Die Themen Verhütung und Safer Sex sind für einen Großteil der JOYclub-Mitglieder sehr wichtig, wie unsere Umfrage unter je 5.000 männlichen und weiblichen Nutzern im Mai 2019 ergeben hat. Dennoch finden sich in den Freitextantworten vereinzelt Aussagen, die wir so nicht unkommentiert stehen lassen möchten. Wir haben uns fünf von ihnen herausgepickt und einen Experten um sein Statement gebeten.
Hättest du's gewusst?
Antwort von Prof. Dr. Norbert Brockmeyer:
Obwohl ein kleinerer Teil der HIV-Infektionen und AIDS-Erkrankungen auf Frauen entfällt, sind Safer-Sex-Methoden gerade bei wechselnden Sexualpartnern sinnvoll. Der aktuelle Bericht des Robert-Koch-Instituts zeigt, dass es in den vergangenen Jahren einen leichten Anstieg bei den HIV-Infektionen über heterosexuelle Kontakte gab.
Abgesehen vom HIV-Risiko besteht in jeder Altersgruppe das Risiko, sich mit anderen sexuell übertragbaren Infektionen wie z.B. einer Chlamydien- und Gonokokken-Infektion anzustecken. Gerade weil ältere Personen sich im Hinblick auf dieses Thema oft sicher fühlen, nimmt in dieser Altersgruppe die Zahl der Infektionen zu.
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Antwort von Prof. Dr. Norbert Brockmeyer:
Die Gefahr, sich mit HIV anzustecken, ist beim Anal- und Vaginalverkehr am höchsten. Bisher sind nur wenige Fälle bekannt, in denen sich die infizierte Person nachweislich über Oralsex mit dem HI-Virus infiziert hat. Anders verhält es sich jedoch mit sexuell übertragbaren Infektionen (Abkürzung: STI) wie z.B. Chlamydien, Gonorrhoe, Syphilis etc.
Syphilis-Bakterien können über die Mundschleimhaut eindringen und auch Chlamydien oder Gonokokken können sich in die oralen Schleimhautzellen einnisten und dort über Oralsex ggf. an das Genital neuer Sexpartner weitergegeben werden. Aus diesem Grund ist es ratsam, bei STI-Checks immer Oral-, Anal- und Genitalbereich zu testen.
Wo kann ich mich auf HIV und STI checken lassen?
Der HIV-Selbsttests für Zuhause
STI-Checks für den Heimgebrauch
Was oft auch unterschätzt wird: HP-Viren (kurz HPV) sind Viren, von denen einige Subtypen Genitalwarzen, andere Krebs auslösen können (u.a. Gebärmutterhalskrebs, aber auch Mund-Rachen-Karzinome oder Penis-/Analkarzinome). Die Übertragung der Viren erfolgt über kleinste Hautschüppchen.
Die Viren dringen über Mikroverletzungen der (Schleim-)Haut in den Körper ein und können sich dann in den Zellen einer bestimmten Hautschicht (Basalzellschicht) einnisten. Sie gehören zu den häufigsten sexuell übertragbaren Infektionen, von denen viele vollkommen unbemerkt verlaufen und in ca. 80 Prozent der Fälle innerhalb von ein bis zwei Jahren von selbst ausheilen.
Eine HPV-Impfung ist der beste Schutz, auch noch mit 25 oder 30 Jahren. Am besten ist es, sich bis zum 14. Lebensjahr impfen zu lassen. Internationale Leitlinien befürworten eine HPV-Impfung bis zum 40. Lebensjahr. Nach Vollendung des 18. Lebensjahrs sollte jedoch vor Durchführung der Impfung geklärt werden, ob die Kosten für die Impfung übernommen werden.
Antwort von Prof. Dr. Norbert Brockmeyer:
Insbesondere im HIV-Bereich gibt es heutzutage mehr Möglichkeiten als nur Kondome, sich vor einer Ansteckung zu schützen. Zum einen kann die erfolgreiche medikamentöse Therapie von HIV-positiven Personen dafür sorgen, dass diese das Virus nicht mehr weitergeben können. Zum anderen besteht mittlerweile die Möglichkeit, eine vorbeugende, medikamentöse Therapie zu beginnen, die vor einer Ansteckung mit dem HI-Virus schützt.
Da diese Methode vor einer möglichen Ansteckung greift, nennt man sie Prä-Expositionsprophylaxe, kurz PrEP. Bei häufigem ungeschütztem Verkehr mit wechselnden Partnern kann eine HIV-Infektion so recht zuverlässig vermieden werden. Behandelnde Ärzte und Beratungsstellen, wie zum Beispiel Aidshilfen, können dich hierzu kompetent beraten.
Wer aber trotz des Risikos, sich mit anderen sexuell übertragbaren Krankheiten zu infizieren, nicht auf das Kondom zurückgreifen möchte, sollte sich regelmäßig auf STI testen lassen, auch wenn keine merklichen Symptome vorliegen. Alle STI, wie z.B. Chlamydien oder Gonorrhoe, können asymptomatisch. Dass heißt, dass sie ohne körperliche Veränderungen verlaufen – und das in bis zu 80 Prozent der Fälle.
Durch regelmäßige STI-Checks können eventuell vorliegende Infektionen jedoch frühzeitig erkannt und behandelt werden. Dadurch wird man die Erreger schnell wieder los und vermeidet es, andere Menschen anzustecken. Sollte eine Infektion vorliegen, ist es wichtig, die aktuellen Sexualpartner darüber zu informieren, um so Kettenansteckungen oder Re-Infektionen beim Geschlechtsverkehr zu vermeiden.
Antwort von Prof. Dr. Norbert Brockmeyer:
Zunächst einmal sollte man zwischen einer Ansteckung mit HIV (Humanes Immundefizienz-Virus) und AIDS (akquiriertes Immun-Defizienz-Syndrom) unterscheiden. Eine Ansteckung mit dem HI-Virus bedeutet dank guter medizinischer Diagnostik und weit fortgeschrittener, medikamentöser Therapie in Deutschland, dass die betroffene Person in der Regel eine normale Lebenserwartung hat.
Die Unterscheidung ist insbesondere auch deshalb wichtig, weil HIV-positive Personen bei regelmäßiger Einnahme ihrer Medikamente nach kurzer Zeit nicht mehr ansteckend sind, folglich das Virus nicht mehr weitergeben können. Man spricht in diesen Fällen auch davon, dass das Virus nicht nachweisbar ist. Aus diesem Grund ist es entscheidend, HIV-Infektionen am besten direkt nach der Infektion zu diagnostizieren und mit der Behandlung zu beginnen.
Das Robert-Koch-Institut schätzt, dass Ende 2017 ca. 86.000 Menschen mit HIV und AIDS in Deutschland lebten. Das ist eine vergleichsweise geringe Quote von 0,01 Prozent. Obwohl ein Großteil der Infektionen auf Männer, die Sex mit Männern haben, entfällt, spielen auch heterosexuelle Kontakte sowie intravenöser Drogengebrauch eine Rolle bei den Infektionswegen.
Die Zahl der HIV-Neuinfektionen ist im Jahr 2017 gesunken, zuvor war sie einige Jahre lang stabil. Das Robert-Koch-Institut meldet darüber hinaus, dass in Deutschland 87 Prozent aller HIV-Infektionen bekannt sind. Davon nehmen 92 Prozent der betroffenen Personen HIV-Medikamente und bei 95 Prozent dieser Personen ist das Virus wiederum nicht nachweisbar. Sie können das Virus also nicht weitergeben. Darüber hinaus wird geschätzt, dass ca. 30 Prozent der Neudiagnosen bei Menschen erfolgt, die sich bereits im fortgeschrittenen Stadium der Infektion befinden. Die Zahlen für 2018 werden voraussichtlich im Herbst 2019 veröffentlicht.
Antwort von Prof. Dr. Norbert Brockmeyer:
Angst ist beim Sex kein guter Begleiter und Spaß sollte im Vordergrund stehen. Safer-Sex-Methoden und regelmäßige Tests auf HIV und andere STI können das Risiko senken und Sicherheit über den aktuellen Gesundheitsstatus geben. Eine offene Kommunikation mit der Partnerin oder dem Partner kann darüber hinaus helfen, Befürchtungen anzusprechen und zusammen Wege zu finden, die gemeinsame Zeit möglichst sinnlich und frei von nagenden Gedanken an mögliche Risiken zu gestalten.
Unser Experte
Prof. Dr. Norbert H. Brockmeyer ist Direktor für Forschung und Lehre an der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Ruhr-Universität Bochum und Abteilungsleiter der Interdisziplinären Immunologischen Ambulanz, Zentrum für Sexuelle Gesundheit und Medizin, WIR – Walk In Ruhr. Er ist Experte für HIV, Hepatitis und andere STI sowie assoziierte Tumorerkrankungen.
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