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Warum stöhnen Frauen beim Sex?

Schweigen ist Silber, Stöhnen ist Gold oder: Schrei vor Glück!

Eines ist sicher: Die Qualität des Sexes lässt sich nicht an dessen Lautstärke messen. Und dennoch fragt sich mancher Mann, warum es von Seiten der Frau häufig so laut im Bett abgeht. Unsere Kolumnistin taucht für uns in die Welt des Stöhnens ein und fordert auch von den Männern, beim Sex vor Glück zu schreien!

 

von JOYclub-Kolumnistin Sophie Andresky | Mehr Kolumnen: Entdecke Sophies Welt


Stöhnen, der heißeste Soundtrack für guten Sex

"Schläfst du schon?", kann eine intime, zärtliche Frage sein. Aber nicht, wenn ich sie beim Sex stellen muss, weil mein Partner einfach stumm daliegt wie bei seiner eigenen Autopsie und keinen Mucks macht. Dabei gibt es doch kaum einen heißeren Soundtrack fürs Schlafzimmer als Stöhnen, Wimmern, Schreien, Winseln oder Stammeln. Sex und Punkrock haben etwas gemeinsam: Richtig Stimmung kommt erst auf, wenn es laut wird. Das ist scharf für beide. Die laute Lust enthemmt und der Partner freut sich, dass er offenbar etwas richtig macht.

Musik aller Art finde ich beim Vögeln dagegen eher störend – wer schon mal mitten in der schönsten Klitorismassage entnervt nach dem iPod getastet und dabei in eine kratzbürstige Katze gegriffen hat, weiß, was ich meine. Auch die Musikauswahl ist vertrackt. Ich stehe auf angejazzte, melancholische Stücke von sehr hoch hauchenden Sängerinnen. Der aktuelle Liebste sagt, diese Songs klingen, als würde eine Katze vor einer Dose Whiskas jammern. Er wiederum mag Klassik, ich sehe dabei in Gedanken immer, wenn das Orchester so richtig loslegt, die Elefanten von Aida einmarschieren.

Seid laut beim Sex!

Dann doch lieber das heisere Röcheln, wohlige Raunen und knurrende Gurgeln, das mir ankündigt, dass meine Hände auf dem Menschen neben mir eine erogene Zone gefunden haben. Ich habe ja akzeptiert, dass die meisten Männer deutlich weniger reden als ich (vielleicht auch, weil sie bei mir selten zu Wort kommen?), aber warum klingen so viele im Bett wie geknebelt? Kommt das noch aus einer Zeit, als Mutti ins Kinderzimmer einfiel, um zu kontrollieren, ob die Patschhändchen sich brav über der Bettdecke befanden?

Ich bin laut beim Sex. Ich kichere, fiepe, schnurre, gurre, raune, zische und jaule.

Bei mir selbst erübrigen sich Fragen wie "Gefällt dir das?" oder "Bist du gekommen?", denn bei mir kriegt man das mit. Ich bin laut beim Sex. Ich kichere, fiepe, schnurre, gurre, raune, zische und jaule. Stimmt der Partner mit ein, kann man sich gemeinsam reinsteigern, und das ist nicht nur scharf, sondern verbindet auch. Möglich, dass deswegen so viele Leute im Chor singen. Gemeinsam Geräusche zu machen, hebt einfach die Stimmung – abgesehen von öffentlichen Toiletten, da bin ich eine totale Klemmschwester, aktiv wie passiv.

Schweigen ist Silber, Stöhnen ist Gold!
Schweigen ist Silber, Stöhnen ist Gold!
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Männer: Keine Pinkel-Scheu, dafür gehemmt bei Sex-Geräuschen

Ich hasse es, die Presswehen aus der Kabine neben mir mitzukriegen, ich möchte kein erleichtertes Japsen beim Plätschern hören und auch kein leises Brabbeln. Manche Menschen kommentieren ihre Verrichtungen, als würden sie jedes Rosettenzucken live twittern. Lasst das! Das will ich alles gar nicht wissen. Schleierhaft ist mir ja, wie Männer derartig intime Körperfunktionen öffentlich vollführen können. Habt ihr keine Pinkel-Scheu? Wird sie euch schon als kleine Jungs aberzogen?

Oder ist im Gegenteil die Scham uns Mädels anerzogen und das männliche Gruppenpieseln ganz natürlich? Nur weil wir Frauen in Restaurants und Clubs oft zu zweit auf die Toilette gehen, heißt das nicht, dass wir auch gemeinsam auf dem Topf sitzen. "Ach, dein Mittelstrahl strullert aber schön kraftvoll", hab ich jedenfalls noch nie einer Freundin gesagt oder von ihr gehört.

Männer scheinen ein viel spielerischeres Verhältnis zur eigenen Urin-Entsorgung zu haben. Da gibt es Aborte, wo Bildschirme mit lächelnden Modelgesichtern über den Urinalen hängen, kleine Fußballtore in den Becken, in die mann winzige Plastikbälle hineinschwemmen kann oder aufgemalte Fliegen, die man treffen soll. Und ich erinnere mich an die Uni-Party in einem Burschenschaftshaus, in dem es Fußmulden vor und gepolsterte Kopfstützen über der Pinkelrinne gab, so dass sich der geneigte Bursche im Bierrausch einfach vornüberlehnen und den Dingen ihren freien Lauf lassen konnte.

Und wo wir gerade beim Thema Burschenschaften sind, möchte ich an dieser Stelle öffentlich bekunden, dass ich Burschenschaftler völlig unabhängig ihres Aussehens für komplett und absolut unfickbar halte. Meine Muschi ist eine Anti-Burschenschafts-Zone – denn wenig anderes turnt mich dermaßen ab wie Männer, die mit Schaum vorm Mund gegen alles Gleichgeschlechtliche geifern.

Schweigen ist Silber, Stöhnen ist Gold

Ganz anders die Lustschreie netter, frohlockend vögelnder Menschen. Die höre ich ausgesprochen gern. Und ich besitze sogar zwei Kassetten (Liebe nach 1981 Geborene: Kassetten waren Plastikbehältnisse mit Tonbändern darin, die man in einem Rekorder abspielen könnte) mit Lustgestöhn. Diese habe ich, bevor die Hörbuch-Welle losbrach, in einem Sexshop auf der Reeperbahn erworben und zwar nicht käuflich. Ich entdeckte sie eingestaubt in einem Regal unter der Kasse und der Angestellte gab sie mir als Goodie zu einem Vibrator mit dazu und kommentierte das Ganze so: "Die hat noch nie einer haben wollen."

Wer nur laut genug stöhnt, bei dem erübrigt sich die Frage nach dem Wohlbefinden.
Wer nur laut genug stöhnt, bei dem erübrigt sich die Frage nach dem Wohlbefinden.
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Sie waren auch verbalerotisch nicht wirklich das Raffinierteste, das man sich vorstellen kann. Meistens hört man darauf nur Grunz- und Schmatzlaute und hin und wieder ein sächselndes "Uh jo, dos is guud", "ludsch ihn mio" oder "lös, stöck ühn reun, jojojo." Mittlerweile gibt es ja Erotik-Hörbücher ohne Ende und auch kunstvolles Gestöhn jeder Art (nur eine CD mit Katzenschnurren suche ich immer noch vergeblich und freue mich über hilfreiche Produkthinweise).

Viel lustiger als das Konsumieren ist aber sowieso, wie immer im Leben, es selbst zu tun. In diesem Fall also: Schweigen ist Silber, Stöhnen ist Gold. Und schrill schreien wäre die Platin-Edition.

Stöhnen beim Sex als Appetitmacher und Anheizer

Wenn die Lust sich in mir ausbreitet, schließe ich meist die Augen, ich kann mich dann besser aufs Fühlen konzentrieren und genießen, was mit mir veranstaltet wird. Und trotzdem möchte ich, dass es dabei eine direkte Verbindung zum anderen gibt. Ich höre, ob es ihm gut geht, ob es ihm gefällt, ob er mehr will, und ich höre mich, und auch das macht mich an.

Das Ohr als erogene Zone sitzt sehr nah am größten Lustorgan, das wir überhaupt haben, und das ist das Gehirn (nicht der Hintern, auch wenn das Fettsteiß-Fetischisten behaupten). Je mehr unterschiedliche Sinnesreize es geboten bekommt, desto schärfer wird die Show. Tasten, Schmecken und Riechen sind nicht alles, Hören gehört dazu.

Stöhnen kann die Lust auch erst hervorrufen und anheizen.

Erstaunlicherweise funktioniert das sogar umgekehrt: Das Stöhnen kann die Lust auch erst hervorrufen und anheizen. Das ist zum einen Teil reine Biochemie. Wenn man zunehmend heftiger stöhnt und immer schneller atmet, wird viel Sauerstoff ins Gehirn gepumpt, und das wirkt beim Orgasmus wie Grillanzünder beim Barbecue.

Der andere Teil ist Psychologie: Es enthemmt, zu hören, wie man sich gehen lässt, denn im Alltag kontrolliert man sich ständig, denkt darüber nach, was man wie sagt, oder überlegt, wie das gerade geklungen hat, aber beim Sex interessiert mich das nicht.

Seine Hände oder seine Zunge auf meinem Körper rufen direkt eine Reaktion hervor, ohne den Umweg über den Verstand zu nehmen – eine Autobahn für die Lust. Freie Fahrt ohne Geschwindigkeitsbegrenzung und Mautstation! Und ganz nebenbei feuert es auch den Partner an, denn der freut sich natürlich, wenn ich stöhne und schreie und gibt sich dann umso mehr Mühe. Niemand strengt sich gern an ohne ein Leckerchen zwischendurch.

Wenn die Nachbarn es beim Sex mal wieder lautstark übertreiben ...
Wenn die Nachbarn es beim Sex mal wieder lautstark übertreiben ...
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Vorsicht, Nachbar hört mit!

An dieser Stelle möchte ich meinen alten Nachbarn grüßen, der sich nie bei mir über die Geräuschkulisse beschwert, obwohl ich ja nachtaktiv bin und damit oft weit nach Mitternacht Spaß habe. Er hat bisher weder mit dem Besen gegen die Wand gewummert noch am nächsten Morgen im Treppenhaus anzüglich gezwinkert. Das weiß ich sehr zu schätzen, und deshalb revanchiere ich mich auch gern mit Toleranz und übersehe es, wenn er mir an seiner Wohnungstür seinen in den Sechzigerjahren gestählten (und das letzte Mal gewaschenen) Körper in ein rotes Feinrippunterhemd gewandet präsentiert. Untenrum lieben seine libertären Klöten es frei schwingend. Wenn ich bei ihm wegen eines technischen Problems klingele und er merkt, dass es länger dauern wird, wirft er sich netterweise einen weißen Frotteebademantel über und sieht dann aus wie ein schlecht gelaunter Eisbär, was auch vom Geruch her ungefähr hinkommt. Wir haben uns da also arrangiert.

Die meisten Nachbarn sind laut einer Statista-Umfrage sowieso ziemlich tolerant, was das Liebesleben ihrer Umwohnenden angeht: Nur elf Prozent der Befragten fühlen sich durch Sexgeräusche ihrer Nachbarn belästigt. Das Amtsgericht Rendsburg hat zwar geurteilt, dass Sex dann zu laut ist, wenn Nachbarn davon aufwachen, aber auch dafür gibt es ja Abhilfe, nämlich tagsüber zu vögeln.

Außerdem ist Lärm immer relativ. Die Heavy-Metal-Fans, die sich in Wacken laut brüllend und Bier trinkend im Schlamm wälzen, finden das, was sie da treiben, völlig normal. Und da ich nicht in einem Zelt auf dem Festivalgelände hause, sage ich gern: Soll’n se doch.

Unter mir allerdings wohnt ein Kind, das seit einigen Tagen ebenso hingebungsvoll wie talentfrei Blockflöte übt. "Oh my darling Clementine". Immer und immer wieder. Keine Frage, ein ekstatisch schreiendes Pärchen, auch jenseits des 85 Dezibel Richtwertes, wäre mir sehr viel lieber.

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