"Sie fühlte sich erniedrigt und benutzt. Eigentümlicherweise erregte sie das Gefühl." In Kirsten Steiners neuem Buch "Der Chef in meinem Bett" kippt ein Arbeitsverhältnis allmählich in eine Dom-Sub-Beziehung. Ein Gespräch mit der Autorin der Reihe "Aus meinem Swinger-Tagebuch" und ihrem Mann – über Erotik am Arbeitsplatz, intensive Swingererfahrungen und Monogamie.
Interview von Alex Todorov
Sollte man Monogamie nicht neu definieren?
Seit 15 Jahren ein Paar, seit 13 Jahren Swinger, seit elf Jahren verheiratet – Kirsten und Steffen Steiner scheinen Ehe, Liebesleben und Schreiben recht bequem unter einen Hut zu bekommen. Die Aufgabenverteilung zwischen den beiden ist klar: Sie schreibt die Geschichten und beantwortet Lesermails, er ist Kritiker, Lektor und Manager.
In mittlerweile elf Romanen aus der Tagebuch-Reihe erzählt Kirsten Steiner von Erlebnissen und Grenzerfahrungen beim Swingen. Die Werke basieren auf ihren eigenen Swinger-Tagebüchern. Dazwischen erschien der gemeinsam mit ihrem Mann verfasste Swinger-Guide "Monogamie für Fortgeschrittene".
Und nun das neue Buch "Der Chef in meinem Bett". Darin gerät eine Journalistin in eine BDSM-Beziehung zu ihrem Chef, die ihr bald über den Kopf wächst.
Interview: "Wir lassen lediglich andere Menschen an unserem Sex teilhaben."
JOYclub: Wie ist die Idee zum aktuellen Buch "Der Chef in meinem Bett" entstanden?
Kirsten Steiner: Ich war auf einer Dienstreise am Abend in einer Hotelsauna und habe einen attraktiven Mann beobachtet. Mit dem hatte ich zwar keinen Sex, aber ich hatte die Fantasie. Und daraus ist in meinem Kopfkino der Einstieg in den Roman entstanden. Die eigentliche Geschichte hat sich dann mehr oder weniger beim Schreiben entwickelt.
JOYclub: Ist der Arbeitsplatz ein guter Ort für Erotik, Sinnlichkeit und Sex?
Kirsten Steiner: Mit Sicherheit nicht. Sex mit Kollegen birgt Risiken und Nebenwirkungen – vor allem, wenn so etwas wieder auseinandergeht. Bei Betriebsfeiern oder ähnlichen Gelegenheiten läuft natürlich so manches. Aber dann bleibt die Frage, wie man damit umgeht, wenn man sich am Montag im Büro begegnet. Geflirtet habe ich mit Kollegen natürlich auch schon. Aber ich bin noch nie in Versuchung gekommen, da mehr zuzulassen. Als aktive Swingerin muss ich nicht fremdgehen, um Abwechslung zu haben. Da gibt es andere Möglichkeiten.
JOYclub: Im Zuge von #metoo sind Beziehungen zwischen Männern in Machtpositionen und Frauen als deren Angestellte nochmal neu in den Fokus gerückt. Spiegelt sich diese Entwicklung auch in "Der Chef in meinem Bett" wider?
Kirsten Steiner: Eigentlich hatte ich diese Diskussion beim Schreiben gar nicht im Hinterkopf. Es ist zwar so, dass der Chef meiner Protagonistin Larissa seine Machtposition am Arbeitsplatz gezielt ausnutzt und auch immer mehr zum Chef in ihrem Bett wird. Aber vieles macht Larissa auch freiwillig mit. Sie ist ja selbst eine Nymphomanin. Allerdings bringt ihr Chef sie an ihre Grenzen – und darüber hinaus.
JOYclub: Wie viel in deinen Romanen ist Fakt, wie viel Fiktion?
Kirsten Steiner: Alle Geschichten, vor allem die meiner Swinger-Tagebuch-Serie, basieren auf einem realen Erlebnis. Aber natürlich sind alle auch verfremdet – manche mehr, manche weniger. Was ich immer verändere, sind die Namen, manchmal auch Orte.
JOYclub: Ihr swingt mittlerweile schon seit 13 Jahren. Welche Regeln habt ihr euch gesetzt?
Kirsten Steiner: Keine Heimlichkeiten. Alles, was wir machen, machen wir gemeinsam oder zumindest mit ausdrücklicher Zustimmung des Partners. Würde einer von uns etwas ohne Wissen des anderen machen, dann wäre das nach unserer Auffassung kein Swingen mehr, sondern Fremdgehen. Und Fremdgehen ist Sprengstoff für eine Beziehung.
Steffen Steiner: Eine andere wichtige Regel ist natürlich Safer Sex.
JOYclub: Was ist euer "Beuteschema" beim Swingen? Worauf achtet ihr bei der Paarwahl, was reizt euch?
Kirsten Steiner: Ich finde es wichtig, dass ein Mann charmant zu mir ist – und mir das Gefühl vermittelt, dass er Sex mit MIR will und nicht einfach nur mal irgendeine andere Frau als seine eigene. Auch wenn ich natürlich weiß, dass genau das eine Illusion ist. Aber die Illusion mag ich. Deshalb machen wir als erstes Date ganz gern ein neutrales Treffen im Bistro aus. Da kann man die Menschen besser kennenlernen, als wenn man gleich übereinander herfällt. Und einfach mal nur ein bisschen flirten.
JOYclub: Wie hat sich eure Art des Swingens über die Jahre verändert? Hat sie neue Formen angenommen?
Kirsten Steiner: Nach den ersten soften Erlebnissen hat sich dann irgendwann auch mal ein ernsthafter Partnertausch ergeben. Mit dem richtigen Paar machen wir das seither ganz gern.
Steffen Steiner: Dabei hat Kirsten auch ihre Bi-Neigung entdeckt. Außerdem haben sich unsere Aktivitäten etwas verlagert: Zu Anfang waren wir mehr in Clubs unterwegs, heute ziehen wir private Treffen vor. Wäre da nicht die aktuelle Krise.
JOYclub: Apropos Krise: Wie geht ihr damit um, momentan nicht swingen oder euch privat mit anderen treffen zu können?
Steffen Steiner: Das ist schon schade, dass wir derzeit niemanden treffen können – schon gar nicht für ernsthaften Hautkontakt.
Kirsten Steiner: Es ist auch deshalb besonders schade, weil wir kurz vor Verhängung der Kontaktsperren ein neues Paar bei einem neutralen Bistro-Date kennengelernt hatten. Und diese beiden sympathischen Menschen hätten wir gerne für ein zweites, dann auch gern erotisches Treffen zu uns eingeladen. Wir treffen uns aber hin und wieder im Joyclub-Chat und denken, dass wir uns trotz Corona nicht verloren gehen werden.
JOYclub: Glaubt man den Büchern, so habt ihr über das Swingen eine Menge über euch gelernt. Etwa über Treue, Begierde oder polyamores Empfinden. Ist Swingen – als gelegentliche Grenzerfahrung – eine Lebensschule?
Kirsten Steiner: Mit Sicherheit. Für viele Menschen ist doch die Vorstellung geradezu absurd, dem eigenen Partner beim Sex mit einem Fremden zuzusehen. Ich konnte mir das vor unserem ersten Clubbesuch auch nicht so recht vorstellen. Das ist heute ganz anders. Wir empfinden es beide als sehr erregend, wenn wir uns beim Partnertausch gegenseitig zusehen. Wir haben da ganz einfach unsere Grenzen erweitert. Und manchmal auch Grenzen überschritten, die wir uns eigentlich gesetzt hatten.
Steffen Steiner: Aber immer gemeinsam. Und das ist für eine Paarbeziehung entscheidend.
Kirsten Steiner: Genau! Wenn nur einer Grenzen überschreitet, dann kann das eine böse Dynamik in die Beziehung bringen.
JOYclub: Was hättet ihr ohne Swingen nie zu zweit im Bett versucht?
Steffen Steiner: Och, wir hatten auch vor dem Swingen schon viel Spaß im Bett.
Kirsten Steiner: Mir fällt da eigentlich nur der Analsex ein. Das war für uns zwei nie ein Thema. Bis mich mal ein anderer Mann dazu verführt hat. Danach wollte Steffen das auch mit mir.
JOYclub: Sucht ihr auch im Urlaub das Swinger-Abenteuer?
Steffen Steiner: Ja. Man hat jede Menge Zeit, alle sind entspannt und gut drauf. Wenn wir einen Urlaub planen, dann schauen wir durchaus in den entsprechenden JOYclub-Gruppen, ob interessante Paare gleichzeitig an unserem Urlaubsort sind.
Kirsten Steiner: Oder interessante Männer. Steffen hat mich mal auf Mallorca damit überrascht, dass er Kontakt zu einem dort lebenden Mann aufgenommen hatte – um mir zum zehnten Jahrestag unserer Beziehung einen Dreier zu schenken. Das war sehr schön, er hatte bei seiner Überraschung ein glückliches Händchen.
Steffen Steiner: Das Erlebnis hat Kirsten direkt nach unserer Rückkehr literarisch verarbeitet. So entstand das Buch "Mallorquinischer Seitensprung".
JOYclub: Gab es Situationen außerhalb einschlägiger Locations, in denen es ganz unverhofft zu mehr gekommen ist? Wie sahen die aus?
Kirsten Steiner: Wir hatten im Urlaub ein Erlebnis mit einem anderen Paar, von dem wir gar nicht gedacht hätten, dass die beiden Swinger sein könnten. Und ich glaube, da wäre auch nichts passiert, wenn die beiden nicht am Hotelpool irgendwann ihre Handtücher mit dem JOYclub-Logo ausgepackt hätten.
JOYclub: Wann gibt es Eifersucht zwischen euch? Haben Swinger-Begegnungen schon einmal eure Beziehung auf die Probe gestellt?
Kirsten Steiner: Glücklicherweise neigen wir beide nicht zu Eifersucht. Als Steffen mal einen gemeinsamen Orgasmus mit einer anderen Frau hatte, hat mir das schon einen kleinen Stich versetzt. Vermutlich deshalb, weil wir zwei das extrem selten miteinander erleben. Aber letztlich sind wir uns durch das Swingen eher noch näher gekommen.
JOYclub: Kann Swingen eine Antwort auf Sex- und Beziehungskrisen sein?
Steffen Steiner: Auf Sexkrisen durchaus. Swingen kann frischen Wind in eine langjährige Beziehung bringen. Auch wenn ich mein Lieblingsessen noch so gern mag: Irgendwann habe ich mal Lust auf etwas anderes. Bei ernsthaften Beziehungskrisen, deren Ursachen über mangelnden oder abwechslungsarmen Sex hinausgehen, wäre ich vorsichtiger.
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JOYclub: Was war das außergewöhnlichste Sex-Erlebnis als Swinger, was das schlimmste Vorkommnis?
Steffen Steiner: Außergewöhnlich war sicherlich ein Spiele-Wochenende, das wir mal gemeinsam mit drei anderen Paaren erlebt haben: Acht Menschen an einem verlängerten Wochenende in einem Ferienhaus – und eine Atmosphäre, die erotisch unglaublich aufgeladen war.
Kirsten Steiner: Wirklich schlimm war eine private Sexparty, die sich zu unserer Überraschung als AO-Party herausstellte. Das war vor allem deshalb schlimm, weil die Freunde, die uns zu dieser Party mitgenommen hatten, das sehr wohl vorher wussten, aber nichts gesagt haben. Das haben wir als bösen Vertrauensbruch empfunden.
JOYclub: In den Büchern ist beiläufig auch immer wieder vom JOYclub die Rede. Wie lange seid ihr schon dabei? Wie aktiv seid ihr hier unterwegs?
Steffen Steiner: So ungefähr dreizehn Jahre sind das jetzt. Aber wir sind sehr unregelmäßig aktiv. Manchmal schauen wir wochenlang nur gelegentlich rein – ganz einfach deshalb, weil der Job oder andere Termine in diesen Zeiten ohnehin keine Verabredungen zulassen würden. Aber wenn wir neue Kontakte knüpfen wollen, dann gehen wir auch aktiv auf Suche und schreiben Paare an.
JOYclub: Lasst uns mit einem Ausblick enden: Hat traditionelle Monogamie, in der man nur einen Sexualpartner während der Beziehung hat, Zukunft?
Kirsten Steiner: Ich glaube, dass Monogamie, wie sie im Allgemeinen verstanden wird, nicht in unseren Genen angelegt ist. Ansonsten würden nicht derart viele Menschen fremdgehen. Die Frage ist vielleicht eher, ob man Monogamie nicht neu definieren sollte. Es mag vielleicht merkwürdig klingen, aber Steffen und ich betrachten uns durchaus als monogam – nämlich in der Art, wie wir zwei Monogamie für uns definiert haben. Wir leben unsere Sexualität immer gemeinsam aus. Auch wenn Steffen mit einer anderen Frau schläft, betrachte ich das als unseren Sex. Denn er tut das mit meiner ausdrücklichen Erlaubnis. Andere Partner sind somit kein Ausbruch aus der Beziehung. Wir lassen lediglich andere Menschen an unserem Sex teilhaben.
JOYclub: Danke für Eure Zeit!
Wie seid ihr zum Swingen gekommen? Tauscht euch aus und diskutiert im Forum !
Buchinformationen:
"Der Chef in meinem Bett"
Kirsten Steiner
März 2020
Verlag: Books on Demand
528 Seiten
Softcover 15,99 EUR
E-Book 5,99 Euro
ISBN: 978-3750411067
Wir wollten wissen:
Wie heißt das Buch von Kirsten Steiner, das von einem Erlebnis auf einer Baleareninsel inspiriert ist?
Die richtige Antwort: Mallorquinische Seitensprünge
Die Gewinner:
lonelymom
Intense_2019
steka130
deepwater_9290
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Kirsten Steiner freut sich über eine Mail unter:
Kirsten.Steiner84@web.de
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