eigene Neigung anzuerkennen und dazu zu stehen.
Manche Eigenschaften sind angeboren, manche nicht. Von daher kann man nur in jedem einzelnen Fall im Rahmen einer ergebnisoffenen Beratung oder Therapie schauen, ob hinter der Ausprägung eine natürliche Prägung steht, oder aber etwas, was sich durch Lebensumstände entwickelt hat. Man kann also schauen, wie frühkindliche Erfahrungen dazu geführt haben könnten bzw. welche emotionalen Bedürfnisse durch die Neigung gestillt werden.
Wenn sexuelle Vorlieben gefährlich werden
Die Menschen glauben häufig, wenn sie nur "normaler" wären, dann wäre das Leben einfacher für sie. Dann würden sie leichter Partner bzw. sexuelle Erfüllung finden. Doch darum geht es nicht. Denn ihre Sexualität ist Ausdruck ihrer Persönlichkeit und wenn ihre Sexualität ganz anders wäre, wären sie ja nicht mehr sie selbst, so wie sie gerade sind. Gerade in heutigen Zeiten des Internets ist es kaum ein Problem mehr, Partner zu finden, die die eigenen Vorlieben teilen. Natürlich gibt es auch Unterschiede in der Verteilung, so wird es vermutlich leichter sein, jemanden zu finden, der ein Faible für Lack oder Leder teilt, als einen mit Käsefußfetisch.
Dann gibt es jedoch auch noch die Menschen, die mit ihrer sexuellen Neigung andere gefährden können, zum Beispiel die Menschen, die sexuell auf Kinder ausgerichtet sind. Hier geht es nicht mehr nur um das persönliche Glück oder Unglück, sondern auch darum, ob man anderen etwas zufügt, das ihnen schadet. Selbst wenn man diese Neigung nicht ändern kann, so kann man doch lernen, damit umzugehen, ohne sie auszuleben. So gibt es zum Beispiel an der Berliner Charité das Projekt "Kein Täter werden".
Was tun, wenn man mit seinen Vorlieben nicht glücklich ist?
Was also kann man tun, wenn man mit seinen Vorlieben nicht glücklich ist? Die eine Variante ist, sich so zu akzeptieren, wie man ist. Nur wer mit sich selbst im Reinen ist, kann passende Partner/innen finden.
Reicht das nicht aus oder liegt die Neigung in einem Bereich, wo man sich oder anderen schadet, kann es sinnvoll sein, im Rahmen einer Beratung zu schauen, wo bestimmte Vorlieben herkommen und wie man damit umgehen kann. Das Wissen darum hilft manchmal dabei, etwas loszulassen, was einen beschäftigt. Oder man kann sich entscheiden, ob man vielleicht neue Wege einschlagen möchte. Aber man kann nie wirklich wissen, welches Ergebnis dabei herauskommt.
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