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"Früher war alles anders"

Wenn Swinger Eltern werden

"Früher war alles anders." Dieser Spruch wird gerne zitiert, wenn es darum geht, die Schönheit vergangener Tage zu unterstreichen. Bei mir beschreibt er die Zeit, in der meine Freundin und ich noch leidenschaftliche Swinger waren und noch nicht Eltern. Lange fragten wir uns: Wie lassen sich Swinger- und Familienleben vereinbaren?

 

Gastautor: Mark Wallert | Berichtet im Magazin auch von seiner Lust auf fremde Haut

Unsere Abenteuer waren vielfältig, wild und aufregend

Als wir zusammenkamen, brachte ich meiner Freundin die bunte Welt des Swingens näher. Sie wusste nichts von Polygamie, Swingerclubs, Pärchenkinos und Co. Ihre einzige Berührung mit dieser Materie war eine lausige TV-Dokumentation über einen Swingerclub.

Ich hatte meine letzten beiden Beziehungen bereits offen gestaltet und kenne den JOYclub seit seinen Anfängen, entsprechend vielfältig war mein Erlebnisschatz. Auf ihren Wunsch hin zeigte ich Sandra binnen weniger Wochen ein buntes Ensemble swingertechnischer Möglichkeiten: einen flotten Dreier und Vierer mit anderen Männern, Swingerclubs, Erotik-Partys, Partnertausch, Herrenüberschuss-Veranstaltungen, Bi-Sex und mehr. Sandra hatte seinerzeit sogar Einzeldates, weil mich das Leben als Cuckold ebenfalls reizte.

Sandra hatte schon immer Freude am Sex, lebte sie bislang aber nur innerhalb ihrer Beziehungen aus. Nun wirbelten wir gemeinsam durch die Swingerlandschaft, von Date zu Party und zurück. Plötzlich fühlte sich Sandra frei und unabhängig. Von den neu gewonnenen Optionen machte sie ordentlich Gebrauch. Mit dieser Frau an meiner Seite betrat selbst ich nochmal ganz neue und unbekannte Sphären.

Der Nachwuchs stellte unser ganzes Leben auf den Kopf

Doch wie jedes andere Paar auch hatten wir natürlich Ziele und Wünsche in unserem Leben abseits der Erotik. Wir kamen beide aus großen Familien, waren mit Geschwistern aufgewachsen und hatten bereits Neffen und Nichten. Für uns war immer klar, dass wir eines Tages auch Mama und Papa werden wollten. Endlich waren der richtige Zeitpunkt und der richtige Partner dafür gefunden.

Nur wenige Wochen nach dem Entschluss hielt Sandra einen positiven Schwangerschaftstest in der Hand. In diesem Moment änderte sich unser Leben als Swingerpaar um 160 Grad – die weiteren 20 Grad bis zur vollständigen Kehrtwende folgten wenige Wochen nach der Geburt.

Unser Kind stellte unser komplettes Leben auf den Kopf. Sex war plötzlich nicht mehr wichtig.
Unser Kind stellte unser komplettes Leben auf den Kopf. Sex war plötzlich nicht mehr wichtig.
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Sandra war die Schwangerschaft heilig, sie ordnete ihr alles unter. Sie ernährte sich fortan zu 100 Prozent gesund, ließ Solarium- und Friseurbesuche sein und stellte ihre eigenen Swinger-Aktivitäten auf null. Sie hatte in unserer bisherigen Beziehung stets Vollgas gegeben, doch als werdende Mutter trat sie mit einem Mal auf die Bremse.

Für uns war schnell klar, dass die Schwangerschaft mit dem Leben als Swingerpärchen nicht vereinbar war.

Gemeinsam genossen wir einfach die Zweieinhalbsamkeit.

Diese unbeschreibliche Phase, in der menschliches Leben im eigenen Bauch heranwächst, in der man miterleben kann, wie sich das eigene Kind im Mutterleib entwickelt, war für uns etwas ganz Besonderes und entschädigte für jedes verlorene Swinger-Erlebnis.

Schließlich die Geburt: Das kleine Wesen war auf der Welt und brauchte unsere ungeteilte Aufmerksamkeit. Eltern wissen, wovon ich rede: unruhige Nächte, neue Herausforderungen, Hormonumstellung. Unser Elterndasein entpuppte sich als Mammutaufgabe. Interessen verschoben sich, alte Freundschaften gingen, neue kamen hinzu.
Früher war alles anders.

Unser gesamtes Leben drehte sich von nun an um unser Kind

In der ersten Zeit war kaum an Sex miteinander zu denken. Geschweige denn daran, Außenstehende mit einzubeziehen. Der JOYclub war nicht länger die Startseite auf dem Laptop. Fremdgesteuert, kraft- und rhythmuslos bewegten wir uns durch den Alltag.

Sandra ging in ihrer Rolle als Mama vollends auf. Kein Gedanke an Swingerdates. Sie fehlten ihr auch nicht. Sie hatte heiße Erotikgeschichten, die sie früher gerne las, gegen das Magazin "Eltern" eingetauscht, Pornofilmchen gegen Trickfilme, Dessous durch Shirts mit Babybreiflecken.

Etwas anders stellte sich die Situation bei mir dar. Ich hatte während der Schwangerschaft keine Probleme damit, enthaltsam zu leben. Doch nach der Geburt unseres Kindes hätte ich gerne peu à peu wieder zu unserem alten Leben zurückgefunden.

Mir fehlten zunehmend die Abwechslung und der besondere Kick des Swingerlebens.

Ich musste erst lernen, mit der neuen Situation umzugehen. Ich hatte in dieser Phase noch zwei Dates ohne Sandra – beide blieben deutlich hinter den Erwartungen zurück und machten mir klar, dass ein neues Zeitalter angebrochen war.

Gemeinsam fielen wir abends erschöpft ins Bett, anstatt miteinander zu kuscheln

Im neuen Zeitalter mussten Sandra und ich uns erstmal neu finden, als Familienmenschen und auch als Partner. Als Familie erlebten wir diese Zeit äußerst intensiv. Unsere Tochter wuchs heran, sie lernte schnell und viel. Der Lockdown in der Corona-Krise half uns dabei, diese Zeit gemeinsam als Team gestalten zu können.

Als Liebespartner gab es jedoch eine Menge aufzuholen. Sexuell starteten wir im Grunde bei null. Müdigkeit und Lustlosigkeit machten uns zu schaffen. Der seltene Sex lief äußerst pragmatisch ab. Keine Spur von Kreativität oder Esprit. Keine Dessous, keine Fantasie, keine Stellungswechsel. Es ging allein um die Befriedigung natürlicher Bedürfnisse.

Es dauerte rund sieben Monate, bis wir als Familie zu einem erträglichen Tages- und Nachtrhythmus fanden. Endlich konnten Sandra und ich uns nach Zubettbringen unserer Tochter langsam wieder einander annähern, kuscheln, ohne durch Babyschreie gestört zu werden.

Wir nutzten die ersten freien Momente, um uns wieder als Paar zu finden. Ganz ohne Druck, Schritt für Schritt.
Wir nutzten die ersten freien Momente, um uns wieder als Paar zu finden. Ganz ohne Druck, Schritt für Schritt.
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Endlich entstand wieder etwas, das den Namen Sex verdiente, qualitativ und quantitativ.

Uns war es von Anfang an wichtig, uns als Paar trotz Kind nicht aus den Augen zu verlieren. Zu viele Freunde und Bekannte hatten wir erlebt, die sich nach der Geburt ihres Kindes mehr und mehr voneinander distanzierten, im wahrsten Sinne des Wortes entfremdeten.

Dann kam der Tag, an dem das Swingen zurück in unser Leben trat

Schon früh gewöhnten wir unsere Tochter an Familienangehörige, so dass wir sie mit rund acht Monaten für einige Stunden vorzugsweise bei den Großeltern lassen konnten. Wir nutzten die Zeit, um Eis essen zu gehen, mal einen Film in voller Länge zu sehen oder einfach nur, um in aller Ruhe einzukaufen. Die Zeit war wichtig. Wichtig für unsere Beziehung. Wichtig für uns als Paar.

Diese neue Freiheit tat uns gut. Sie gab uns neue Optionen. Neue Handlungsmöglichkeiten. Und ganz automatisch kam irgendwann der Tag, an dem Sandra und ich unsere Köpfe wieder frei hatten. Der Tag, an dem wir die Müdigkeit überwanden. Der Tag, an dem wir den Druck und den Stress als Eltern in den Griff bekamen. Der Tag, an dem wir nicht mehr nur Mama und Papa sein wollten. Der Tag, an dem wir wieder Lust auf fremde Haut verspürten.

Irgendwann kam der Tag, an dem wir die Lustlosigkeit überwanden.
Irgendwann kam der Tag, an dem wir die Lustlosigkeit überwanden.
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Das Erlebnis selbst, ein Dreier mit einem jungen Mann, war nicht der Rede wert. Es fand (natürlich) am Nachmittag statt. Es war (natürlich) alles recht ungewohnt. Für uns ging es darum, uns wieder wie früher zu fühlen und unser Pre-Elternsein wieder aufleben zu lassen.

Seither schauen wir wieder täglich im JOYclub vorbei und kommunizieren mit anderen Mitgliedern. Wir sind als Eltern immer auf Abruf und somit nach wie vor unflexibel und gebunden. Doch mit einer kleinen Portion Verständnis und Flexibilität von unserem Gegenüber sind wir wieder in der Lage, Dates zu erleben. Es ist fast wie früher.

Unsere Zeit als Swinger wird wiederkommen. Bis dahin wird unsere Tochter aber schneller groß, als wir es uns wünschen. Sie wird älter und erwachsen. Und irgendwann wird sie unser Haus verlassen und wir werden schmerzhaft feststellen, dass früher alles anders war.

Buchtipp: Leidenschaft, die Leiden schafft

"Früher war alles anders"

Unser Gastautor Mark Wallert hat insgesamt sieben Bücher unter dem Titel "Leidenschaft, die Leiden schafft – mein Leben als Swinger, Wifesharer und Cuckold" geschrieben.


In der Buchreihe berichtet er über seine Erlebnisse in über zwanzig Jahren als Swinger, Wifesharer und Cuckold. Zusätzlich bietet die Reihe Hintergrundinformationen zu diesen Themen sowie Ratschläge für interessierte Neulinge.


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