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Schluss mit Pornomythen

Was wir über Pornos wissen sollten

Beruflich Pornos schauen? Madita Oeming tut es seit Jahren. Und hat die Erkenntnisse ihrer Arbeit nun in ein Buch gepackt. "Porno. Eine unverschämte Analyse" steht für die befreiende Kraft von Pornos ein.

 

Ein Gastbeitrag von Madita Oeming

Warum schämen wir uns so?

Jeden Tag klicken Millionen von Menschen auf Seiten wie Pornhub und Co. Und trotzdem ist das vielen von uns irgendwie peinlich. Wieso? Erstens schauen wir Pornos meistens allein – anders als bei Kinofilmen oder Netflix-Serien, die wir häufiger mit anderen sehen, kommt es so nicht automatisch zu einem Austausch darüber. Gerade in monogamen Beziehungen wird die Pornonutzung teils auch bewusst verheimlicht: aus Angst, dass die Partnerperson es als Betrug und Verletzung empfinden könnte.

Dank des Internets können wir sie heute zudem vollkommen anonym konsumieren. So klicken wir vielleicht auf Inhalte, die wir uns nicht getraut hätten, persönlich aus der Videothek auszuleihen. Oft sind es die konkreten Genres oder Szenarien, für die wir uns vor anderen schämen. Denn unsere Pornofantasien sind meistens "extremer" als unsere gelebte Sexualität. Uns erregen Dinge im Porno, die wir in der Realität gar nicht erleben wollen würden oder die mit unseren Werten eigentlich nicht zusammenpassen. Das kann befremdlich sein. Viele Menschen beschreiben ein schlechtes Gewissen nach dem Masturbieren zu Pornos.

 
Warum macht mich DAS an? Bin ich normal? Diese Sorge treibt viele von uns um.
 
Schluss mit Pornomythen
Madita Oeming ist Kulturwissenschaftlerin mit dem spezialisierten Blick auf Pornografie. Im JOYclub ist sie als Coach Teil des Kurses "Der Porno-Guide". Besuche Maditas Webseite, wenn du mehr über sie und ihre Arbeit erfahren willst!
 
In ihrem 2023 erschienenen Buch findest du Maditas geballtes Pornowissen – für einen reflektierten, selbstbestimmten und lustvollen Umgang mit Pornos. Direkt zum Buch.

Kostenloser Online-Kurs: Der Porno-Guide
Schluss mit Pornomythen

Entdecke unseren neuen Online-Kurs Der Porno-Guide – Pornos schauen in acht Schritten mit Madita Oeming, Paulita Pappel, Mitu und Yma Louisa. Ein JOYclub-Original für alle, die anders auf erotische Filme schauen wollen und keine Lust mehr auf Porno-Mythen haben.

Der Online-Kurs ist auch für Basis-Mitglieder kostenlos.

Hilfe, gefährliche Pornos!

Hinzu kommt, dass die öffentliche Unterhaltung über Pornos den Eindruck vermittelt, dass diese uns gefährlich werden würden. Pornos, so heißt es in alarmistischen Schlagzeilen, zerstören Beziehungen, verzerren das Bild von Körpern und Sex, führen zu Erektionsstörungen, machen süchtig und lassen die Jugend sexuell verwahrlosen – wie sollten wir sie da mit gutem Gewissen genießen?

Ein Blick in die Forschung zeigt allerdings, dass die Datenlage viel ambivalenter, und insgesamt entspannter ist, als das in den Medien oft in die breite Öffentlichkeit getragen wird. Generell angenommene negative Wirkungsweisen können keinesfalls als empirisch belegt bezeichnet werden und hängen vor allem von dem jeweiligen Individuum ab. Potenzielle positive Effekte sind derweil gnadenlos unterforscht und im öffentlichen Diskurs so gut wie unsichtbar. Niemand redet darüber, dass Pornos auch als Inspirationsquelle dienen können, als Gesprächsanlass in Partnerschaften, als wichtiges Ventil, als identitätsstiftendes Medium nicht nur, aber besonders für queere Menschen, als sicherer Fantasiespielplatz für alle, die sich austoben und selbst besser kennenlernen wollen.

Deine Pornos fürs Date

Schreckgespenst Pornosucht

Im Gegensatz dazu ist die Gefahr eines krankhaften Pornokonsums in aller Munde. Ja, es gibt Menschen, die eine Pornonutzungsstörung entwickeln können, darunter enorm leiden und dringend die Hilfe bekommen sollten, die sie brauchen. Das trifft aber nur auf einen winzigen Teil der Pornonutzer:innen zu, während die große Mehrheit ein völlig gesundes Pornonutzungsverhalten an den Tag legt. Ihnen unnötig Angst davor zu machen, "süchtig" zu sein, hilft niemandem. Außer den Anti-Porno-Gruppen, die diese Angst nur zu gerne für ihre Zwecke instrumentalisieren.

Die gegenwärtigen Kultur des Stigmas rund um Pornonutzung macht es schwierig, Schamgefühle von echtem Leidensdruck zu unterscheiden. Tut mir mein Pornokonsum nicht gut oder tut es mir nur nicht gut, dafür bewertet zu werden? Wie oft oder wie viele Stunden du Pornos schaust, ist für eine Pornonutzungsstörung übrigens nicht entscheidend – sondern vielmehr der Kontrollverlust. Es gibt viele Fehl-Selbstdiagnosen, vor allem religiöse Männer neigen dazu. Dabei ist Pornosucht zu diesem Zeitpunkt gar keine anerkannte Diagnose und es wird in Fachkreisen kontrovers diskutiert, ob sie dies je sein sollte. Derweil boomt die NoFap-Bewegung, die völlig wissenschaftsfern ist und ein veraltetes Männlichkeitsbild propagiert.

Hinweis: Mit ICD 11 kann seit 01.01.2022 das einer Sucht zugrunde liegende Verhalten, die Störung der Impulskontrolle – in diesem Fall beim Pornokonsum – geschlüsselt werden. Damit wird für die betroffenen Personen auch eine Behandlung auf Kassenkosten möglich. Die Lektion 8 des Porno-Guides geht genauer auf ungesunden Pornokonsum ein.

Du guckst Pornos? ALS FRAU?

Geschlechterklischees sind in vielerlei Hinsicht schädlich beim Thema Porno. Die um Erektionen und Testosteron besorgten Männer auf der einen Seite, die als hoffnungslose Romantikerinnen fehlverstandenen Frauen auf der anderen.

 
Nein, Pornos sind nicht nur Männersache. Immer mehr Frauen schauen zu.
 

Auf Seiten wie Pornhub sollen sie einen Anteil von etwa 30 Prozent ausmachen, Tendenz steigend. Und nein, sie suchen dort nicht nur nach Liebe und Zärtlichkeit und tollen Storylines.

Stattdessen zeigen die Klickzahlen, was schon diverse Studien gezeigt haben: Frauen haben nicht grundlegend andere sexuelle Fantasien als Männer. Auf Pornhub scheinen sie sogar häufiger nach Inhalten wie Rough Sex, Threesome, Double Penetration, Gangbang, Bondage oder Hardcore zu suchen. Scheiß auf Kerzenschein und Rosenblätter, kann ich da nur sagen! Besonders beliebt sind unter hetero Frauen übrigens Schwulenpornos. Überrascht? Warum bewerten wir das so anders als die Tatsache, dass hetero Männer dermaßen auf Lesbenpornos stehen? Pornofantasien sind komplex.

Ästhetisch, praktisch, gut

Feministischer Porno

In den letzten Jahren ist der feministische Porno in der öffentlichen Unterhaltung sichtbarer geworden. Das ist toll! Weil viele Menschen noch immer denken, dass sich Feminismus und Porno gegenseitig ausschließen. Aber es hat auch viele Missverständnisse mit sich gebracht. Zum Beispiel wird es oft synonym mit Frauenpornos oder frauenfreundlichen Pornos verwendet.

 
Das ist Quatsch, denn feministische Pornos sind für alle da! Außerdem sind sie keine softe Abwandlung von vorgeblich männlichen Hardcore-Pornos.
 

Die Idee, dass ein Porno dann feministisch ist, wenn er liebevollen Vanilla-Sex zeigt, besonders künstlerisch daherkommt oder bestimmte sexuelle Praktiken ausspart, ist fehlgeleitet. Ebenso wie die Idee, dass jeder Mainstream-MILF-Anal-Porno automatisch anti-feministisch sei. Diese neue Zweiklassengesellschaft von Pornos ist kontraproduktiv. Außerdem verliert die aktuelle Unterhaltung aus dem Blick, was besonders wichtig ist: die Machart der Bilder. Faire Produktionsbedingungen machen einen Porno feministisch, nicht der Verzicht auf Cum Shots.

Und wer sich Gedanken um Ethik macht, sollte bei sich selbst anfangen und für Pornos bezahlen! Wir haben Konsummacht, die wir nutzen sollten, um transparente Produktionen zu unterstützen.

How to: Feministische Pornos

Wissen statt Scham!

Es wird höchste Zeit, dass wir aus dem zweihundertjährigen Panikdiskurs über Pornos herauskommen, mit Fehlannahmen aufräumen und miteinander in den Dialog gehen. Weder Angst noch Verbote bringen uns weiter, schützen weder Erwachsene noch Jugendliche. Stattdessen sollten wir alle Ressourcen in Bildung investieren. Ich bin der festen Überzeugung: Wir brauchen Wissen statt Scham. Darum habe ich dieses Buch geschrieben. In der Hoffnung, dass es auch dich ein Stück weit befreien kann.


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Buchvorstellung: "Porno. Eine unverschämte Analyse"

Was machen Pornos mit uns, vor allem aber: Was machen wir mit Pornos? Warum fürchten wir uns so vor ihnen, warum hassen wir sie vielleicht sogar, warum schämen wir uns dafür hinzuschauen, und warum bereiten sie uns dennoch so große Lust? Madita Oeming spricht mit uns über Pornos – endlich!

Schluss mit Pornomythen


Buchinformationen:
"Porno. Eine unverschämte Analyse"
Verlag: rowohlt
256 Seiten
Hardcover: 20 EUR
E-Book: 14,99 EUR
ISBN: 978-3499012334

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